Sie beschäftigen sich im SonntagsBlick Magazin mit den Problemen der Schweizer. Jetzt fragen wir: Herr Meyer, was ist eigentlich Ihr Problem?
Thomas Meyer: Ich habe mich im Januar getrennt und wohne jetzt wieder alleine. Das beschäftigt mich gerade sehr. Aber nicht im negativen Sinn, sondern im bewältigenden: Warum ist es so weit gekommen? Was habe ich dazu beigetragen? Es ist leicht, dem anderen die Schuld zu geben. Dabei ist doch vielmehr die Frage zu klären, wa-rum man sich genau diesen Menschen ausgesucht hat. Was habe ich in ihm gesehen? Was habe ich übersehen? Warum?
Muss man eine Beziehung danach immer so analysieren?
Wäre schon gut. Viele wollen sich nicht mit diesen unangenehmen Gefühlen auseinandersetzen. Ich verstehe jeden, der ausweicht. Ich schaue auch lieber Netflix, als dass ich mich mit meiner Trauer konfrontiere. Und den Verletzungen und Ängsten aus meiner Kindheit, die mein Verhalten prägen.
Haben Sie die Hoffnung auf eine gute Partnerschaft verloren?
Natürlich nicht! Es hat einfach nicht gepasst. Diese Einsicht ist immer niederschmetternd. Mir geht es jetzt darum herauszufinden, was ich beim nächsten Mal besser machen kann, und all meine Gefühle zuzulassen und zu verarbeiten. Meine nächste Freundin hat es verdient, auf einen maximal auf-geräumten, reflektierten Herrn Meyer zu treffen.
Das klingt, als ob es schon jemand Neues gibt!
Mal schauen.
Bleiben wir vorerst bei Ihrer letzten Trennung. Was haben Sie gelernt?
Erstens, dass es schön ist, wenn zwei Menschen es miteinander probieren. Zweitens, dass man sehr genau hinsehen muss, bevor man sich ernsthaft einlässt. Man muss offen miteinander reden. Leider vermeiden wir das oft und stellen uns möglichst attraktiv dar. Man trifft sich ja nicht zum ersten Date in einer Bar und sagt: Hallo, ich bin der Thomas, und das ist mein seelischer Schaden.
Das wäre ehrlich.
Aber nicht sehr sexy.Das Gegenüber würde doch sofort aufstehen. Spätestens nach dem zehnten Date sollte man offen sagen, wer man ist, mit allem Drum und Dran. Das muss man natürlich auch erst mal sich selbst gegenüber tun. Immer wieder.
Wenn man Ihre Kolumnen liest, hat man das Gefühl, Sie haben alles im Griff, bei Ihnen läuft alles super …
(Lacht laut heraus.)
Es ist beinahe erleichternd, dass das nicht so ist. Sie geben Ratschläge zum Thema Beziehung und haben selbst gerade eine versemmelt.
Ich bin halt auch ein Mensch mit Schwächen, einer Vergangenheit und Ängsten. Ich mag ein scharfes Auge haben, aber bei einem selbst hilft das nicht viel. Da ist man seinen Gefühlen ausgeliefert. Wenn man jemanden gernhat, will man ja auch, dass er bei einem bleibt. Das ist eine grosse Gefahr.
Wieso?
Man schaut nicht mehr genau hin. Nicht auf die eigenen Bedürfnisse, nicht auf das Verhalten des anderen. Man wird sich untreu, lässt schnell zu viel zu, wenn man liebt.
«Meyer rät.» ab jetzt im Handel. Als Leser von Blick.ch oder des SonntagsBlick können Sie das neue Buch «Meyer rät.» des «Wolkenbruch»-Autors Thomas Meyer zum Vorzugspreis von 22 statt 29 Franken (plus Versandgebühr B-Post 6.10 Fr., kostenloser Versand ab Bestellwert 50 Fr.) bestellen.
Bestellen Sie jetzt Ihr Exemplar unter: www.beobachter.ch/blick-leserangebot
Buchvernissage, 29. April, 19 Uhr im Kosmos in Zürich, Eintritt gratis, www.kosmos.ch
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Viele fragen sich, wo die Fragen Ihrer Kolumne herkommen.
Es gibt Zuschriften an die Redaktion oder direkt an mich. Vieles stammt aus persönlichem Erleben oder Miterleben. Und manches wird mir erzählt.
Sie haben für alles immer einen Rat. Warum ist Ihre Kolumne so beliebt?
Mein Anspruch ist, nicht nur zu analysieren, sondern auch etwas Versöhnliches und Hilfreiches zu sagen. Es fällt leicht zu urteilen, aber es reicht nicht. Man muss auch Verständnis schaffen und eine Perspektive bieten. Ich glaube, meine Kolumne kommt deshalb gut an, weil sie dem Leser die Hand reicht. Sie sagt, was Sache ist, aber auch, wie es auf gutem Weg weitergehen kann. Ich habe eine Verantwortung gegenüber diesen Menschen und ihren Problemen.
Sie antworten aus Ihrer eigenen Erfahrung?
Ich bin 45 Jahre alt, ich habe sehr viel erlebt und viel darüber nachgedacht. Daraus schöpfe ich meine Überlegungen. Aber es gibt auch Fragen, die ich nicht beantworten kann. Juristische, zum Beispiel.
Warum schreiben Sie diese Kolumne? Sie könnten ja auch denken: Ist mir doch egal, was die Leute für Probleme haben.
Es ist mir aber nicht egal. Es war mir nie egal, wie es den Menschen um mich herum geht. Das macht mich auch zur leichten Beute von Bettlern, die mich immer schon von weitem ansteuern. Und von anderen Hilfesuchenden. Fremdes Leiden lässt mich nicht kalt, ich mache mir Gedanken dazu, seit ich mich erinnern kann.
Haben Sie mal überlegt, das Beratende zum Beruf zu machen?
Meine Kolumne hat schon zu diversen Coachings geführt. Seit ich das Buch «Trennt euch» geschrieben habe, ist das noch viel mehr ein Thema. Ich habe vor ein paar Monaten erfolgreich ein Paar getrennt. Es wünschte sich explizit, dass ich sie bei der Trennung begleite.
Sie kannten das Paar nicht?
Nein, sie kamen wegen der Kolumne. Ich habe auch sonst schon Leute getroffen deswegen oder Telefonate geführt. Ich habe aber einen Beruf, den ich sehr liebe. Ich will das Schreiben nicht eindämmen. Am Rand mache ich gern Beratungen, aber im Zentrum stehen die Bücher und die Kolumne für Sie.
Wie ist das für Sie, wenn Ihnen jemand per Mail sein Herz ausschüttet?
Dieses Vertrauen ist natürlich ein wunderbares Kompliment. Gleichzeitig ist es immer wieder erschütternd. Ich habe in den letzten fünf Jahren eine Reihe von Hardcore-Tragödien mitbekommen, die mich nachhaltig konsterniert haben. Es ist unfassbar, was die Menschen
einander antun.
Zum Beispiel?
Die Mutter eines kleinen Jungen schrieb mir, dass die Partnerin des Vaters diesem verbot, Kontakt zum Kind zu haben. Der Vater gehorchte. Die Frage lautete: Wie erkläre ich das dem Buben?
Liebe Community, mit was schlagen Sie sich in Ihren Leben ganz allgemein gerade rum? Erzählen Sie den Blick-Lesern und Kolumnist Thomas Meyer von Ihren Problemen in der Kommentarspalte.
Liebe Community, mit was schlagen Sie sich in Ihren Leben ganz allgemein gerade rum? Erzählen Sie den Blick-Lesern und Kolumnist Thomas Meyer von Ihren Problemen in der Kommentarspalte.
Was haben Sie geantwortet?
Es ist mir schwergefallen. Ich habe empfohlen, dem Kind zu sagen, dass das alles nichts mit ihm zu tun habe, sondern mit der Schwäche des Vaters, der genau gleich leide, aber nicht die Kraft habe, sich anders zu verhalten. Doch keine Worte werden einem solchen Drama gerecht. Für ein Kind muss es unerträglich sein, wenn ein Elternteil sich von ihm abwendet.
Sie bekommen viel positives Echo. Wie gehen Sie mit negativen Rückmeldungen um?
Grundsätzlich versuche ich jede Zuschrift zu beantworten. Auch die wenigen empörten. Aber da sind die Fronten oft nicht aufzuweichen. Die Meinungen sind meist gemacht. Meine ja auch.
Die Meinungen gingen auch arg auseinander, nachdem Sven Epiney seinem langjährigen Freund im TV einen Heiratsantrag gemacht hatte. Wie sehen Sie das?
Ich finde es faszinierend, dass Homosexualität immer noch ein solches Hallo verursacht. Letztlich geht es doch niemanden etwas an, mit wem jemand schläft, und besonders spannend ist es eigentlich auch nicht. Die Leute glauben immer noch, anderen vorschreiben zu können, wie sie zu leben haben. Es gibt viele, die es als Selbstverwirklichungstrip abtun, wenn eine Mutter arbeiten geht. In vielen Köpfen herrschen immer noch die Sechzigerjahre.
Was dachten Sie, als Ihr Film «Wolkenbruch» beim Schweizer Filmpreis nicht abräumte?
Cool für Antoine Russbach, dass er in so jungen Jahren einen solchen Erfolg erzielt. Das freut mich für ihn. Ich habe «Ceux qui travaillent» allerdings nicht gesehen. Tatsächlich haben nur rund 4300 Leute den Film gesehen.
Was wollen Sie uns damit sagen?
Mich überrascht es nicht, dass die Publikumserfolge «Wolkenbruch» und «Zwingli» praktisch leer ausgegangen sind. Hierzulande macht ein kommerzieller Erfolg viele Leute skeptisch. Sie sehen dann auf das Werk herab, weil es «den Massen» gefällt, und weil sie sich nicht dazuzählen, distanzieren sie sich dünkelhaft. Bei Martin Suter ist es auch so. Er schreibt grossartig und hat Erfolg damit, was aber viele veranlasst, seine Bücher zu «Mainstream» abzuwerten. Ich verstehe das nicht. Es ist doch toll, wenn jemand etwas macht, das vielen Menschen gefällt.
Sie schreiben gerade die Fortsetzung Ihres Erfolgsromans. Im Oktober erscheint das Buch mit dem Titel «Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin». Wie weit sind Sie mit dem Roman?
Ich bin in der Schlussphase des Romans. Und quäle mich. Ich habe jetzt schon die dritte Idee für das Ende verworfen. Man muss immer offen bleiben für das Bessere, bis zum Schluss.
Worum geht es?
Um die jüdische Weltverschwörung, die tatsächlich existiert, aber völlig stümperhaft umgesetzt wird. Um die Hauptfigur Motti, der Teil davon wird und der das Ruder übernimmt. Und um eine Gruppe von Nazis, die ebenfalls die Welt erobern wollen. Darum kreisen aktuelle Themen wie der Hass im Netz, Troll-Farmen, Fake News, Amokläufe und Verschwörungstheorien.
Keine Schicksen?
Doch, eine Nazi-Agentin.
Und zwischen Motti und ihr bahnt sich was an?
Ja, sie verlieben sich. Schon wieder eine Schickse! Seine Mama hat gar keine Freude.
Apropos verlieben ...
... na gut, ich habe jemanden kennengelernt. Sie ist aber derzeit auf Reisen. Was aus uns wird, zeigt sich, wenn sie wieder zurück ist.
Thomas Meyer wurde 1974 in Zürich geboren und wuchs in Mellingen AG und Wädenswil ZH auf. Nach drei Semestern Jura-Studium wurde er Junior Texter in einer Werbeagentur. 2006 machte er sich als Autor und Texter selbständig. 2012 veröffentlichte Meyer seinen Debütroman «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse». Es folgten weitere Bücher. Seit 2014 schreibt Meyer die Kolumne «Meyer rät» für das Magazin des SonntagsBlick. 2018 wird «Wolkenbruch» (Drehbuch Meyer) zum erfolgreichsten Schweizer Film. Derzeit schreibt er am zweiten Teil des Romans. Thomas Meyer lebt in Zürich und hat einen Sohn (7).
Thomas Meyer wurde 1974 in Zürich geboren und wuchs in Mellingen AG und Wädenswil ZH auf. Nach drei Semestern Jura-Studium wurde er Junior Texter in einer Werbeagentur. 2006 machte er sich als Autor und Texter selbständig. 2012 veröffentlichte Meyer seinen Debütroman «Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse». Es folgten weitere Bücher. Seit 2014 schreibt Meyer die Kolumne «Meyer rät» für das Magazin des SonntagsBlick. 2018 wird «Wolkenbruch» (Drehbuch Meyer) zum erfolgreichsten Schweizer Film. Derzeit schreibt er am zweiten Teil des Romans. Thomas Meyer lebt in Zürich und hat einen Sohn (7).