Sie ist Gründerin der Impulse Gallery in Luzern, Künstlerin, Ehefrau und Mutter von drei Söhnen – Claudia Limacher (56) ist eine Frau mit vielen Talenten. Als wir sie in ihrem Haus in Meggen LU erreichen, kommt sie gerade aus ihrem 200 Quadratmeter grossen Atelier – ein Ort voller Farbe und Chaos, wie sie schmunzelnd gesteht.
«Wenn ich aufstehe, schlüpfe ich als Erstes in meine Farbklamotten und gehe auf direktem Weg in mein Studio, um zu malen. Gut, zuerst gibt es noch einen Kaffee», erzählt die gebürtige Deutsche lachend. Zum Glück seien alle ihre Männer ja schon relativ selbstständig, warum sie auch mehr Zeit für sich und ihre Eingebungen hat. «Die habe ich meistens in der Nacht, warum ich mich morgens auch immer sehr inspiriert fühle.»
Nachmittags findet man Limacher zusammen mit dem Galeriehund Sunny dann – in anderer Kleidung ohne Farbflecken – in der Impulse Gallery an der Luzerner Haldenstrasse. Die Galerie hat sie inmitten der Pandemiezeit eröffnet. «Ich habe es als Herausforderung gesehen. Rückblickend hätte es nicht besser laufen können – es war das beste erste Jahr überhaupt!», freut sich die Künstlerin.
Es sei die Balance zwischen dem Introvertierten – morgens alleine im Studio Energie tanken können – und dem Extrovertierten – nachmittags in der Galerie unter Leuten –, was sie so sehr erfülle. «Ich liebe und brauche beides und bin zurzeit einfach sehr glücklich.»
Ein Leben in Farben
Limachers Leidenschaft fürs Malen entfachte vor etwa zehn Jahren, als sie das Studio eines professionellen Malers betrat. «Ich konnte anschliessend einfach nicht mehr aufhören zu malen – es wurde zu einer Art Sucht. Für mich war das eine magische Begegnung», erinnert sich die Galerie-Inhaberin.
Der Schlüsselsatz, den Limacher endgültig zur beruflichen Umorientierung brachte, kam aus dem Mund ebendieses Künstlers: «Wenn du weitermachen willst, dann finde einen Ort, wo du nicht aufräumen musst!» Also suchte sie sich ein Atelier, wo sie arbeiten konnte, ohne anschliessend aufräumen zu müssen. «Es stellte sich ein Gefühl von Freiheit in mir ein. Ich konnte diesen Funken von Leidenschaft das erste Mal richtig ausleben.»
Limachers beruflicher Hintergrund ist eigentlich ein ganz anderer. 20 Jahre lang lebte sie in Kalifornien, wo sie ihren Master of Business Administration abschloss und zusammen mit ihrem Mann eine eigene Beratungsfirma aufbaute. Hobbymässig hatte die passionierte Künstlerin aber schon immer gemalt. «Seit ich denken kann, waren Farben ein wichtiges Thema für mich. Ich bin Synästhesistin, was heisst, dass ich die Sinne vermische und im Grunde alles in Farben sehe. Jeder Name, jeder Wochentag, jede Zahl – alles hat für mich eine Farbe», führt Limacher aus. Auch Musik sieht die dreifache Mutter bunt, weshalb sie als Hobby auch Klavier spielt.
Gefühl von Freiheit
Wenn Limacher malt, dann verwendet sie eine Misch-Technik, bei der sie die verschiedensten Materialien verwendet. «Ich benutze Acryl, Sprühfarbe, freie Pigmente – sodass ich auch selber meine eigene Farbe mischen kann –, Öl, Aquarell, Tusche. Es gibt eigentlich nichts, was ich nicht benutze.»
Beim Malen geben bei Limacher dann die Farben den Ton an: «Ich gehe nicht mit einer konkreten Intention heran, sondern es ist mehr ein intuitiver Prozess, der freie und unvorhersehbare Bilder hervorbringt.» Diese freie Art zu arbeiten, fasziniert die aus dem Ruhrgebiet stammende Künstlerin besonders. Den Betrachterinnen und Betrachtern ihren Werken will sie genau dieses Gefühl von Freiheit vermitteln. Daher auch der Name ihrer Ausstellung «Feeling Free», die im vergangenen Frühling in der Impulse Gallery zu sehen war. «Wir sind im alltäglichen Leben ständig mit irgendwelchen Grenzen konfrontiert, in der Kunst sollten wir uns frei und inspiriert fühlen können.»
Es gibt aber durchaus genügend Themen, die Limacher beschäftigen und die sie in ihren Werken, die sie dem abstrakten Impressionismus zuordnen würde, verarbeitet. «Alles hat einen Anfang und ein Ende. Das Leben ist immer im Fluss. Es gibt nichts, was wir kontrollieren können. Das steht in Verbindung mit meiner sehr freien Art zu malen», so Limacher.
Blumenmeer aus 150'000 Blüten
Ausgestellt hat Limacher schon weltweit: in London, Dallas, Shenzhen oder Hongkong. Die Erfahrungen im asiatischen Raum seien ganz spezielle gewesen. «Ich brauchte einen Übersetzter, merkte aber schnell, dass die Farben im Grunde ihre ganz eigene Sprache sprechen», erzählt die Künstlerin. Eigentlich habe es gar keine Worte gebraucht, damit der Funke überspringen konnte. Laut Limacher gibt es zwar kulturelle Unterschiede, aber sie konzentriere sich lieber darauf, was uns alle verbindet. «Und die Kunst ist etwas davon!»
Durch ihre internationalen Ausstellungen und das viele Reisen – vor der Pandemie – hat Limacher viele spannende Menschen und Künstler kennengelernt. «So finde ich auch die Künstler für die Impulse Gallery. Zu vielen pflege ich schon länger persönlichen Kontakt.»
Ein Highlight in der Geschichte der jungen Galerie war für die Gründerin der Blumenboden des chinesischen Künstlers Zhuang Hong-yi. «Es war eine sehr spontane Aktion. Innerhalb von drei Tagen haben wir Hong-yis Idee von einem Fussboden aus Blüten umgesetzt.» 150'000 Blumen aus Papier wurden in Teamarbeit ausgelegt, worauf die Besucherinnen und Besucher bei der Eröffnungsfeier im August 2021 dann gehen konnten.
«Schönste Achterbahnfahrt überhaupt»
Ansprechen will die Galerie mit 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche alle Art von Menschen. Auch solche, die noch keine Ahnung davon haben und gern in Kontakt mit Kunst kommen wollen. «Unsere Türen stehen offen! Die Impulse Gallery ist ein Ort des Verweilens, wo alles gefragt und diskutiert werden kann. Wir lieben den Austausch und das Gespräch.»
Ob jung oder alt – das spielt dabei keine Rolle. Auch die jüngere Generation kenne Limacher durch ihre drei Söhne gut. Der Zugang zu diesen sei vielfach ein etwas anderer: «Man kann sie besser über Social Media ansprechen und erreichen.» Für die Zukunft der Galerie sei es also wichtig, Kunst nicht nur in Person zu zeigen, sondern sie auch digital durch neue Technologien zu präsentieren. Und an der virtuellen Präsentation arbeite die Impulse Gallery ständig weiter. «Das ist ebenso für unsere internationalen Sammlerinnen und Sammler wichtig.»
Wer in der Kunstbranche erfolgreich sein will, muss laut Limacher nicht nur zukunftsorientiert denken, sondern vor allem seinen Gefühlen freien Lauf lassen. «Es ist wichtig, dass man sich nicht damit verrückt macht, ob man denn nun diese Kunstausbildung hat oder ob es noch jemand Talentierteres gibt. Von solch mentalen Konstrukten sollte man sich frei machen.»
Der Weg als Künstlerin ist immer eine wilde Achterbahnfahrt, aber wenn man den Mut beweist, sich darauf einzulassen, dann ist es auch die schönste Achterbahnfahrt überhaupt, davon ist die Künstlerin überzeugt.