Mit Motivationstipps zum Brillentragen
Braucht mein Kind eine Brille?

Immer mehr Kinder tragen Brillen, doch ob Sehschwächen tatsächlich zugenommen haben, ist umstritten. Remo Poffa vom Institut für Optometrie der Fachhochschule Nordwestschweiz erklärt, dass die Sensibilisierung und digitale Belastungen eine Rolle spielen.
Publiziert: 25.11.2024 um 09:59 Uhr
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Aktualisiert: 25.11.2024 um 10:55 Uhr
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Die Früherkennung von Sehschwächen ist bei Kindern essenziell.
Foto: IMAGO/Pond5 Images

Auf einen Blick

  • Kinder mit Brillen sind keine Seltenheit
  • Eltern sollten Sehprobleme frühzeitig abklären lassen, um Lernschwächen zu vermeiden
  • Babys werden mit +2 bis +3 Dioptrien Weitsichtigkeit geboren
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Thomas Bürgisser
Thomas BürgisserFreier Journalist Service-Team

Viele Kinder tragen Brillen, wobei sich Studien uneinig sind, ob Sehschwächen bei Kindern heute häufiger sind als früher, wie der Website von Optikschweiz, dem Verband für Optometrie und Optik, zu entnehmen ist.

Remo Poffa, Dozent am Institut für Optometrie der Fachhochschule Nordwestschweiz, vermutet in erster Linie, dass schlicht die Sensibilisierung auf das Thema zugenommen hat: «Heute klärt man bei Kindern mit scheinbarer Lernschwäche zum Glück früher die Sehstärke ab.» Poffa hat sich unter anderem auf den Bereich Kinderoptometrie spezialisiert. «Gleichzeitig haben in Zeiten der Digitalisierung die visuellen Beanspruchungen enorm zugenommen, sodass Kinder mit einer Sehschwäche schneller ermüden und das auch selber merken und formulieren», erklärt der Experte im Gespräch mit der «Schweizer Illustrierten».

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

Dieser Artikel wurde erstmals in der der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

Wie merken Eltern, ob ihr Kind ein Sehproblem hat?
Remo Poffa: Wenn man mit seinem Kind im Säuglingsalter die vorgesehenen Termine bei der Kinderärztin oder beim Kinderarzt wahrnimmt, ist eine Grundkontrolle schon einmal sichergestellt. Daneben gibt es verschiedene Hinweise. Zum Beispiel, wenn das Baby einen grauen Schimmer auf der Pupille hat. Oder wenn auf Fotos mit Blitzlicht nur ein Auge rot ist. Aber auch wenn bereits Kleinkinder das Bilderbuch immer ganz nah ans Gesicht halten oder Bewegungen eines Vogels in der Ferne nicht wahrnehmen. Grundsätzlich lohnt es sich, besser einmal zu viel abzuklären, als zu spät. Denn wenn man zum Beispiel eine sehr starke Weitsichtigkeit im Kleinkindalter nicht behandelt, kann es sein, dass sich die Augen nicht gleich entwickeln.

Was sind später, im Kindergarten- oder Schulalter, typische Anzeichen?
Auch hier sind zum Beispiel Bücher oder Tablets, die Kinder sehr nahe ans Gesicht halten, Anzeichen für eine Kurzsichtigkeit, also dass man schlechter in die Weite sieht. Oder wenn Kinder auf ferne Objekte nicht gleich reagieren oder die Augen beim Blick in die Ferne zusammenkneifen. Eine Weitsichtigkeit wiederum macht sich oft durch schnelleres Ermüden der Augen bemerkbar. Nicht immer können das Kinder von sich aus aber formulieren, sie sind es sich ja nicht anders gewohnt. Deshalb kann eine Lernschwäche in der Schule ein Hinweis sein, oder wenn sich das Kind ständig die Augen reibt. Man muss aber auch aufpassen, denn nicht jede Weitsichtigkeit muss auch wirklich direkt behandelt werden.

Wie meinen Sie das?
Manchmal geht etwas vergessen, dass sich Kinderaugen noch am Entwickeln sind. Babys kommen mit einer Weitsichtigkeit von plus zwei bis drei Dioptrien zur Welt. Das baut sich erst mit den Jahren bis ins Alter von 11 oder 12 Jahren ab. Diese Zeit sollte man den Augen dann auch geben. Wenn die Weitsichtigkeit jedoch ausgeprägter ist, ist Handeln natürlich angesagt. Gleich wie bei einer Kurzsichtigkeit.

An wen wende ich mich am besten zur Abklärung?
Wichtig ist, dass man nicht ins erstbeste Optikergeschäft geht, sondern nachfragt, ob eine studierte Optometristin beziehungsweise ein studierter Optometrist vor Ort ist. Diese sind darauf geschult, die Sehfunktionen eines Auges in seiner gesamten Komplexität abzuklären. Darauf darf man durchaus auch etwas beharren. Auch eine Augenärztin oder ein Augenarzt kann eine Anlaufstelle sein. In einigen Kantonen ist das sogar Pflicht, damit die Krankenkasse später die Kosten übernimmt. Am besten, man klärt also zuerst mit der Krankenkasse ab, was das richtige Vorgehen ist. Ideal finde ich zudem, wenn sich eine Person auf Kinder spezialisiert hat.

Wieso?
Zum einen sind Kinderaugen schon nochmals etwas anders, gerade weil sie sich noch entwickeln. Zum anderen sind diese Personen oftmals auch im Umgang mit Kindern geschult, was es auch für Eltern einfacher macht.

Anzeichen für Sehprobleme bei Kindern

Gemäss Optikschweiz gibt es verschiedene mögliche Anzeichen auf ein Sehproblem bei Kindern. Das Kind ...

  • ... verliert beim Lesen oft den Faden oder überspringt Worte.
  • ... schielt dauernd oder zeitweise.
  • ... schreibt über oder unter den Linien.
  • ... schliesst beim Lesen oder Schreiben öfters die Augen.
  • ... hält den Kopf schief, um etwas genau zu betrachten.
  • ... nimmt Bücher oder Gegenstände sehr nahe vor die Augen.
  • ... beugt sich beim Lesen nah über das Papier.
  • ... klagt über Kopfschmerzen.
  • ... reibt oft eines oder beide Augen.
  • ... zieht die Augenbrauen zusammen, angestrengter Gesichtsausdruck beim genauen Betrachten eines Gegenstandes.
  • ... schneidet oft Grimassen, blinzelt oder bewegt auffallend oft die Augenlider.
  • ... kneift beim Lesen die Augen zusammen, um auf die Wandtafel oder an den TV-Schirm zu sehen.
  • ... rückt sehr nahe an den Fernseher heran.
  • ... ist oft schläfrig.
  • ... ermüdet schnell beim Lesen oder Schreiben.

Weitere Informationen rund um Kinderbrillen und Brillenkinder finden sich auf der Website von Optikschweiz, dem Verband für Optometrie und Optik.

Gemäss Optikschweiz gibt es verschiedene mögliche Anzeichen auf ein Sehproblem bei Kindern. Das Kind ...

  • ... verliert beim Lesen oft den Faden oder überspringt Worte.
  • ... schielt dauernd oder zeitweise.
  • ... schreibt über oder unter den Linien.
  • ... schliesst beim Lesen oder Schreiben öfters die Augen.
  • ... hält den Kopf schief, um etwas genau zu betrachten.
  • ... nimmt Bücher oder Gegenstände sehr nahe vor die Augen.
  • ... beugt sich beim Lesen nah über das Papier.
  • ... klagt über Kopfschmerzen.
  • ... reibt oft eines oder beide Augen.
  • ... zieht die Augenbrauen zusammen, angestrengter Gesichtsausdruck beim genauen Betrachten eines Gegenstandes.
  • ... schneidet oft Grimassen, blinzelt oder bewegt auffallend oft die Augenlider.
  • ... kneift beim Lesen die Augen zusammen, um auf die Wandtafel oder an den TV-Schirm zu sehen.
  • ... rückt sehr nahe an den Fernseher heran.
  • ... ist oft schläfrig.
  • ... ermüdet schnell beim Lesen oder Schreiben.

Weitere Informationen rund um Kinderbrillen und Brillenkinder finden sich auf der Website von Optikschweiz, dem Verband für Optometrie und Optik.

Ist es sinnvoll, wenn ich ein Kind auf den Besuch bei der Augenärztin oder beim Optometristen vorbereite?
Das ist sehr individuell, je nach Kind. Wichtig ist: Es tut nicht weh und es gibt auch keine Spritzen. In einigen Fällen kommen jedoch pupillenerweiternde Tropfen zum Einsatz. Die Möglichkeit würde ich im Voraus aber gar nicht erwähnen, ansonsten löst man nur unnötig Panik aus. Ein Optometrist oder eine Optometristin sagt und erklärt das dann kurz bevor die Tropfen zum Einsatz kommen. Und auch das bereitet keine Schmerzen.

Und wie bereite ich das Kind allenfalls auf eine Brille vor?
Auch hier braucht es oft gar keine grosse Vorbereitung. In der Schule sind Kinder meist wie eingangs erwähnt ja nicht mehr die einzigen, die eine Brille haben. Und die Brille ist für die Kindern oft wirklich auch eine Erleichterung und keine Last im Alltag. Wenn sie plötzlich weniger schnell müde werden, sich nicht mehr so sehr anstrengen müssen, um an die Wandtafel zu sehen, oder wenn sie vor sich plötzlich alles scharf sehen, wird die Brille schnell zur Verbündeten.

Trotzdem gibt es ja manchmal Diskussionen ...
Bei Kindern mit einer starken Sehschwäche tatsächlich selten. Wenn die Sehschwäche weniger ausgeprägt ist, kann man aber vielleicht auch einen Kompromiss machen. Dass Kinder mit einer Weitsichtigkeit zum Beispiel die Brille in der Schule und zum Aufgabenmachen tragen, zum Spielen aber ausziehen können. Hilfreich ist auch immer, wenn die Lehrpersonen mit ins Boot geholt werden, damit sie die Kinder in der Schule an die Brille erinnern können. In den meisten Fällen ist es jedoch auch nicht tragisch, wenn die Brille einmal vergessen geht. Ich vergleiche im Gespräch mit Kindern die Brille immer mit dem Velo oder einem Kickboard. Man kann auch zu Fuss in die Schule gehen, mit dem Velo oder Kickboard geht es aber schneller. Das gilt auch für die Brille: Es geht zwar ohne, mit ist es aber einfacher.

Wie wichtig ist das Design einer Brille?
Für die Tragemotivation ist es enorm wichtig, dass dem Kind die Brille auch gefällt. Mit einigen Einschränkungen: Die Brille sollte gut auf der Nase sitzen und hinter den Ohren halten, also nicht rutschen. Und der obere Brillenrand sollte natürlich über das Auge reichen, sonst schaut das Kind immer über die Kante, was auch nichts hilft.

Sind Kontaktlinsen ebenfalls eine Alternative?
Absolut, wenn das Handling funktioniert, kann dies eine sehr gute Sache sein. Eltern müssen sich einfach bewusst sein, dass hier mehr Verantwortung auf sie zukommt. Zwar können viele Kinder ab acht oder neun Jahren die Kontaktlinsen schon selber einsetzen, die Hilfe der Eltern braucht es aber trotzdem meist noch, um die Hygiene sicherzustellen.

Kann es auch sein, dass Kinder aus der Kurz- oder Weitsichtigkeit herauswachsen?
Bei der Weitsichtigkeit kann das gut sein, allenfalls mit unterstützendem Visualtraining. Die Kurzsichtigkeit hingegen nimmt nicht ab, diese baut sich vielmehr bis ungefähr zum 20. Lebensjahr eher noch mehr auf.

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