Immer mehr Erwachsene lernen ein Instrument
Bye-bye, Blockflöte!

In der Schweiz spielt jeder Sechste ein ­Instrument. Immer mehr Erwachsene fangen neu damit an. Eine von Blockflöte ­traumatisierte Generation erobert sich die Lust an der Musik zurück.
Publiziert: 22.10.2018 um 17:12 Uhr
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Aktualisiert: 22.10.2018 um 17:15 Uhr
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Barbara Felber (40) aus Kriens LU spielt seit einem Jahr Gitarre.
Foto: STEFAN BOHRER
Jonas Dreyfus

Gerade erzählte sie noch, wie schwer sich Berufsleben und Familie vereinbaren lassen. Sie machte Kaffee, wischte den Tisch ab, telefonierte und drückte jemandem auf, der an der Haustür geklingelt hatte.

Jetzt sitzt Barbara Felber (40), Pflegefachfrau und Mutter zweier Kinder, mit ihrer Gitarre auf einem Stuhl und ist eine andere Person. Ihr Lächeln ist weg, ihr Gesichts­ausdruck konzentriert. Sie drückt und zupft die Saiten. «Au clair de la lune» heisst das Lied, das sie spielt. Ein kindliches. Doch die plötzliche Ernsthaftigkeit dieser gerade noch mädchenhaften Frau lässt leer schlucken.

Musizierende Menschen wirken oft so: in sich gekehrt. Wer zuschaut, hat das Gefühl, ­einem ­intimen Moment beizuwohnen.

Wir sind ein Land der Musikanten. Gemäss einer Erhebung des Bundesamts für Statistik spielt ­jeder sechste Schweizer ein Instrument. 70 Prozent der Musizierenden sind über 30 Jahre alt. Immer mehr Erwachsene beginnen neu.
Auch Barbara Felber besuchte erst vor einem Jahr ihre erste Gitarrenstunde. Bis 15 spielte sie Flöte, doch dann machte sie eine Ausbildung, wollte reisen. «Ausserdem hatte ich keine Lust mehr. Ich hatte eine altmodische Lehrerin, die uns nur klassische Lieder spielen liess. Das Mädchen, mit dem ich gemeinsam in die Stunde ging, war immer besser als ich. Das war auch nicht unbedingt motivierend.»

Damit ging es ihr wie vielen ­Erwachsenen. Sie wurden als ­Kinder und Jugendliche in einen standardisierten, von Blockflöte dominierten Musikunterricht hineingepresst, der ihnen spätestens als jungen Erwachsenen nicht mehr entsprach. Wollten sie dafür auch noch selbst bezahlen? Auf ­keinen Fall!

Eine Frage, die sich Fagottistin Barbara Seitz (58) in ihrer Jugend gar nicht erst zu stellen brauchte. Sie wuchs in einer Zeit auf, als sich Musikschulen erst etablierten. Bis in die 60er-Jahre war das Musizieren ­eine elitäre Sache.
Auch später konnten es sich nur wenige leisten. Dass Seitz erst als 50-Jährige mit Fagott begann, hat nicht nur mit dem Preis des Instruments zu tun. Mädchen spielten Geige, Klavier, Harfe. Aber sicher kein kiloschweres Blasinstrument.

«Noch nie hatten Menschen über 50 so viele Möglichkeiten, ihre ­Freizeit zu gestalten, wie heute», sagt Daniel Allenbach (37), wissenschaftlicher Mitarbeiter der Hochschule der Künste Bern.
Er gehört zu einem Team, das im Rahmen einer Studie mit 43 Per­sonen ausführliche Interviews zu den Freuden und Leiden des Instrumentalunterrichts im fortgeschrittenen Alter führte. «Sie fühlen sich fit und haben endlich die Zeit und die finanziellen Mittel, sich ihre ­Träume zu erfüllen.»

Dass Musizieren Glücksgefühle auslöst – darüber sind sich die Inter­viewten einig. Gleichzeitig sind viele wahnsinnig kritisch mit sich selbst. Barbara Seitz zierte sich, dem Journalisten etwas auf ihrem Fagott vorzuspielen. Dem Fotografen fürs Bild erst recht. Es sehe einfach nicht schön aus im ­Gesicht, sagte sie.

Selbstbild und Fremdbild unterscheiden sich

«Die Angst, sich zu blamieren, ist gross», sagt Allenbach. Dabei ­reagiere das Umfeld meist mit Bewunderung. «Die Kollegen sagen: Toll, dass du es wagst!»

Inzwischen bietet die Hochschule der Künste Bern eine Weiterbildung an, die Lehrpersonen für die neue, ältere Schülerschaft wappnet, genauso wie Hochschulen in Luzern und Basel.

Auch die rund 400 Musikschulen in der Schweiz beginnen das Potenzial der neuen Zielgruppe zu erkennen und lockern ihre Alterslimiten für Einsteiger, die vielerorts bei 20 Jahren liegen.

Das Problem bei Musikschulen: Sie eignen sich nur für Berufs­tätige, die sich an die offiziellen ­Semesterzeiten halten können. Plus: Erwachsene geben sich selten mit der erstbesten Lehrperson ­zufrieden, die man ihnen zuteilt. Hier kommt Siro Müller (37) ins Spiel.

Der Zürcher gründete 2012 mit einem Geschäftspartner Instrumentor – eine Firma, die Erwachsene, die ein Instrument spielen ­wollen, mit den passenden Lehrern zusammen­bringt. Lehrern, die regelmässig auf der Bühne stehen – sei es in einer Band, in einem ­Ensemble oder Solo.

Es geht darum, eine Art Mentor zu haben, den man live sehen und mit dem man sich identifizieren kann. So will man vermeiden, dass zum Beispiel ein Klassik-­­Spe­zialist einen Blues-Liebhaber unterrichtet.

Siro Müller unterrichtet selbst Schlagzeug und ist Mitglied einer Indie-Pop-Band. Mehr als 6000 Personen mit einem Durchschnitts­alter von rund 35 Jahren hat seine Firma bereits vermittelt.

Die Nachfrage ist bei Menschen gross, die einen Ausgleich zum hektischen Berufsalltag suchen. Menschen wie der Banker Chris Rutishauser (42), der bei Müller selbst in die Stunden geht.

Kaderangestellte sind es sich oft nicht gewohnt, dass ihnen etwas nicht auf Anhieb gelingt. Sie sind schneller frustriert als andere. Der Vorteil, wenn Erwachsene in den Musikunterricht gehen: Sie tun es freiwillig und nicht, weil ihre Eltern es wollen.

Musik kann uns ins Schwitzen bringen

Wer als Kind ein Instrument spielte, weiss: Der Ehrgeiz, etwas zu beherrschen, wird mit zunehmendem Alter nicht kleiner. Sich mit einem Kinderlied abzumühen, kann für einen Erwachsenen dementsprechend demütigend sein.
Vielleicht ist Perfektion bei diesem Hobby aber gar nicht so wichtig. Schliesslich regt Musik Hirnareale an, in denen unsere Emotionen ­entstehen. Schon einfache Melo­dien können dafür sorgen, dass wir Gänsehaut kriegen oder Schmerz weniger stark wahrnehmen. Sie können uns ins Schwitzen bringen oder uns tief durchatmen lassen. Wer Musik macht, tut sich im ­Moment etwas Gutes. Ob Zuhören dabei ein ­Genuss ist, spielt keine Rolle.

«Ich habe es mir leichter vorgestellt»

Vor einem Jahr hörte ich auf zu arbeiten. Ich bin Pflegefachfrau – die ­unregelmässigen Arbeitszeiten, die Nachtarbeit und Wochenendschichten liessen sich nicht mehr mit dem Familienleben mit zwei Kindern vereinbaren. Dafür hatte ich jetzt plötzlich Zeit, ein ­Instrument zu spielen.

Mich hat Gitarre schon ­immer fasziniert. Wenn wir im Blauring-Lager Lieder wie ‹Country Roads› sangen, ­bewunderte ich die Person, die uns mit Gitarre begleitete. ­Meine Tante vermachte mir ihr Instrument. Heute nehme ich ein Mal pro Woche Einzelunterricht an der Musikschule Kriens.

Als Pflegefachfrau musste ich mich um andere kümmern, das Musizieren mache ich nur für mich. Es erfordert volle Konzentration, ich vergesse alles um mich herum. Nach 25 Minuten Üben ermüde ich und höre auf.

Die Noten vom Blatt auf die Gitarre zu bringen, braucht viel Koordination. Mit den Fingern der linken Hand muss ich die ­richtige Saite an der richtigen ­Stelle drücken und mit den Fingern der rechten Hand die richtige Saite zupfen. Ich habe es mir ehrlich ­gesagt leichter ­vorgestellt.

Wenn ich etwas Neues beginne, klingt das immer fürchterlich, und ich bin sehr langsam. Es motiviert mich in diesem Moment, wenn ich in meinem Notenheft zurückblättere und mir all die Stücke ansehe, die ich bis vor kurzem noch wahn­sinnig schwierig fand.

Als Kind gehst du viel unverkrampfter an solche Sachen ­heran, hast nicht so hohe ­Ansprüche an dich selbst. ­Trotzdem gehöre ich nicht zu den Erwachsenen, die es bereuen, nicht schon immer ein Instrument gespielt zu haben.

Bis 15 spielte ich noch Flöte. Als Jugendliche hatte ich ­andere Interessen, wollte ­reisen, eine Ausbildung ­machen. Zu üben und in die Stunden zu gehen – das lag ­einfach nicht drin.

Gerade übe ich erstmals ein zweistimmiges Stück. Davon hätte ich vor einem Jahr nicht einmal zu träumen gewagt.»

Vor einem Jahr hörte ich auf zu arbeiten. Ich bin Pflegefachfrau – die ­unregelmässigen Arbeitszeiten, die Nachtarbeit und Wochenendschichten liessen sich nicht mehr mit dem Familienleben mit zwei Kindern vereinbaren. Dafür hatte ich jetzt plötzlich Zeit, ein ­Instrument zu spielen.

Mich hat Gitarre schon ­immer fasziniert. Wenn wir im Blauring-Lager Lieder wie ‹Country Roads› sangen, ­bewunderte ich die Person, die uns mit Gitarre begleitete. ­Meine Tante vermachte mir ihr Instrument. Heute nehme ich ein Mal pro Woche Einzelunterricht an der Musikschule Kriens.

Als Pflegefachfrau musste ich mich um andere kümmern, das Musizieren mache ich nur für mich. Es erfordert volle Konzentration, ich vergesse alles um mich herum. Nach 25 Minuten Üben ermüde ich und höre auf.

Die Noten vom Blatt auf die Gitarre zu bringen, braucht viel Koordination. Mit den Fingern der linken Hand muss ich die ­richtige Saite an der richtigen ­Stelle drücken und mit den Fingern der rechten Hand die richtige Saite zupfen. Ich habe es mir ehrlich ­gesagt leichter ­vorgestellt.

Wenn ich etwas Neues beginne, klingt das immer fürchterlich, und ich bin sehr langsam. Es motiviert mich in diesem Moment, wenn ich in meinem Notenheft zurückblättere und mir all die Stücke ansehe, die ich bis vor kurzem noch wahn­sinnig schwierig fand.

Als Kind gehst du viel unverkrampfter an solche Sachen ­heran, hast nicht so hohe ­Ansprüche an dich selbst. ­Trotzdem gehöre ich nicht zu den Erwachsenen, die es bereuen, nicht schon immer ein Instrument gespielt zu haben.

Bis 15 spielte ich noch Flöte. Als Jugendliche hatte ich ­andere Interessen, wollte ­reisen, eine Ausbildung ­machen. Zu üben und in die Stunden zu gehen – das lag ­einfach nicht drin.

Gerade übe ich erstmals ein zweistimmiges Stück. Davon hätte ich vor einem Jahr nicht einmal zu träumen gewagt.»

«Ich begreife, was mein Vater meinte»

«Ich sage zum Spass: ‹Männer legen sich mit 50 eine neue Frau oder eine Harley zu. Ich entschloss mich, ein neues ­Instrument spielen zu lernen.› Weil ich tiefe Töne liebe, fiel meine Wahl aufs Fagott. Es ist anders als alles, was ich in meinem Leben musikalisch gemacht habe. Früher spielte ich Flöte und sang Sopran. Dann kam ein ­Schicksalsschlag – eine unserer beiden Töchter brachte ein herzkrankes Kind zur Welt. Ich hütete es oft, damit sie ihre Ausbildung ­abschliessen konnte. Danach brauchte ich eine ­Ver­änderung.

Bei Flöten werden die Töne tiefer, je mehr Löcher die Finger nach ­unten verschliessen. Beim Fagott befindet sich im unteren Teil, dem Stiefel, eine Röhre, die hinuntergeht und dann wieder hoch. Damit die tiefen Töne entstehen, müssen Löcher in entgegen­gesetzter ­Richtung geöffnet ­werden. Das erfordert einiges an ­Umdenken.
Das Mundstück ist klein und dünn. Man kann sich vorstellen, wie viel Luftdruck nötig ist, um über das Röhrchen dieses grosse Instrument zum Schwingen zu bringen. Es wiegt 3,3 Kilo. Mit dem Koffer und all meinen Sachen bin ich bei 10 Kilo. Die ziehe ich dann auf ­Rollen durch die Gegend.

Gleich in der ersten Stunde sagte ich zu meiner Lehrerin: ‹Wenn ich heute dem Instrument nicht mehr als fünf Töne entlocken kann, höre ich gleich wieder auf.› Als ich ­sogar eine ganze Tonleiter schaffte, war ich ganz angetan.

Mein Mann und ich sind in ­Süddeutschland aufgewachsen und leben schon seit 30 Jahren in der Schweiz. Mein Vater sagte ­früher zu mir: ‹Du hast nie mehr wieder so viel Zeit für ein Instrument wie jetzt.› Als Kind habe ich das nicht begriffen, heute schon. Als Erwachsenem kommen einem so oft Dinge dazwischen. Trotzdem versuche ich, jeden Tag zu üben, ein Mal pro Woche gehe ich in die Stunde. Man sollte schon alle Intensität aufbringen, wenn man als Erwachsener neu ein Instrument lernen will. Ich bin stolz, die erste Fagottistin in der Familie zu sein. Die Instrumente, die man spielt, sind einem sehr nahe. Man wird eins mit ­ihnen.»

«Ich sage zum Spass: ‹Männer legen sich mit 50 eine neue Frau oder eine Harley zu. Ich entschloss mich, ein neues ­Instrument spielen zu lernen.› Weil ich tiefe Töne liebe, fiel meine Wahl aufs Fagott. Es ist anders als alles, was ich in meinem Leben musikalisch gemacht habe. Früher spielte ich Flöte und sang Sopran. Dann kam ein ­Schicksalsschlag – eine unserer beiden Töchter brachte ein herzkrankes Kind zur Welt. Ich hütete es oft, damit sie ihre Ausbildung ­abschliessen konnte. Danach brauchte ich eine ­Ver­änderung.

Bei Flöten werden die Töne tiefer, je mehr Löcher die Finger nach ­unten verschliessen. Beim Fagott befindet sich im unteren Teil, dem Stiefel, eine Röhre, die hinuntergeht und dann wieder hoch. Damit die tiefen Töne entstehen, müssen Löcher in entgegen­gesetzter ­Richtung geöffnet ­werden. Das erfordert einiges an ­Umdenken.
Das Mundstück ist klein und dünn. Man kann sich vorstellen, wie viel Luftdruck nötig ist, um über das Röhrchen dieses grosse Instrument zum Schwingen zu bringen. Es wiegt 3,3 Kilo. Mit dem Koffer und all meinen Sachen bin ich bei 10 Kilo. Die ziehe ich dann auf ­Rollen durch die Gegend.

Gleich in der ersten Stunde sagte ich zu meiner Lehrerin: ‹Wenn ich heute dem Instrument nicht mehr als fünf Töne entlocken kann, höre ich gleich wieder auf.› Als ich ­sogar eine ganze Tonleiter schaffte, war ich ganz angetan.

Mein Mann und ich sind in ­Süddeutschland aufgewachsen und leben schon seit 30 Jahren in der Schweiz. Mein Vater sagte ­früher zu mir: ‹Du hast nie mehr wieder so viel Zeit für ein Instrument wie jetzt.› Als Kind habe ich das nicht begriffen, heute schon. Als Erwachsenem kommen einem so oft Dinge dazwischen. Trotzdem versuche ich, jeden Tag zu üben, ein Mal pro Woche gehe ich in die Stunde. Man sollte schon alle Intensität aufbringen, wenn man als Erwachsener neu ein Instrument lernen will. Ich bin stolz, die erste Fagottistin in der Familie zu sein. Die Instrumente, die man spielt, sind einem sehr nahe. Man wird eins mit ­ihnen.»

«Ich habe einen Rock-Background»

Die meisten reagieren ­erstaunt, wenn sie erfahren, dass ich mit Schlagzeug angefangen habe. Ich bin keine laute Person, arbeite als Kundenberater bei einer Bank und habe einen kopflastigen Job, bei dem ich mich sehr konzentrieren muss. Das ­Instrument ist ein guter Aus gleich. Genauso wie das Golfen. Dort kann ich mich aber weniger gut austoben als beim Drummen.

Angefangen hat alles mit einem Youtube-Video von 1000 Musikern, die irgendwo in Italien das Lied «Learn to Fly» von den Foo Fighters nachspielen. Das hat mich extrem fasziniert. Ich dachte: So etwas muss ich auch können.

Ich komme aus einer eher sport­lichen als musikalischen Familie. Meine Eltern wollten zwar, dass ich Blockflöte spiele, doch nach ­einem kurzen Versuch, mich dafür zu begeistern, gaben sie auf. Als ich vor drei Jahren mit Schlagzeug anfing, hatte ich 30 Jahre kein ­Instrument mehr gespielt.

Es braucht viel Koordination, du bist links, rechts, unten und oben gleichzeitig am Spielen. Wenn ich einen strengen Tag hatte, funk tioniert das nicht so gut. Deshalb übe ich oft am Wochenende.

Mein Lehrer legt viel Wert darauf, dass ich zu Musik spielen kann, die ich auch privat höre. Ich lasse also auf dem Kopfhörer einen Song laufen und begleite ihn mit dem Schlagzeug. Im Moment ist es – das traue ich mich fast nicht zu sagen – die Ballade «We Are the World» aus den 80ern. Sie hat ein langsames Tempo, bei dem ich gut mitkomme.

Ich habe einen Rock-Background, liebe Bands wie Pearl Jam. Der Song «Alive» ist für mich ein Meilenstein in der Musik­geschichte. Jazz ist absolut nicht mein Ding. Das macht mich ­nervös.

Ich habe schon sehr grosse ­Fortschritte gemacht und kann Lieder ab Blatt spielen, die ich noch nie gesehen habe.

Weil ich mein Schlagzeug in der Wohnung stehen habe, ist es ein elektronisches. Ich höre den Klang über die Kopfhörer, von aussen hört man nur ein dumpfes ­Trommeln. Mein Nachbar hat mich gefragt, ob ich meine Turnschuhe in der Waschmaschine wasche.»

Die meisten reagieren ­erstaunt, wenn sie erfahren, dass ich mit Schlagzeug angefangen habe. Ich bin keine laute Person, arbeite als Kundenberater bei einer Bank und habe einen kopflastigen Job, bei dem ich mich sehr konzentrieren muss. Das ­Instrument ist ein guter Aus gleich. Genauso wie das Golfen. Dort kann ich mich aber weniger gut austoben als beim Drummen.

Angefangen hat alles mit einem Youtube-Video von 1000 Musikern, die irgendwo in Italien das Lied «Learn to Fly» von den Foo Fighters nachspielen. Das hat mich extrem fasziniert. Ich dachte: So etwas muss ich auch können.

Ich komme aus einer eher sport­lichen als musikalischen Familie. Meine Eltern wollten zwar, dass ich Blockflöte spiele, doch nach ­einem kurzen Versuch, mich dafür zu begeistern, gaben sie auf. Als ich vor drei Jahren mit Schlagzeug anfing, hatte ich 30 Jahre kein ­Instrument mehr gespielt.

Es braucht viel Koordination, du bist links, rechts, unten und oben gleichzeitig am Spielen. Wenn ich einen strengen Tag hatte, funk tioniert das nicht so gut. Deshalb übe ich oft am Wochenende.

Mein Lehrer legt viel Wert darauf, dass ich zu Musik spielen kann, die ich auch privat höre. Ich lasse also auf dem Kopfhörer einen Song laufen und begleite ihn mit dem Schlagzeug. Im Moment ist es – das traue ich mich fast nicht zu sagen – die Ballade «We Are the World» aus den 80ern. Sie hat ein langsames Tempo, bei dem ich gut mitkomme.

Ich habe einen Rock-Background, liebe Bands wie Pearl Jam. Der Song «Alive» ist für mich ein Meilenstein in der Musik­geschichte. Jazz ist absolut nicht mein Ding. Das macht mich ­nervös.

Ich habe schon sehr grosse ­Fortschritte gemacht und kann Lieder ab Blatt spielen, die ich noch nie gesehen habe.

Weil ich mein Schlagzeug in der Wohnung stehen habe, ist es ein elektronisches. Ich höre den Klang über die Kopfhörer, von aussen hört man nur ein dumpfes ­Trommeln. Mein Nachbar hat mich gefragt, ob ich meine Turnschuhe in der Waschmaschine wasche.»

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