Nur Bares ist Wahres – dieses Motto hat vielleicht schon bald ausgedient, auch in der Schweiz: Ein Grossteil der Bevölkerung steht dem Bezahlen mit Karte positiv (56 Prozent) oder zumindest neutral (19,2 Prozent) gegenüber. Das zeigen die aktuellen Erhebungen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).
Trotzdem: Im täglichen Einkauf spielt Bargeld in der Schweiz noch immer die Hauptrolle. Nur die wenigsten bezahlen das Gipfeli, den Kaffee mit der Kreditkarte.
Warum bargeldloses Bezahlen besser ist?
- Jeder Erwachsene in der Schweiz besitzt mindestens eine EC-oder Maestro-Karte (Debitkarte). Und neun von zehn Personen tragen eine Kreditkarte auf sich. Beeindruckend: Gemäss Schweizerischer Nationalbank (SNB) sind landesweit 9,93 Millionen Debit- und 6 Millionen Kreditkarten im Umlauf. Zu den Debitkarten zählen auch die Karten von PostFinance.
- Immer häufiger werden diese Karten auch bei Einkäufen im Wert von bis zu 40 Franken eingesetzt. Dafür stehen seit kurzem sogenannte NFC-Kartenleser in vielen Schweizer Läden bereit.
Der Handel richtet sich auf die Zukunft aus
Die drei Buchstaben NFC (Near Field Communication) stehen für kontaktloses Bezahlen. Wie das funktioniert? Karte oder Smartphone werden maximal vier Zentimeter über ein Lesegerät gehalten – und schon wird die Zahlung via Nahfunktechnik automatisch abgewickelt: ohne Eintippen von etwelchen Codes.
Die ersten Terminals standen in den Valora Kiosks und an den neuen Billettautomaten des Zürcher Verkehrsverbundes (ZVV). Mittlerweile sind sie u. a. bei den Detaillisten Coop und Migros oder den SBB zu finden. Coop beispielsweise hat alle Verkaufsstellen (exklusive Coop Pronto) damit ausgerüstet. Ohne Aufpreis für die Kunden dürften bald sämtliche Schweizer Karten NFC-fähig sein. Apple-Watch und andere Smartwatches werden – zusammen mit den vielen Smartphones und Tablets – die Vernetzung weiter vorantreiben. Und damit die Möglichkeiten, mobil einzukaufen und zu bezahlen.
Vor etwas mehr als einem Jahr wurden in der Schweiz die ersten Zahlterminals für Karten mit Kontaktlosfunktion installiert. Und die bisherigen Erfahrungswerte sind durchwegs positiv, wie die IG Schweizer Kartenanbieter betont. Rund die Hälfte jener Karteninhaber, welche die NFC-Funktion überhaupt kennen, nutzt sie auch. Eine Umfrage der Branche zeigt, dass kontaktloses Bezahlen am häufigsten in Lebensmittelgeschäften (rund 50 Prozent) eingesetzt wird. Dann an Ticketautomaten des ÖVs und in Parkhäusern (rund 39 Prozent), in Kiosks (39 Prozent), Warenhäusern (38 Prozent) und an Tankstellen (34 Prozent). «NFC wird den Trend zum bargeldlosen Zahlungsverkehr zweifelsfrei verstärken», sagt Rolf Hartl, Geschäftsführer vom Verband Elektronischer Zahlungsverkehr (VEZ). «Vor allem im Bereich von Transaktionen mit kleinem Umsatz, wo heute noch Cash dominiert.»
Diese Einschätzung teilen Vertreter der Grossverteiler. «Wir haben damit bislang gute Erfahrungen gemacht», sagt Coop-Sprecher Urs Meier. Im Übrigen werde schon jeder zweite Einkauf bargeldlos bezahlt – Tendenz steigend. Bei Konkurrentin Migros liegt der Anteil gar bei 54 Prozent, wie Sprecher Luzi Weber sagt. Auch hier hat die Zukunft bereits begonnen: Die rund 8500 Bezahlterminals der Migros sind allesamt NFC-tauglich. «Kunden und Mitarbeitende reagieren positiv auf die Kontaktlosfunktion», sagt Weber.
Kreditkarten aber gehen rasch verloren. Frauen, so die Erfahrungswerte, passen besser darauf auf als Männer. Jeder dritte Mann habe schon einmal die Karte an einem Bezahlterminal vergessen oder stecken lassen. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass Männer die Karte öfter einsetzen als Frauen.
Hemmschwellen beim Online-Bezahlen
Wie stark sich der bargeldlose Zahlungsverkehr durchsetzen wird, ist noch unklar. Der Erfolg ist davon abhängig, ob die NFC-Technologie flächendeckend zum Einsatz kommt und sie sicher und störungsfrei funktioniert. Und andererseits wie sich die Akzeptanz entwickelt. Denn mit jeder Zahlung geben wir persönliche Informationen weiter, die Rückschlüsse auf unser Einkaufsverhalten, den Lifestyle und die Kaufkraft ermöglichen. Ein Nachteil.
Dieser Gefahr ist sich auch Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz bewusst. Für sie ist es deshalb richtig und wichtig, dass man nur Beträge von bis zu 40 Franken kontaktlos bezahlen darf. Höhere Beträge bedürfen der Eingabe eines Pins oder sogar einer Unterschrift. Stalder: «Die NFC-Funktion wird immer Sicherheitslecks aufweisen, daher ist es wichtig, damit nicht unbeschränkt Geld überweisen zu können.»
Wie die ZHAW-Erhebungen zeigen, sind die Vorbehalte noch gross, beim Online-Shopping bargeldlos zu bezahlen. Üblicherweise kann man aus mehreren Bezahlsystemen wählen. Fast die Hälfte aller Nutzer bevorzugt aber eine kommune Rechnung – und bezahlt erst nach Erhalt der Lieferung.
Vorbehalte im Online-Shopping sind noch gross
Nur jeder Fünfte ist bereit, einem Online-Anbieter seine Kreditkartendaten preiszugeben. Und noch etwas weniger vertrauen PayPal, dem ersten Online-Bezahlsystem. Denn PayPal wurde in jüngster Vergangenheit relativ häufig Ziel von Phishing-Angriffen. Darunter versteht man Versuche, über gefälschte Websites oder E-Mails an persönliche Daten eines Internet-Nutzers zu gelangen – um diesen letztlich zu schädigen.
«Bieten Onlineshops keine verschiedenen Zahlungsmöglichkeiten an, sollte man vorsichtig sein und präventiv einen anderen Anbieter wählen», rät Konsumentenschützerin Sara Stalder: «Die sicherste Art ist und bleibt aber die Rechnung. Und die unsicherste die Vorauskasse.» Bares ist halt doch Wahres.
| Bargeld | Plastikgeld | Kontaktlos Zahlen |
+ | Privatsphäre ist garantiert. | Einsatz fast universal. | Ist schnell und bequem. |
+ | Eine liebe Gewohnheit und eine einfache Zahlungsmethode ohne grosse Zusatzkosten. | Macht Online-Bestellungen schnell und einfach. | Erleichtert Einkäufe im Wert von bis zu 40 Franken (höhere Beträge verlangen einen Pin). |
+ | | Bietet weitgehende Sicherheit und kleineres Risiko bei Verlust (durch Sperren der Karte). | |
+ | | Ermöglicht Reisen mit wenig Bargeld. | |
– | Das Verlust- oder Diebstahl-risiko ist gross. | Höhere Gebühren, der Aufwand für Technik und Sicherheit ist hoch. | Geht die Karte verloren, können andere damit bezahlen (bis zur Höhe der Limite). |
– | In der digitalen Welt taugt es kaum. | Anfällig auf technische Störungen (Geräte). | Schränkt unsere Privatsphäre ein (digitale Spuren). |
– | Es fallen Handling-Kosten an (SNB, Banken, Handel). | Wir hinterlassen digitale Spuren. | |
– | Ist schmutzig und unhygienisch (Bakterien). | Ist Phishing-Anschlägen ausgesetzt. | |
– | | Die teils hohen Limiten können zur Schuldenfalle werden. | |