Familien sind seltsame Gebilde. Sie bestehen oftmals aus Personen, vor denen man eiligst das Weite suchen würde, wäre man nicht mit ihnen verwandt. So aber hat man diese Leute ein Leben lang am Hals und ist ihnen zu allem Übel auch noch in tiefer Liebe verbunden. Innerfamiliäres schlechtes Benehmen bleibt daher in den meisten Fällen ungesühnt, denn die Opfer schrecken vor Gegenwehr oder gar Kontaktabbruch zurück: Zu Vater/Mutter/Schwester/Bruder kann man doch nicht so sein! Das ist doch meine Familie! Ich bin doch kein schlechter Mensch!
Wir haben uns alle so lieb!
Diese vollkommen irrationale Furcht nährt sich aus sittlichen Grundsätzen, vor allem aber aus kirchlichen, die den Menschen als sündige, verdorbene, prinzipiell fehlbare Kreatur betrachten. Selbst erklärte Atheisten sind nicht immun davor. Und so laufen wir ständig mit einem latent schlechten Gewissen herum, das sich bei jedem nahenden Polizisten sofort bemerkbar macht, auch wenn wir uns nichts haben zuschulden kommen lassen.
Unser schlechtes Gewissen freut die Rüpel-Gemeinschaft
Die mitgliederstarke Gemeinschaft der egozentrischen Rüpel freut das natürlich, denn sie haben dadurch stets freie Hand. Wie Ihre Schwester, die sich offensichtlich in keiner Weise für Sie interessiert, sondern nur für Ihr Vermögen, zu dem sie ja recht leichten Zugang zu geniessen scheint: Ein SMS reicht, und schon klingelt die Kasse. Kein Wunder – nur ein Unmensch würde die eigene Schwester in eine Notlage stürzen lassen.
Sich nicht zum Opfer machen
Doch das Argument der heiligen Familienbande gilt nur, wenn es wechselseitig gewürdigt wird. Wer Sie ausnutzt und ansonsten ignoriert, den dürfen, ja müssen Sie aus Ihrem Leben entfernen oder mindestens an dessen äussersten Rand verfrachten. Keine Sorge, Ihre Schwester wird nicht verhungern ohne Ihre Unterstützung. Es gibt genug Menschen, die glauben, für irgendeine Schuld büssen zu müssen.