Auf dem Kopf stehende Bildmotive machten Georg Baselitz in den 1970er-Jahren berühmt. Heute gilt der 1938 geborene deutsche Maler, Grafiker und Bildhauer «als einer der renommiertesten Künstler der Welt», wie Sam Keller, Direktor der Fondation Beyeler, am Freitag vor den Medien in Riehen BS festhielt.
Die Fondation widmet Baselitz zu dessen 80. Geburtstag eine grosse Retrospektive. Das Kunstmuseum Basel zeigt gleichzeitig einen Überblick über das zeichnerische Werk. Ausstellungen zum Werk von Baselitz sind nicht eben häufig: Die letzte in der Schweiz gabs 1990 in Zürich, die letzte in den USA fünf Jahre später.
Da bei der Ausstellungspräsentation zudem Baselitz selbst zugegen war, war der Medienaufmarsch gross. Beyeler zeigt rund 90 Gemälde und 12 Skulpturen aus den Jahren 1959 bis 2017 aus Sammlungen in Europa und Amerika, im Basler Kunstmuseum sind 103 Zeichnungen, grösstenteils aus Eigenbeständen, aus der Zeit von 1955 bis 2016 zu sehen.
Künstlernamen vom Geburtsort übernommen
Georg Baselitz wurde als Hans-Georg Kern in Sachsen geboren. Von seinem Geburtsort Baselitz übernahm er später seinen Künstlernamen. In der DDR begann der junge Baselitz ein Kunststudium, wurde nach zwei Semestern aber wegen «gesellschaftspolitischer Unreife» rausgeworfen. Danach ging er in den Westen.
Das Provokative begleitete ihn indes weiterhin. Seine erste Einzelausstellung in einer Berliner Galerie geriet zum Skandal, als Bilder beispielsweise einen Mann mit einem riesigen Penis oder einen onanierenden Jungen zeigte. 1970 zeigte er in Köln erstmals Bilder mit Motiven, die auf dem Kopf stehen.
Etliche davon sind in der von Martin Schwander kuratierten Riehener Ausstellung zu sehen, ebenso Gemälde aus der Serie «Helden», mit denen er sich mit dem Männlichkeitsideal in der Nachkriegszeit auseinandersetzte, oder die «Fraktur»-Bilder. Aus einer späten Phase stammen die «Remix»-Bilder, in denen er frühere Bilder neu interpretiert.
Baselitz pflegte bei der Malerei das grosse Format, ebenso bei seinen Holzskulpturen, von denen einzelne in Riehen im Aussenbereich stehen. Anders die Werke auf Papier im Kunstmuseum, wo Kuratorin Anita Haldemann eine Auswahl aus den rund 150 Baselitz-Blättern des Basler Kupferstichkabinetts traf, ergänzt um ein paar Leihgaben.
Bilder aus 60 Jahren zu sehen, sei schwierig, sagte Baselitz an der Medienkonferenz - «Das warst du, aber ich erkenne dich nicht mehr.» Werke, die einst «aggressiv, bösartig» waren, seien inzwischen «gute Bilder» geworden. Wenn ein Künstler beginne, müsse er auffällig werden. Angeeckt sei er indes oft, weil er falsch verstanden worden sei.
Seine erste Museumsausstellung hatte Baselitz 1970 im Kunstmuseum Basel. Inzwischen hat er in der Rheinstadt auch einen Wohnsitz. Die beiden Ausstellungen in Riehen und Basel sind vom Sonntag bis zum 29. April geöffnet. Erschienen sind zu beiden Schauen Publikationen. In Riehen ist auch eine filmische Hommage des deutschen Autors Alexander Kluge zu sehen.
Verfasser: Edwin Meyer, sda