Bei der Ernährung geht es heutzutage um mehr als die blosse Energiezufuhr des Körpers. Im Kampf gegen die Klimaerwärmung etwa ist sie zu einem persönlichen Politikum avanciert, und viele Studien in den letzten Jahrzehnten belegen allerlei Zusammenhänge und Auswirkungen zur Thematik des Essens.
So zahlreich und zugänglich solche Informationen sind, so vielschichtig und komplex ist das Thema. Dies führt nicht nur zu Überforderung, sondern in über einem Drittel der Fälle in der Schweiz auch zu Übergewicht. Elf Prozent davon sind fettleibig, auch adipös genannt. Professionell behandelt wird von diesen lediglich ein Bruchteil.
Gewichtsverlust durch Fotos
Eine neue Gesundheits-App will das ändern. Und zwar mit abfotografiertem Essen. Zu mühsam ist das Eintippen der gegessenen Speisen in Listen. Mit der Schweizer App Oviva wird es möglich, das Essen unkompliziert zu fotografieren und die Essgewohnheiten mit einem Ernährungsberater zu besprechen. Eine digitale Eins-zu-eins Betreuung. «Verhaltensänderungen müssen langfristig behandelt werden», erklärt CEO und Mitgründer Kai Eberhardt (40) die Idee hinter der digitalen Ernährungsberatung. «Die digitale Beratung ermöglicht eine einfachere Integration der Expertentipps in den Alltag», sagt Eberhardt. Damit will man die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Patienten an der Therapie festhalten und nicht zu schnell aufgeben.
Diese digitale Ernährungsberatung überzeugte das Inselspital Bern. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt wird nun ein Algorithmus entwickelt, der den Ernährungsberater unterstützt. So soll die App Essensbilder evaluieren und die einzelnen Zutaten des Gerichts im gesamten Ernährungsplan des individuellen Patienten einordnen können. Lia Bally (33) ist Endokrinologin und Leitende Ärztin für Ernährungsmedizin, Adipositas und Metabolismus am Inselspital Bern und leitet das gemeinsame Forschungsprojekt wissenschaftlich. Sie erklärt die Vorteile eines solchen Algorithmus: «Solche zukünftige Lösungen mit automatisierten Ratschlägen befähigen und unterstützen betroffene Personen, selbständig persönliche Therapieziele zu erreichen.»
Keine einfache Krankheit
Betroffene kämpfen nicht nur mit ihrem Gewicht, sondern auch mit der Scham, die mit der Stigmatisierung dieser Krankheit einhergeht. Denn übergewichtige und adipöse Personen werden oft selbst für ihre Situation verantwortlich gemacht. «Das Tückische dieser chronischen Stoffwechselkrankheit ist ihre Komplexität, die oft unterschätzt wird», widerlegt Lia Bally diese weit verbreitete Annahme.
Bei einer Erkrankung spielen sowohl soziale, psychische, hormonelle, genetische als auch umweltbezogene Faktoren eine Rolle. Dies sei mitunter auch einer der Gründe, weshalb bisherige Therapieansätze nicht immer zufriedenstellend gewesen seien. Deshalb soll die App künftig auch als Plattform dienen, um den Patienten und die an der Behandlung beteiligten Ärzte aus den verschiedenen Fachbereichen digital zu vernetzen und eine auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Therapie zu erleichtern.
Abnehmen ist zu einem grossen Teil Kopfsache. Der Arzt und Ernährungswissenschaftler David Fäh (47) weiss, was es braucht, damit es klappt.
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