Gesundheitsmythos aufgeklärt
Sind Lightprodukte wirklich «light»?

Light-Produkte versprechen denselben Genuss, einfach mit weniger Zucker, Fett und Kalorien. Cola, Chips und Schokolade geniessen und trotzdem schlank bleiben – geht das wirklich oder ist das nur ein überteuerter Spass?
Publiziert: 22.01.2019 um 22:05 Uhr
Light-Produkte: Darf man sie ungehemmt Schlemmen?
Foto: Getty Images

Das Schwierigste am Abnehmen ist der Verzicht auf die kleinen Freuden des Alltags – hier ein Keks, dort ein Fruchtjoghurt, ein Schokoladenriegel oder ein erfrischendes Süssgetränk. Die Lebensmittelindustrie ist hier schon ein Schritt voraus und hat scheinbar die perfekte Lösung für das Dilemma gefunden: Light-Produkte. Damit «Light» auf dem Etikett stehen darf, muss das Produkt auch mindestens 30 Prozent weniger Zucker und Fett enthalten.

Kein Kalorienersparnis, dafür Zusatzstoffe

Einen Haken gibt es aber: Fett und Zucker sind Geschmacksverstärker. Wenn sie fehlen, muss ein Ersatz gefunden werden – sonst schmecken die Light-Produkte nicht und bleiben im Regal liegen. Die Lebensmittelindustrie hat auch hierfür eine Lösung gefunden: Wird an Fett gespart, hilft eine ordentliche Portion Salz oder Zucker nach. Häufig sorgen Ersatzzutaten wie Maispulver, dass an Kalorien kaum gespart wird. Andere Light-Produkte enthalten auch Geschmacksverstärker, Süssstoffe und jede Menge weitere chemische Zusätze, um auf den gewünschten Geschmack zu kommen, wie zum Beispiel:

  • Emulgatoren
  • Farbstoffe
  • Gelatine
  • Konservierungsstoffe
  • Verdickungsmittel

Im Endeffekt hat man ein Light-Produkt, welches zwar weniger Fett oder Zucker enthält, doch dafür umso mehr Kalorien oder unnötige chemische Zutaten.

Auch Laktose ist Zucker

Die Lebensmittelindustrie hat erkannt, dass die Verbraucher gegenüber Zucker sensibel geworden sind. Da Zucker aber ein Geschmacksträger ist und Fertiggerichte gut schmecken sollen, nennen sie ihn auf der Zutatenliste anders, um den gerade bei Fertiggerichten oft hohen Zuckergehalt zu verschleiern. Hinter Glukose oder Fruktose (Fruchtzucker) verbergen sich zum Beispiel Einfachzucker, die nur aus einem Zuckermolekül bestehen. Zweifachzucker, wie der Haushaltszucker, verbirgt sich hinter dem Begriff «Saccharose». Milchzucker ist «Laktose» und Malzzucker «Maltose». Unter dem Begriff »Zucker» ist in der Nährwerttabelle der gesamte im Lebensmittel enthaltene Zucker zusammengefasst angegeben. Stark zuckerhaltig sind «gesunde» Lebensmittel wie Fertigmüesli, Fitnessriegel oder Fruchtjoghurts.

Die Lebensmittelindustrie hat erkannt, dass die Verbraucher gegenüber Zucker sensibel geworden sind. Da Zucker aber ein Geschmacksträger ist und Fertiggerichte gut schmecken sollen, nennen sie ihn auf der Zutatenliste anders, um den gerade bei Fertiggerichten oft hohen Zuckergehalt zu verschleiern. Hinter Glukose oder Fruktose (Fruchtzucker) verbergen sich zum Beispiel Einfachzucker, die nur aus einem Zuckermolekül bestehen. Zweifachzucker, wie der Haushaltszucker, verbirgt sich hinter dem Begriff «Saccharose». Milchzucker ist «Laktose» und Malzzucker «Maltose». Unter dem Begriff »Zucker» ist in der Nährwerttabelle der gesamte im Lebensmittel enthaltene Zucker zusammengefasst angegeben. Stark zuckerhaltig sind «gesunde» Lebensmittel wie Fertigmüesli, Fitnessriegel oder Fruchtjoghurts.

Süssstoff - der psychologische Dickmacher

Light-Produkte wiegeln den Konsumenten in falsche Sicherheit. Statt sich auf eine kleine Hand voll normale Chips zu beschränken, verschwindet plötzlich eine halbe Packung – weil sie ja «light» sind. Die Zucker- und Fettreduktion hat noch eine weitere Nebenwirkung: Light-Produkte sättigen weniger und kurbeln das Hungergefühl sogar an.

Gut zu wissen
Künstliche Süssstoffe schmecken bis zu 3000 Mal süsser als normaler Zucker. Deshalb reicht bei Süssstoff eine sehr geringere Menge. Im Gegensatz zu Zucker enthalten die chemischen Süsser so gut wie gar keine Kalorien und können auch keine Karies verursachen. Der erste künstliche Süssstoff, Saccharin, kam bereits 1885 auf den Markt. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe künstlicher Süssstoffe wie Aspartam (E 951), Acesulfam (E 950) und Cyclamat (E 952). Zum Teil werden Süssstoffen appetitsteigernde oder krebserregende Wirkungen nachgesagt – keine dieser Vermutungen konnte bislang jedoch zweifelsfrei bewiesen werden.
Künstliche Süssstoffe schmecken bis zu 3000 Mal süsser als normaler Zucker. Deshalb reicht bei Süssstoff eine sehr geringere Menge. Im Gegensatz zu Zucker enthalten die chemischen Süsser so gut wie gar keine Kalorien und können auch keine Karies verursachen. Der erste künstliche Süssstoff, Saccharin, kam bereits 1885 auf den Markt. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe künstlicher Süssstoffe wie Aspartam (E 951), Acesulfam (E 950) und Cyclamat (E 952). Zum Teil werden Süssstoffen appetitsteigernde oder krebserregende Wirkungen nachgesagt – keine dieser Vermutungen konnte bislang jedoch zweifelsfrei bewiesen werden.

Wissenschaftler der Purdue University aus Indiana, USA, haben die Wirkung von Zucker und Süsstoffen an Ratten getestet. Die Ratten haben entweder nur Zucker oder in einem unvorhersehbaren Wechsel Süssstoff oder Zucker zu sich genommen. Danach wurde den Tieren ein anderes Futter vorgesetzt. So fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Ratten, welche unvorhersehrbar Süssstoff konsumiert hatten, mehr von ihrem anderen Futter assen. Dadurch wurden die Süssstoff-Ratten dicker als ihre Artgenossen, die nur Zucker erhalten hatten – trotz der Kalorieneinsparung durch den Süssstoff. Diese Erkenntnis ist zwar nicht direkt auf den Menschen übertragbar, liefert aber einen wichtigen Hinweis.

Der gewöhnliche Zucker besteht aus je einem Molekül Glukose und Fruktose. Zucker beliefert das Gehirn mit wichtiger Glukose, welche das Gehirn zum Denken und um den Körper zu kontrollieren benötigt. Am Tag nimmt der Mensch im Durchschnitt 200 Gramm Glukose zu sich. Davon beansprucht das Gehirn 130 Gramm, damit es leistungsfähig bleiben kann. Wie im Beispiel der Ratten ersichtlich, kann Süssstoff die Energiezufuhr des Gehirns aus dem Gleichgewicht bringen. Wenn die Geschmacksrezeptoren den Süssstoff schmecken, erhält das Gehirn das Signal dafür, dass es Zucker ist – und erwartet einen Glukosenachschub. Wenn dieser ausbleibt, reagiert das Gehirn mit Hunger, damit es zu seiner versprochenen Lieferung kommt. Im Endeffekt könnte das heissen, dass man mit Light-Produkten womöglich sogar zunehmen könnte.

Süssgetränke mit Süssstoffen können den Appetit anregen.

Vorsicht vor Fruchtzucker und Co.

Häufig wird in Light-Lebensmitteln der gewöhnliche Haushaltszucker auch durch Fruchtzucker ersetzt. Fruchtzucker hat das Wort «Frucht» drin, also kann es nur gesund sein – könnte man meinen. Im Jahr 2005 wiesen Forscher vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke nach, dass Mäuse, die mit Fruchtzucker ernährt wurden, stärker an Körperfett und Gewicht zulegten, als ihre mit Zucker oder Süssstoff gefütterten Artgenossen.

Das BAG rät von Zuckerersatz ab

Für einmal machte Nestlé letzte Woche positive Schlagzeilen. Die NZZ lobte den Lebensmittel­giganten für sein Engagement gegen den Zucker: Schrittweise hatte Nestlé den Zuckergehalt in seinen Nesquik-Produkten gesenkt. Nun warb er bei den Mitgliedern des Hello Family Clubs in einem Brief: «Entdecken Sie das neue Nesquik mit 30 Prozent weniger Zucker!» Das klingt gut, nur: Gesünder ist das Produkt damit nicht geworden, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Anfrage mitteilt. Denn der Zucker wurde durch Maltodex­trin ersetzt, einem Zuckeraustauschstoff, der – wie Zucker – aus rasch verfügbaren Kohlenhydraten besteht. Nestlé hält fest, dass Maltodextrin den Blutzuckerspiegel weniger stark steigen lasse und weniger süss schmecke als Zucker. Doch wegen der Ähnlichkeit wird bei Maltodextrin wie auch Saccharose, Laktose oder Fructose oft von Zucker unter anderen Namen gesprochen.

Nesquik ist lange nicht das einzige Beispiel: Viele Hersteller von Müesli und Joghurts arbeiten mit demselben Trick. Kalorienfrei sind dagegen synthetische Süssstoffe wie Cyclamat, Aspartam oder Saccharin, die oft in Light-Produkten verwendet werden. Sie stehen aber im Verdacht, Kreislauf-Erkrankungen zu fördern, wenn sie in grossen Mengen konsumiert werden.

Grosse Mengen Fruchtzucker belasten die Leber

Beliebt als natürliche Süssstoffe sind Melasse, Birnendicksaft, Ahornsirup, Birkenzucker und Honig. David Fäh, Ernährungsexperte von der Berner Fachhochschule, sagt: «Sie klingen natürlicher, unterscheiden sich aber nicht grundsätzlich von Zucker.» Sehr natürlich kommen auch Fruchtsäfte daher. Doch Fruchtnektar, Apfelsaft und Traubensaft enthalten gemäss Fäh sogar zehn bis 50 Prozent mehr Zucker als Cola und Co. Grosse Mengen Fruchtzucker belasten die Leber stärker als Haushaltszucker – dafür wirkt er weniger stark auf den Blutzuckerspiegel. Entscheidend ist laut Fäh die Qualität des Safts: Während selbst gepresster Orangensaft viele Vitamine und weitere gesunde Bestandteile enthält, besteht Capri-Sonne gerade mal zu rund sieben Prozent aus Orangenkonzentrat – enthält aber pro Beutel 6,5 Stück Würfelzucker.
Auch Stevia, verwendet im leicht kalorienreduzierten Coca-Cola Life, ist ein natürlicher Süssstoff. Es ist rund 300-mal süsser als Zucker und muss deshalb sehr vorsichtig dosiert werden.

Das BAG empfiehlt grundsätzlich, auf Zuckerersatzstoffe zu verzichten, auf künstliche wie natürliche. Ziel müsse sein, «die Zufuhr von Zucker allgemein zu senken und die Reduktion nicht durch andere süssende Zutaten zu kompensieren». Florian Blumer

Für einmal machte Nestlé letzte Woche positive Schlagzeilen. Die NZZ lobte den Lebensmittel­giganten für sein Engagement gegen den Zucker: Schrittweise hatte Nestlé den Zuckergehalt in seinen Nesquik-Produkten gesenkt. Nun warb er bei den Mitgliedern des Hello Family Clubs in einem Brief: «Entdecken Sie das neue Nesquik mit 30 Prozent weniger Zucker!» Das klingt gut, nur: Gesünder ist das Produkt damit nicht geworden, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Anfrage mitteilt. Denn der Zucker wurde durch Maltodex­trin ersetzt, einem Zuckeraustauschstoff, der – wie Zucker – aus rasch verfügbaren Kohlenhydraten besteht. Nestlé hält fest, dass Maltodextrin den Blutzuckerspiegel weniger stark steigen lasse und weniger süss schmecke als Zucker. Doch wegen der Ähnlichkeit wird bei Maltodextrin wie auch Saccharose, Laktose oder Fructose oft von Zucker unter anderen Namen gesprochen.

Nesquik ist lange nicht das einzige Beispiel: Viele Hersteller von Müesli und Joghurts arbeiten mit demselben Trick. Kalorienfrei sind dagegen synthetische Süssstoffe wie Cyclamat, Aspartam oder Saccharin, die oft in Light-Produkten verwendet werden. Sie stehen aber im Verdacht, Kreislauf-Erkrankungen zu fördern, wenn sie in grossen Mengen konsumiert werden.

Grosse Mengen Fruchtzucker belasten die Leber

Beliebt als natürliche Süssstoffe sind Melasse, Birnendicksaft, Ahornsirup, Birkenzucker und Honig. David Fäh, Ernährungsexperte von der Berner Fachhochschule, sagt: «Sie klingen natürlicher, unterscheiden sich aber nicht grundsätzlich von Zucker.» Sehr natürlich kommen auch Fruchtsäfte daher. Doch Fruchtnektar, Apfelsaft und Traubensaft enthalten gemäss Fäh sogar zehn bis 50 Prozent mehr Zucker als Cola und Co. Grosse Mengen Fruchtzucker belasten die Leber stärker als Haushaltszucker – dafür wirkt er weniger stark auf den Blutzuckerspiegel. Entscheidend ist laut Fäh die Qualität des Safts: Während selbst gepresster Orangensaft viele Vitamine und weitere gesunde Bestandteile enthält, besteht Capri-Sonne gerade mal zu rund sieben Prozent aus Orangenkonzentrat – enthält aber pro Beutel 6,5 Stück Würfelzucker.
Auch Stevia, verwendet im leicht kalorienreduzierten Coca-Cola Life, ist ein natürlicher Süssstoff. Es ist rund 300-mal süsser als Zucker und muss deshalb sehr vorsichtig dosiert werden.

Das BAG empfiehlt grundsätzlich, auf Zuckerersatzstoffe zu verzichten, auf künstliche wie natürliche. Ziel müsse sein, «die Zufuhr von Zucker allgemein zu senken und die Reduktion nicht durch andere süssende Zutaten zu kompensieren». Florian Blumer

Wenn «light», dann Wurst, Käse und Aufschnitt

Unter dem Strich gesehen machen Light-Produkte wenig Sinn – da greift man lieber zu natürlich kalorienarmen Varianten wie Früchte oder Magerquark. Leichte Salatsaucen sind genauso leicht von selbst gemacht, Würzmittel wie Ketchup werden in solch kleinen Portionen eingesetzt, dass ein Klecks davon vernachlässigbar ist. Wo sich eine fettreduzierte Variante wohl am ehesten lohnt, ist bei Käse, Wurst und Aufschnitt. Der Stiftung Warentest hat bestätigt, dass diese Produkte effektiv weniger Kalorien enhalten. Man muss jedoch mit Geschmackseinbussen rechnen – gummiartiger Käse und Wurst mit Beigeschmack.

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