Das Leben des berühmtesten Komikerduos kommt ins Kino
Zusammen durch Dick und Doof

Der Spielfilm «Stan & Ollie» beleuchtet die letzten Jahre des ersten und berühmtesten Komikerduos der Welt – von Stan Laurel und Oliver Hardy. Was macht die beiden so einzigartig?
Publiziert: 07.05.2019 um 23:13 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2019 um 15:24 Uhr
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Die grossen Kinder: Oliver Hardy (l.) und Stan Laurel 1947.
Foto: Getty Images
Daniel Arnet

Eine schnurgerade Treppe in Los Angeles (USA), 131 Stufen führt sie den Hügel rauf: Stan Laurel und Oliver Hardy stehen als Möbelpacker unten, zwischen ihnen eine schwere Holzkiste. Das Klavier darin muss ganz nach oben. Fast am Ziel, schlittert ihnen die Kiste drei Mal die Treppe runter, ein viertes Mal tragen sie die Komiker selber wieder nach unten.

«Music Box» heisst dieser gut halbstündige Slapstick-Reigen, über den schon unsere Urgrosseltern lachten. 1932 brachte er Stan und Ollie in der Kategorie «Bester Kurzfilm» einen Oscar ein – die beiden waren auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. In «Music Box» spielen sie die ganze Klaviatur ihrer berühmten Komik, samt den Running Gags wie Hutverwechslung, Stich ins Auge und Sturz ins Wasser.

«Dick & Doof» – unter diesem Label kennt man das erste und weltweit bekannteste Komikerduo heut noch bei uns. Der Amerikaner Oliver Hardy (1892–1957), 1,86 Meter gross und 150 Kilogramm schwer, spielt den cholerischen und aufgeblasenen Dicken, der Engländer Stan Laurel (1890–1965) den melancholischen und drahtigen Doofen.

Doch dumm ist Laurel nicht: Er ist der kreative Kopf des Duos und greift immer wieder in die Regie ein. «Er hat ein paar wegweisende Comedy-Elemente im Film erfunden, die heute noch im Einsatz sind», sagt der Schweizer Komiker Claudio Zuccolini (48) voller Bewunderung und nennt den Doppelblick: «Schauen, wegschauen – und dann schnell nochmals schauen!» Und Laurels Idee, einen Schlag auf den Kopf wie einen Glockenton erklingen zu lassen, ist in der Trickfilmpraxis gang und gäbe.

Triezen und treten, bis alles kaputt ist

Fliege, Melone, Kopf-Kratzen und ein markantes Grinsen sind die Markenzeichen von Laurel, über den sein zeitgenössischer Berufskollege Buster Keaton (1895–1966) einmal sagte: «Ich war nicht der Lustigste, Chaplin war nicht der Lustigste, dieser Mann war der Lustigste.» Doch ohne seinen kongenialen Filmpartner Oliver Hardy war Laurel nichts.

Von den letzten Bühnenerfolgen des ungleichen Paars in den 1950er-Jahren erzählt der Spielfilm «Stan & Ollie», der diese Woche in die Kinos kommt. Die grossartigen Schauspieler Steve Coogan (53) und John C. Reilly (53) spielen die Titelrollen.

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Patti Basler (43): «Stan und Ollie sind zweifellos die Grössten beziehungsweise Ersten, wenn es um Slapstick geht. Aber Slapstick scheint heute gerade nicht so im Trend zu sein – zum Glück für Wortmenschen wie mich.»
Foto: Tibor Nad

Im Stummfilm «Lucky Dog» von 1921 treten die originalen Laurel und Hardy erstmals zusammen auf. Es dauert allerdings noch einige Jahre, bis die cineastischen Sparringpartner als Duo angekündigt werden und damit die Kinosäle füllen: Der Kurzfilm «The Second Hundred Years» von 1927 markiert den Beginn dieser wunderbaren Freundschaft.

Gemeinsam spielen sie in 107 Filmen – 80 Kurz- und 27 Spielfilmen. Die Handlung ist häufig dieselbe: Sie scheitern an einfachen Aufgaben, triezen und treten sich und zerlegen dabei das gesamte Inventar rundherum. Handfester Humor eben, der universell verstanden wird und überall zu Lachtränen führt. 

Laurel und Hardy schaffen neben Charlie Chaplin als einzige Komiker des Stummfilmzeitalters den Übergang zum Tonfilm. Doch obwohl die Kinokassen klingeln, verdienen die beiden zehnmal weniger als Chaplin, weil sie ihre Filme nicht selber produzieren. Um weiter Geld zu verdienen, müssen sie in den 1950er-Jahren auf die im Spielfilm «Stan & Ollie» gezeigte Bühnentour durch Europa. Das Publikum ist ein letztes Mal begeistert.

Der Sangesfreudige will Stummfilme machen

Mit dieser Tournee kehrt Stan Laurel zu seinen Wurzeln zurück. 1890 kommt er mit dem Namen Arthur Stanley Jefferson als zweiter Sohn einer Bühnenschauspielerin und eines Theatermanagers im nordenglischen Ulverston zur Welt. Der Vater erkennt Stans Talent, und so beginnt der Sohn mit 16 Jahren als Variétékomiker.

Wenige Monate später schliesst er sich der Truppe von Fred Karno an, mit der auch Charlie Chaplin durchs Land tingelt. Bei einer USA-Tournee springt Chaplin nach Hollywood ab, die Truppe zerfällt, Laurel tourt alleine durch amerikanische Variétés.

Auf solchen Kleinbühnen verdient sich auch Oliver Hardy seine ersten Sporen ab, allerdings nicht als Komiker, sondern als Sänger. Hardy kommt 1892 in einem kleinen Ort östlich der Südstaaten-Metropole Atlanta (USA) zur Welt und wird auf den Namen Norvell getauft. Sein Vater stirbt, als der Sohn zehn Monate alt ist. Er wächst bei seiner Mutter auf, die ein Hotel betreibt.

Der sangeslustige Junge nimmt neben der Schule eine Zeit lang Gesangsunterricht am Konservatorium in Atlanta. Trotz seiner Stimmgewalt hat es Hardy der Stummfilm angetan – er beginnt als Filmschauspieler. Und in Hollywood kreuzen sich die Wege von Laurel und Hardy.

Die beiden gehen durch dick und dünn: Während Stan Laurel sich achtmal und Oliver Hardy dreimal verheiratet, übersteht die Beziehung zwischen den beiden Männern alle Stürme. Als Oliver Hardy nach mehreren Schlaganfällen nicht mehr sprechen kann, kommunizieren die beiden mit Mimik und Gestik – darin sind die ehemaligen Stummfilmstars ja wahre Könner.

Mit dem Tod von Hardy 1957 bricht für Laurel die Welt zusammen. Zwar bekommt er 1961 noch einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk, aber er wird seines Lebens nicht mehr froh – 1965 stirbt er an einem Herzinfarkt.

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