Auf einen Blick
Weihnachten steht vor der Tür, und die Frage nach dem perfekten Geschenk beschäftigt viele von uns. Eine Sache, die immer passt und auch auf die letzte Minute vor Ladenschluss noch funktioniert: ein gutes Buch!
Nur, was macht denn ein Buch zur schenkenswerten Lektüre? Wir haben Schweizer Autorinnen und Autoren gefragt. Franz Hohler, Zora del Buono, Zoë Jenny und Co. schlagen eine Schneise in den Literaturdschungel und verraten, welche Bücher sie gerne unter den Weihnachtsbaum legen.
Franz Hohler verschenkt Selbstgeschriebenes
Ein gutes Buch erkennt man laut Franz Hohler daran, dass man neugierig ist, wie es weitergeht. Diesen Gwunder hat Hohler schon als Junge bei der Lektüre von Erich Kästners «Der 35. Mai» verspürt. «Sein souveräner Umgang mit der Fantasie und sein Humor haben mich ermutigt, mich selber ans Erzählen zu wagen.» Hohlers aktuelle Leseempfehlung: der Roman «Tabak und Schokolade» von Martin R. Dean. «Eine bewegende Suche nach Herkunft und Identität.» Dennoch verschenkt der Kultautor am liebsten Selbstgeschriebenes. Wenn er jemandem ein Buch schenkt, dann ein eigenes – «auf die Gefahr hin, eitel zu wirken».
Zoë Jenny legt Kunst unter den Tannenbaum
Kunstbücher eignen sich am besten als Geschenk, findet die Basler Autorin Zoë Jenny. Ihr Favorit ist «Marina Abramović», das im Oktober erschienen ist. Auf ihrer Favoritenliste findet sich auch Daphne du Mauriers 1938 erschienener Roman «Rebecca». Und wer sich für Literatur der 80er-Jahre interessiert, könnte mit «Die Nachtmaschine» ein schönes Geschenk finden. «Es ist die Biografie meines Vaters Matthyas, der darin mit vielen interessanten Texten selber zu Wort kommt.» Vom Verleger hat Jenny eine 20'000 Bücher umfassende Bibliothek geerbt. «Ich glaube, mein Leben reicht nicht aus, um sie alle zu lesen.» Sie entscheidet jeweils nach zwei Seiten, ob ihr ein Buch gefällt. Gute Lektüre erkennt sie daran: «Wenn man bei der Lektüre etwas gelernt, gelacht oder geweint hat, am besten aber alles zusammen.»
Seraina Kobler wählt Buchgeschenke individuell aus
Ein Buch muss zur Person passen, die es lesen soll, findet Seraina Kobler. Ihren Schwiegereltern aus der Westschweiz hat die Schriftstellerin gerade die «Paris Trilogie» von Colombe Schneck geschenkt. «Für jemanden in einer Trauerphase findet Joan Didion in ‹Mein Jahr des magischen Denkens› jene Worte, die einem selbst vielleicht fehlen», sagt Kobler. «Jugendliche kriegen von mir ‹Die 13 ½ Leben des Käpt'n Blaubär› von Walter Moers oder ‹His Dark Materials› von Philip Pullman. Und jüngeren Kindern schenke ich gerne die Bücher von Tomi Ungerer. Allen voran ‹Zeraldas Riese›.»
Frédéric Zwicker verpackt gern Medizin zum Lesen
Es gibt ein Buch, das man laut Frédéric Zwicker immer verschenken kann: «Doktor Erich Kästners Lyrische Hausapotheke». «Je nach Stimmungslage und Art der Betrübnis wählt man sich seine Gedichte als Medizin aus. Ich liebe das Konzept.» Auch war es rückblickend wohl Kästners Roman «Fabian», der im St. Galler die Liebe zur literarischen Qualität entfachte – wie sie sein Lieblingsbuch «Die kalte Schulter» von Markus Werner bietet. «Es ist sein optimistischstes Buch, trotz himmeltraurigem Ende.» Was den Ostschweizer Schriftsteller ebenfalls begeistert: «Alte Meister» von Thomas Bernhard. «Da steckt so viel Bosheit drin, das muss beim Schreiben unglaublich Spass gemacht haben.»
Nadine Gerber: Nie ohne persönliche Widmung
Muss sie sich auf ein Lieblingsbuch festlegen, entscheidet sich Nadine Gerber für den Roman «Gut gegen Nordwind» von Daniel Glattauer. «Ich finde die Idee innovativ. Das ganze Buch besteht nur aus E-Mails. Und trotzdem geht es wahnsinnig ans Herz.» Auch «Ein ganzes halbes Jahr» von Jojo Moyes gehört zu ihren Favoriten. «Ich schreibe selbst gerne Schicksalsgeschichten – real, mit Tiefgang und manchmal ohne Happy End.» Bücher verschenkt sie gerne aus eigener Feder – «mit einer persönlichen Widmung».
Walter Däpp mag kleine Büchlein
Walter Däpp hat im Leben viel geschrieben – ein Bücherwurm ist er trotzdem nicht. «Ich vertiefe, verirre und verzettle mich – als ehemaliger Journalist – immer noch zu stark im aktuellen Angebot der Medien.» Leseempfehlungen holt er sich bei seiner Frau. Auf seinem Nachttisch liegt seit Jahren griffbereit «Das Kurze, das Einfache, das Kindliche», das ihm Autor Franz Hohler einst schenkte. Empfehlenswert findet Däpp auch «Auf ein Wort» von Peter Krebs. Darin nimmt sich sein Berner Journalisten-Kollege «auf sorgfältige, gut recherchierte, wortgewaltige, spielerische und pfiffige Art hundert Wörter vor». Auch die Romane «Gentleman über Bord» von Herbert Clyde Lewis und «Der liebe Gott macht blau» von Arto Paasilinna sind nach Däpps Geschmack. Am liebsten aber verschenkt er «Ein ganzes Leben» von Robert Seethaler.
Zora del Buono verschenkt nicht häufig Bücher
Welches Buch würde eine Gewinnerin des Schweizer Buchpreises am ehesten verschenken? Zora del Buono erhielt gerade für ihr Werk «Seinetwegen» diese Auszeichnung. «Ich verschenke selten Bücher», gibt sie zu. «Meine viellesenden Freund:innen wissen selber, was sie mögen. Meinen weniglesenden Freund:innen will ich nichts aufdrängen. Wenn ich aber doch eines verschenke, dann am liebsten ein Buch von einem Autor oder einer Autorin aus meinem Umfeld – es hat etwas Intimes, wenn ich Schreibende und Beschenkte verknüpfen kann.» Ihre Leseliebe zieht jedoch weitere Kreise. Absolut empfehlenswert findet sie alles von Tove Ditlevsen. «Gerade wer autofiktionales Schreiben mag, kann sich darin zu Hause fühlen. Zudem sind es dünne Bücher. Ich mag dünne Bücher.» Vielleicht deswegen ist Franz Kafkas «Die Erzählungen» ihr Lieblingsbuch. «Kafka hat kurze Texte geschrieben, die er Stückchen nannte. Ich liebe Miniaturen. Die von Kafka ganz besonders.»