Früher erlebte Globi Abenteuer auf einer Pirateninsel, reiste durch das alte China und den Wilden Westen oder bewährte sich als Polizist und Feuerwehrmann. Heute ist die beliebteste Schweizer Comic-Figur zum Hilfslehrer avanciert: Gleich zwei Globi-Bücher, die dem Lerneffekt dienen sollen, stehen derzeit in der Bestsellerliste für Kinder- und Jugendbücher. Dazu ein Bilderbuch, das Kinder zum Händewaschen erziehen soll – seit 40 Wochen schon! Und jetzt hat auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) das Kinderbuch als Lehrbuch entdeckt: Es bestellte bei den Kinderbuchautoren Lorenz Pauli und Claudia de Weck das Bilderbuch «Richtig giftig», mit dem Eltern ihren Kindern die Gefahren im Haushalt erklären können.
Kinderbücher, die der Pädagogik dienen und den Kindern Wissen vermitteln, gibt es zwar seit Heinrich Hoffmanns «Struwwelpeter» und «Suppenkaspar». Doch während es in diesen Büchern vor allem um «die Moral von der Geschicht» ging, geht es heute nebst Vermittlung von gesellschaftlichen Werten wie umweltbewusstes Verhalten auch um die reine Erklärung wissenschaftlicher Themen oder um kindgerechte Ratgeber, zum Beispiel fürs Veloflicken.
Vom Entdecker zum Lehrer
Seit 2005 ist Globi schon in wissenschaftlicher Mission im Kinderzimmer unterwegs. Titel wie «Erste Hilfe mit Globi», «Globi und die Energie», «Chemie mit Globi» oder «Globi und der Planet Erde: über den schlauen Umgang mit unserer Umwelt» machen aus einem Vorlesebuch ein Vorlesungsbuch.
Für den Globi-Verlag Orell Füssli ist die Entwicklung Globis vom Abenteurer zum Professor logisch: «Schon die klassischen Globi-Bücher enthielten viel Entdeckertum», sagt Gisela Klinkenberg (58), Leiterin Kinderbuch. «Diese Bücher waren zwar keine Sachbücher, doch da Natur und Umwelt es Globi angetan haben, ist die Sachbuchreihe eine stimmige Weiterentwicklung.»
Bücher für das Bildungsbürgertum
Dass Eltern ihren Kindern statt Abenteuer- und Liebesgeschichten lieber Bücher über Wissensthemen kaufen, habe mit dem «Bildungswahn im Frühkindalter» zu tun, sagt Philipp Ramming (61), Kinderpsychologe und Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Kinder- und Jugendpsychologie (SKJP). «Eltern – vor allem solche aus der Mittelschicht – schulen ihre Kinder gerne so früh wie möglich. Solche Sachbücher eignen sich natürlich sehr dazu. Zur Zielgruppe gehört also definitiv das Bildungsbürgertum.»
Aber wecken solche Gesellschaftsthemen wirklich das Interesse der Kinder? Ramming findet ja – wenn sie gut gemacht sind: «Damit Kinder sich dafür interessieren, sollte das Thema in eine Geschichte eingebettet sein.» Zu pädagogische Bücher seien nicht interessant. Es gehe ja nicht primär darum, die Kinder zu schulen: «Das Ziel solcher Bücher sollte die Aktualisierung eines Themas und die Schaffung einer Gesprächsbasis sein.»
Wichtiges Standbein für den Buchhandel
Für den Buchhandel sind die Kinder-Sachbücher jedenfalls ein wichtiges Standbein geworden, wie Ruth Baeriswyl sagt. Das Angebot sei in den letzten Jahren auch viel besser geworden, findet die Besitzerin des Berner Chinderbuechlade: «Es gibt mittlerweile viele richtig schöne und informative Bücher zu Wissensthemen.»