«Mir wei nur e gueti Ziit ha und chli meh si als niemert.» Sätze wie dieser gehen Manuel Liniger alias Manillio (31) plötzlich durch den Kopf. Dann schreibt er sie sofort auf. Sprachbilder, Metaphern, schön formulierte Phrasen. So entstehen seine Songs. «Ich spreche über Themen, die mich beschäftigen», sagt Liniger. «So kann ich Dinge besser verarbeiten.» Er sinniert über das Leben, setzt sich mit dem Alltäglichen auseinander. Er hat eine sensible, zerbrechliche Art, Geschichten zu erzählen. Kaum ein anderer Rapper in der Schweiz kann so geschickt mit Worten umgehen wie Manillio.
Liniger sitzt in einer Bar in Zürich und redet leise. Er wirkt in sich gekehrt. «Auf der Bühne kommt eine andere Seite von mir zur Geltung. Dann bin ich Manillio.» Nervös ist er aber trotzdem vor jedem Auftritt. «Wenn nicht, würde etwas nicht stimmen.»
Sein viertes Studioalbum «Plus Minus» erscheint am 30. November – zweieinhalb Jahre nach seinem Riesenerfolg mit «Kryptonit». Dieses stieg auf Platz 1 der Schweizer Albumcharts ein, Manillio erhielt dafür den Energy Music Award. Und die Single «Monbijou» wurde zum Sommerhit.
Seinen besten Song hat er noch nicht geschrieben
Für das neue Album hat er mit einem Produzententeam gearbeitet. Zusammen haben sie an den Songs gefeilt. Fast wie eine Band. Ein Auf und Ab, die Stimmung im Team sei dementsprechend nicht immer gleich idyllisch gewesen. Doch ein einzelner Ton hätte gereicht, um den ganzen Raum mit positiver Energie zu füllen. «Ich bin eigentlich überhaupt nicht esoterisch, aber dieses Gefühl ist unglaublich», sagt der gelernte Polygraf.
Liniger steckt sich das Guetsli vom Kaffee seines Managers in den Mund und wirkt zufrieden. Diese positive Energie steckt jetzt in den Songs. Er ist stolz auf das, was er erschaffen hat. Ein Gefühl, dem er ständig hinterherjagt. Es hält ein Weilchen an, dann muss er einen neuen Song komponieren. «In der Musik sind die Möglichkeiten unendlich.» Man könne immer noch treffender, noch präziser werden. Und er ergänzt: «Der beste Song ist immer der, den man noch nicht geschrieben hat.»
Manillio hat in den letzten Jahren an allen grossen Festivals der Schweiz gespielt: Frauenfeld, St. Gallen, Gurten. Wer genau ihm zujubelt, interessiert ihn nur bedingt. Denn: «Sobald die Songs draussen sind, gehören sie der Welt», so Manuel Liniger. Er könne nicht beeinflussen, was mit ihnen geschehe, sie nähmen ihren eigenen Weg.
Schon als Kind hat Liniger Musik gemacht. Seine Kollegen haben angefangen zu freestylen, in Reimform zu improvisieren, er aber wollte zu Beginn nur DJ sein. Bald hat es auch ihn gepackt. Zuerst hat er nur für sich selbst geschrieben, dann für Freunde, heute für die Masse. Erklären, warum er Musik macht, kann er nicht. Sie stelle irgendwas mit ihm an. «Ich brauche die Musik, sie macht mich glücklich.»
Lo & Leduc waren grosse Unterstützung
Auch wenn er es liebt, als Manillio zu performen, ist er genauso gern Manuel Liniger. Das vermittelt er in der Single «Psst!» – ein Song, in dem er von seinem Leben als Rapper erzählt und den Stereotypen, mit denen er immer wieder konfrontiert wird. Zum Beispiel, dass er steinreich sei. Ist er nicht, trotz des Erfolgs. «Verglichen mit dem, was sich die Leute vorstellen, führe ich eigentlich ein Bünzli-Leben, entsorge Glasflaschen wie andere auch.»
Zehn Jahre nach seinem Debüt-Album war es höchste Zeit, mit langjährigen Weggefährten zu musizieren. Diese wählt der 31-Jährige gezielt aus. «Die Künstler sollen zu den Songs passen.» Im Lied «Supernintendo» schildert er, wie er mit dem Rappen begonnen hat. Und wie ihn diese Kultur sozialisiert hat. Auch dank des Schweizer Rappers Greis, welcher sein grosses Vorbild war. Deshalb arbeitet er mit ihm zusammen.
Auch seine langjährigen Freunde Lo & Leduc, die Shootingstars der Stunde, sind auf dem Album zu hören. Das Resultat: «Bon Appetit», ein Stimmungsmacher, in dem die drei über ihr Alter scherzen. Denn alt wird man im Rap normalerweise nicht, schon ab 30 wird es hierzulande schwierig. Die drei zeigen, dass es Ausnahmen gibt.
Sein Traum: Die Hauptbühne am Gurtenfestival
Manillio war auf die beiden nie eifersüchtig. Konkurrenz ist für ihn ein Fremdwort. Wegnehmen könne man sich nichts. Im Gegenteil. Sie würden voneinander profi tieren. Lo & Leduc waren öfters bei Liniger im Studio, haben sich seine Songs angehört und Feedback gegeben. «So was ist nicht selbstverständlich», sagt der Solothurner.
Er arbeitet selbst gerne mit Newcomern und unterstützt sie. Deshalb auch das Feature mit Cobee, einem junger Rapper aus Bern. Seine Stimme ist auf «180kmh» zu hören – ein getriebener Lovesong. Sie singen Sätze wie «180 kmh fahri mit dir dur d Nacht». Dabei kann Liniger gar nicht Auto fahren. «Ich nehme jetzt aber Fahrstunden.» Letzte Woche war er zum ersten Mal auf einer richtigen Strasse unterwegs. Aber um einiges langsamer.
Die Platte endet mit dem Track «Minus». Wortwörtlich: «Alles het es Endi», so Linigers Worte. Er denkt aber nicht ans Aufhören. Nicht solange er sich noch weiterentwickeln kann. Und auch, weil er noch ein grosses Ziel hat: als Hauptact auf der Hauptbühne am Gurtenfestival zu spielen.
Erst einmal ist er aber im Bierhübeli in Bern zu Gast. Dort findet am 26. Januar die Plattentaufe statt. Ein Ort, an den er gerne zurückkehrt. Als Knirps besuchte er dort sein erstes Rap-Konzert. Sein Vater, der als Journalist über den Event berichtete, nahm ihn mit. Auf der Bühne: Freundeskreis und im Vorprogramm Double-Pact, die ehemalige Gruppe von Rapper Stress. Nun steht er selbst auf dieser legendären Bühne.
Manillio , «Plus Minus» (Universal Music ), erhältlich ab dem 30. November. Die Plattentaufe findet am 26. Januar 2019 im Bierhübeli in Bern statt.
Der Basler Black Tiger gilt als erster Mundart-Rapper der Schweiz. 1991 reimte er in Baseldeutsch auf dem Album «Murder by Dialext». Fast zeitgleich begann auch der Zürcher E.K.R. auf Schweizerdeutsch – er gilt bis heute als der grosse Übervater der Deutschschweizer Hip-Hop-Szene. Zur Gründer-Generation gehören auch Bligg ’n’ Lexx – aus der Zürcher Kombo entsprang Bligg, heute einer der grössten Popstars im Land. Seit rund fünf Jahren erlebt Schweizer Rap eine neue Blütezeit. Die wohl erfolgreichsten Rapper sind Lo & Leduc, die der traditionsreichen Berner Hip-Hop-Szene entspringen, zu denen Baze, Greis und Wurzel 5 zählen. Doch neben den poppigen Lo & Leduc feiern auch junge, wilde Untergrundkünstler Erfolge: zum Beispiel die Berner Gruppe S.O.S.
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