«Alter ist kein Auslöser»
Sieben grosse Rheuma-Mythen im Check

In der Schweiz leben über zwei Millionen Menschen mit rheumatischen Erkrankungen – oft mit falschen Vorstellungen über die chronische Entzündungskrankheit. Der Rheumatologe Peer Aries räumt in seinem neusten Buch mit gängigen Fehlvorstellungen auf.
Publiziert: 21.09.2023 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2023 um 20:01 Uhr
Wenn morgens nach dem Aufstehen die Gelenke steif sind, denken viele an Rheuma. Ist die Befürchtung begründet?
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Valentin RubinRedaktor Service
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Mythos: Rheuma tritt erst im Alter auf

«Auch junge Leute können von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen betroffen sein», schreibt Peer Aries, Rheumatologe und Immunologe aus Hamburg (D), in seinem neusten Buch, «Rheuma. Wissen statt Mythen». Zwar trete Rheuma vermehrt im Alter auf, vor allem ab 50. «Das Alter ist aber kein Auslöser.» Einige Rheuma-Erkrankungen, etwa die juvenile idiopathische Arthritis, treten schon vor dem 16. Lebensjahr auf.

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Mythos: Man kann nichts gegen Rheuma machen

Lange Zeit ist es gemäss Aries tatsächlich nur möglich gewesen, Symptome einer Rheuma-Erkrankung zu behandeln. Heute gebe es einige sehr wirksame Therapien und Medikamente mit sehr geringen Nebenwirkungen. Und: «Je früher eine effektive entzündungshemmende Therapie beginnt, desto schneller werden die Schmerzen gelindert.» Deshalb plädiert Aries dafür, bereits bei einem Verdacht auf eine entzündlich-rheumatische Erkrankung zum Arzt zu gehen. «Eine Rheuma-Erkrankung ist längst kein Schicksalsschlag mehr.»

Rheumatologe, Immunologe und Ernährungsmediziner

Peer Aries studierte Humanmedizin in Maarburg (D), Kapstadt (Südafrika), Haifa (Israel) und Ruhuna (Sri Lanka). 2021 gründete er das Immunologikum in Hamburg, ein Zentrum, das auf die Diagnostik und Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen und Immunerkrankungen spezialisiert ist. Seit vielen Jahren forscht er in den Bereichen Ernährungsmedizin, Immunologie und Rheumatologie. Im August erschien sein Buch «Rheuma. Wissen statt Mythen – rheumatische Erkrankungen verstehen und in den Griff bekommen».

Peer Aries studierte Humanmedizin in Maarburg (D), Kapstadt (Südafrika), Haifa (Israel) und Ruhuna (Sri Lanka). 2021 gründete er das Immunologikum in Hamburg, ein Zentrum, das auf die Diagnostik und Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen und Immunerkrankungen spezialisiert ist. Seit vielen Jahren forscht er in den Bereichen Ernährungsmedizin, Immunologie und Rheumatologie. Im August erschien sein Buch «Rheuma. Wissen statt Mythen – rheumatische Erkrankungen verstehen und in den Griff bekommen».

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Mythos: Wer Rheuma hat, soll sich körperlich schonen

Da sich Rheuma in der Regel in Form von Gelenkschmerzen äussert, haben laut Aries viele Rheuma-Patienten intuitiv das Gefühl, sich schonen zu müssen. «Die Angst vor Bewegung und Sport ist aber unbegründet.» Mit gezielter Bewegung verhindere man, dass sich Gelenke versteifen. Ausserdem stärke man das Immunsystem, was wiederum den Entzündungsfortschritt der Erkrankung hinauszögere. Aries: «Schonende Sportarten wie Gymnastik, Radfahren oder Schwimmen sind besonders empfehlenswert.» 

Sport, insbesondere schonende Gymnastik-Übungen, helfen, eine Rheuma-Erkrankung im Zaum zu halten.
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Mythos: Steife Gelenke am Morgen deuten auf Rheuma hin

Morgensteifigkeit tritt laut Aries ab einem Alter von 50 vermehrt auf. Wenn sie eine halbe Stunde nach dem Aufstehen nachlasse, spreche man von Anlaufschmerzen. «Dabei handelt es sich nicht um ein Symptom, das auf eine spezielle Krankheit schliessen lässt.» Erst, wenn sich das steife Gefühl über eine Stunde hinzieht, besteht der Verdacht auf Rheuma.

Morgensteifigkeit muss nicht zwingend ein Anzeichen einer Rheuma-Erkrankung sein.
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Mythos: Eine neue Matratze hilft gegen Rheuma

Zahlreiche Bettengeschäfte bieten Matratzen und Kissen an, die speziell für Menschen mit Rheuma geeignet sein sollen. Solche Wundermatratzen gehören laut Aries allerdings zu den grössten Mythen in Zusammenhang mit Rheumatologie. «Der Einfluss von Matratzen ist überhaupt nicht erforscht.»

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Mythos: Wer Rheuma hat, sollte keine Kinder kriegen

Junge Rheuma-Patientinnen hätten oft Sorge, dass der zunehmende Krankheitsverlauf und die notwendigen Medikamente zu Fehlbildungen beim Kind führen können. Aries: «Heute spricht allerdings nichts dagegen, den Kinderwunsch auch als Rheuma-Patient anzugehen.» Dazu bedürfe es aber einer guten Planung und einer eingehenden Rücksprache mit dem Rheumatologen und dem Gynäkologen, um die Therapie gegebenenfalls anzupassen.

Junge Rheuma-Patientinnen müssen ihren Kinderwunsch nicht auf Eis legen.
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Mythos: Rheuma kann man mit gesunder Ernährung in den Griff kriegen

Aus Angst vor Nebenwirkungen von Rheuma-Medikamenten setzen viele Patienten auf eine mediterrane Diät mit vielen Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Obst, Gemüse und mit wenigen tierischen Produkten. Eine solche Ernährung beuge zwar Entzündungen vor, schreibt der Experte. «Eine entzündlich-rheumatische Erkrankung behandeln oder heilen kann sie allerdings nicht.» Daher sollte eine Umstellung der Ernährung idealerweise ergänzend zur medikamentösen Therapie eingesetzt werden. Diese ersetzen kann sie aber nicht.

Eine mediterrane Diät trägt zu einem gesunderen Lebensstil bei. Das kann positive Auswirkungen auf eine Rheuma-Erkrankung haben.
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