Vollkornprodukte wie Brot und Pasta auf dem Tisch
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So schädlich sind Lektine
Gluten sind nicht das einzige Pflanzengift

Muss man jetzt auch noch auf Linsen, Soja, Tomaten, Auberginen und Kartoffeln verzichten? Bei chronischen Darm-Problemen ist das in der Tat keine schlechte Idee.
Publiziert: 08.02.2022 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 08.02.2022 um 12:13 Uhr
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In Tomaten ist der Gehalt an Lektinen sehr viel geringer als man denkt.
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Werner Vontobel

Besucher vom Mars wundern sich immer über diese komischen Papierrollen auf den Toiletten der Erdlinge? Offenbar leiden diese unter chronischen Darmbeschwerden. Das muss nicht sein. Wenn man die Diät-Tipps des Herzchirurgen und Transplantationsforschers Steven R. Gundry befolgt, könne man auf Toiletten-Papier verzichten. Doch dies ist nur ein kleiner Nebeneffekt seiner «Pflanzen-Paradox-Diät». Viel wichtiger, ist dass man damit auch Darmbeschwerden mit allen ihren Nebenfolgen wie Arthritis, Übergewicht, Diabetes, Benommenheit etc. bekämpfen kann.

Das Stichwort heisst Pflanzengifte. Das sind die Eiweissstoffe, mit denen die Pflanzen ihren Fressfeinden das Leben schwer machen. An einige davon hat sich der Mensch im Laufe der Evolution gewöhnt, an andere nicht, und einige machen uns deshalb wieder Mühe, weil wir die Techniken vergessen haben, mit denen wir sie unschädlich machen können.

Was sind Lektine eigntlich?

Lektine sind Proteine, genauer gesagt Glykoprotein, welche meistens in Pflanzen vorkommen. Lektine dienen für Pflanzen als natürliche Pestizide, um sich gegen den Verzehr zu wehren. Für Menschen sind die meisten Lektine nicht schädlich, einige können jedoch toxisch wirken. Lektine binden sich an Kohlenhydrat-Strukturen an die Darmwände besonders des Dünndarms und können diese beschädigen. Dadurch kann die Absorptionsfähigkeit für andere Nährstoffe beeinträchtigt werden. Ausserdem treten Lektine über diesen Weg auch in den Blutkreislauf ein und erreichen weiter entfernte Organe. Der Körper versucht sich zu wehren, er greift die Lektine an und mit ihnen auch gesundes Gewebe und Organe. Dadurch können einige Autoimmunkrankheiten entstehen, zum Beispiel Multiple Sklerose, Arthritis, Morbus Crohn, Fibromyalgie, Reizmagen oder Schilddrüsenprobleme. Einige Lektine wirken auf die Verdauung anderer Nahrungsbestandteile und wirken als Hämagglutinine.

Lektine sind in vielen Pflanzen enthalten, z.B in Getreide (besonders Weizen) und Hülsenfrüchten (besonders Soja). Für die Menachen die besonder empfildich sind, ist es besser auf diese gänzlich zu verzichten. Auch Nachtschattengewächse wie Kartoffeln, Tomaten oder Paprika enthalten sie. Lektine sind verhältnismäßig resistent gegen Verdauungsenzyme und gegen Hitze, Fermentation hilft jedoch. Wer also auf Brot aus Getreide absolut nicht verzichten mag, sollte zu Sauerteigbrot greifen. Haferflocken und Ähnliches sollten vor dem Verzehr grundsätzlich lange eingeweicht werden.

Die Liste mit den Lebensmitteln reich an Lektinen

  1. Brot
  2. Mais
  3. Kartoffeln und Kartoffelprodukte
  4. Reis
  5. Pasta
  6. Bohnen
  7. Hülsenfrüchte
  8. Soja
  9. Tomaten
  10. Gurken
  11. Kürbis
  12. Getreide
  13. Pflanzenöle
  14. Auberginen
  15. Peperoni
  16. Milch
  17. Zucker

Lektine sind das grössere Übel

Das zurzeit gefürchtetste Pflanzengift ist der Eiweisskleber Gluten, der in den meisten Getreidearten vorkommt. Doch gemäss Gundry sind die Lektine ein viel grösseres Problem. Woher will Gundry das wissen? Nun, als Transplantationschirurg und –Forscher muss man das Immunsystem kennen und überlisten. Genau das versuchen die Lektine auch: Um ihren Feinden zu schaden, müssen sie deren Immunsystem austricksen.


Das hat Gundry dann auf die Idee gebracht, dass er seinen Patienten sehr viel besser helfen kann, wenn er ihr Immunsystem (gegen die Eindringlinge) zum vornherein stärkt, statt im Nachhinein die kaputten Organe zu ersetzen. Inzwischen hat Gundry zehntausende von Patienten mit seiner Anti-Lektin-Diät behandelt. Der Mann weiss also, wovon der spricht.

Linsen, Bohnen, Soja, Tomaten etc.

Lektine sind überall dort drin, wo auch Gluten zu finden ist (alle Getreideprodukte, inkl. Mais), doch die meisten kommen erstens in den Hülsenfrüchten und zweitens in den Nachtschatten-Gewächsen und in den Hülsenfrüchten vor, also in Linsen, Bohnen, Soja, Kartoffeln, Tomaten, Auberginen, Gurken, Peperoni und Linsen. Auch Milch ist kritisch. Wie Gluten schädigen auch die Lektine vor allem die Darmwand und machen sie durchlässig. Sie verändern die Darmflora und beeinträchtigen so die Verdauung. Wichtige Nährstoffe (etwa die B-Vitamine) können vom Körper nicht mehr aufgenommen werden. Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Aufstossen etc. können von einer Lektin-Vergiftung stammen. Achtung: Glutenfreie Nahrungsmittel enthalten oft besonders viele Lektine.

Doch das ist erst der Anfang der Geschichte. Ist der Darm erst einmal leck geschlagen, gelangen die Lektine und andere Gifte ins Blut und teilweise über die Bluthirn-Schranke auch ins Gehirn. Dabei können sie viel Unheil anrichten. Einige Lektine greifen zum Beispiel das Bindegewebe an. Wenn Gelenkschmerzen chronisch werde, könnte das die Ursache sein. Andere attackieren die Nervenzellen an und erschweren die Übertragung von Impulsen. Benommenheit und Konzentrationsmängel könnten die Folge sein. Und dann gibt es da noch ein Lektin namens WGA (Wheat-Germ-Agglutin), das an dem Insulin-Rezeptoren der Zellen andockt und diese verstopft. Damit kann die Zelle kein Blutzucker mehr aufnehmen und der ganze Energiehaushalt ist gestört. Folge: Übergewicht, Diabetes etc. Die Liste liesse sich beliebig verlängern.

Was kann man dagegen tun

Gegenargument: Lektine sind älter als die Menschheit. Wären sie wirklich so gefährlich, wären wir längst alle tot. Richtig. Mit den Lektinen in den Tomaten und Erdnüssen würden wir wohl problemlos fertig. Aber es kommen eben noch viele andere Ernährungs- und Umweltgifte dazu. Da ist schnell mal eine kritische Grenze erreicht, und dann ist intelligente Schadensbegrenzung gefragt. Immer wieder auftauchende Verdauungsprobleme, Gelenkschmerzen oder Autoimmun-Erkrankungen deuten darauf hin, dass uns die Lektinen plagen könnten. Der Verzicht auf Hülsenfrüchte etc. ist kein allzu grosses Opfer. Zudem kann man Tomaten schälen und entkernen und Linsen im Dampfkochtopf garen – so es Grossmutter einst gemacht hat.

Gundrys Buch ist voll von Erfolgsgeschichten: Diabetes, Krebs, Kinderwunsch, Übergewicht, Lupus etc. alles konnte mit Diät geheilt werden, die Gluten und Lektine vermeidet, die Zufuhr von (tierischem) Eiweiss stark einschränkt und die zudem regelmässige Essenspausen vorsieht. Die Liste der erlaubten Lebensmittel ist dennoch recht lang. Man isst vor allem Gemüse, Avocados, Olivenöl, weissen Reis, Buchweizen, Süsskartoffeln etc. (Sauerteigbrot, ist auch nicht ganz verboten) Ähnliches haben viele auch schon propagiert und mit Erfolg praktiziert. Neu ist vor allem der Dreh mit den Nachtschattengewächsen. Die Sache ist einen Versuch wert.

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