Markus Theunert ist die Stimme der Männer in der Gleichstellungsdebatte
«Ich glaube Buttet ist erst der Anfang»

Markus Theunert ist die Stimme der Männer in der Debatte um Gleichstellung und Missbrauch. Sie sollten ihr Bild von Männlichkeit über Bord werfen.
Publiziert: 03.12.2017 um 14:53 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:55 Uhr
«Es braucht eine neue Männersolidarität», sagt Markus Theunert, Präsident Dachverband Schweizer Männer- und Väterorganisation.
Foto: Sabine Wunderlin
Interview: Aline Wüst

Nationalrat Yannick Buttet hat seine Ex-Geliebte auf Schritt und Tritt verfolgt. Warum fällt es gewissen Männern so schwer, den Willen einer Frau zu respektieren?
Markus Theunert:
Es geht um Kultur, Gewohnheit und um das patriarchale Erbe. Da wirkt dieser alte, dumme Spruch nach: Wenn eine Frau Nein sagt, meint sie vielleicht doch Ja. Dieses Denken ist tief verankert. Deshalb meinen viele Männer, nochmals auf die Klingel drücken zu müssen, auch wenn die Frau bereits wiederholt Nein gesagt hat.

Männer sind Opfer ihrer Sozialisation?
Auch, ja. Einem Mann wird ein Leben lang abtrainiert, Schmerz und Gefühle zu spüren. Da ist es viel verlangt, wenn er plötzlich ein Supersensorium haben soll für sich und andere Menschen.

Männer sind also verunsichert?
Die alten Gewissheiten sind weg, neue noch nicht da. Und die Erwartungen sind extrem widersprüchlich: Das dominante Alphamännchen ist ja trotz allem immer noch gefragt.

Ist ein Nationalrat durch seine Macht anfälliger für grenzverletzendes Verhalten?
Machtzirkel sind eine Auswahl von Persönlichkeiten mit narzisstischen Tendenzen. Narzissmus gekoppelt mit Macht verstärkt die Annahme, gewisse Sonderrechte zu haben.

Welche Rolle spielt es, dass Buttet aus einem konservativen Umfeld stammt?
Es ist sicher kein Walliser Problem. Aber je heller die Sonne, desto dunkler der Schatten – ein konservatives Klima fördert Doppelmoral.

Ändert der Fall Buttet etwas an der Schweizer Sexismus-Debatte?
Ich glaube, Buttet ist erst der Anfang. Und wenn es nun ein paar Herren auf gepolsterten Sesseln ungemütlich wird, finde ich das grundsätzlich gut.

Eine europäische Untersuchung zeigt, dass jede dritte Frau in der EU schon Opfer sexueller oder psychischer Gewalt wurde. Was muss bei Männern passieren, damit das aufhört?
Selbstkritisch in den Spiegel schauen und Zivilcourage zeigen. Es braucht eine neue Männersolidarität: gegenseitig Grenzverletzungen sehen und vermeiden, statt sie gemeinsam zu vertuschen.

Aber es geht doch um ein Umdenken!
Genau, und das wünsche ich mir auch. Jetzt haben wir die Chance, all die grobschlächtigen Männerbilder über Bord zu werfen, die Männerleben einengen. Nun können wir aufbrechen und aus diesen Bonsai-Männlichkeiten rauswachsen. Das ist eine echte Herausforderung!

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