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Laut Wissenschaft achten Papis weniger auf die Gefühle ihrer Söhne
Väter arbeiten lieber mit Töchtern zusammen

Ob vor der Kamera oder im Scheinwerferlicht der Bühne: Väter treten viel häufiger mit ihren Töchtern auf als mit den Söhnen. Wissenschaftler wissen warum.
Publiziert: 05.03.2019 um 17:05 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2022 um 10:56 Uhr
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US-Rockmusiker Lenny Kravitz tritt mit Tochter Zoë in einem aktuellen Werbefilm für einen Gepäckhersteller auf.
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

Mitte März geht der Vorhang auf. Dann steht der Schweizer Comedy-Star René Rindlisbacher (55, «Schmirinski’s», «Edelmais») erstmals zusammen mit ­seiner Tochter Laura (25) auf der Bühne. «Oh nein Papa!» heisst das Programm, mit dem das Familienduo anschliessend durch die ganze Schweiz tourt.

«Vater und Tochter auf einer ­Comedybühne, eine Konstellation, wie es sie noch nie gegeben hat», werben «S’Rindlisbachers» auf ihrer Website. Das mag im Comedy-Bereich durchaus zutreffen, betrachtet man aber weitere kulturelle Sparten, dann zeigt sich: Väter arbeiten zurzeit fleissig mit ihren Töchtern zusammen:

- Der Schweizer Künstler Schang Hutter (84) zeigte bis Ende Januar in Sarnen die erste Doppelausstellung mit seiner Tochter Lisa Hutter Schwahn (57).

- US-Rockmusiker Lenny Kravitz (54) und seine Tochter Zoë (30) reisen in einem neuen Werbefilm des Gepäckherstellers Tumi durch die Bahamas.

- Und der französische Rockstar Matthieu Chedid (47) veröffentlichte eben sein neues Album «Lettre infinie», auf dem seine Tochter Billie (16) mitsingt.

Eine auffällige Ballung. Doch eine mit Vorgeschichte: Entsteht Mitte der 1950er-Jahre das geflügelte Wort «Wenn der Vater mit dem Sohne» nach dem gleichnamigen Kinohit der deutschen Schauspiellegende Heinz Rühmann (1902–1994), so hat seither die Zusammenarbeit zwischen Vater und Tochter Tradition.

Alles beginnt mit «Somethin' Stupid» von den Sinatras

Ein berühmtes Beispiel liefert 1973 das erfolgreiche Roadmovie «Paper Moon»: Moses Pray fährt darin die neunjährige Addie Loggins quer durch die USA zu Verwandten. Die Kleine vermutet während des ganzen Films, dass der Fahrer ihr Vater sei – die Zuschauer bleiben darüber bis zum Schluss im Ungewissen.

Der Witz: Die Darstellenden der beiden Filmfiguren sind tatsächlich Vater und Tochter – Ryan O’Neal (77) spielt Moses Pray, Tatum O’Neal (55) die damals minderjährige Addie Loggins. Für ihre Rolle zeichnet sie Hollywood 1974 als beste Nebendarstellerin aus, die Zehnjährige ist die bis dahin jüngste Oscar-Gewinnerin.

Gleiche Konstellation mit umgekehrtem Erfolg 1981: Im Spielfilm «On Golden Pond» treten Henry Fonda (1905–1982) und Jane ­Fonda (81) zusammen auf. Beide schon gestandene Mimen, erhält hier der Vater seinen ersten Oscar für seine Hauptrolle des Norman Thayer Jr. an der Seite von Kathe- rine Hepburn (1907–2003).

Mögen das Glanzlichter väterlich-töchterlicher Zusammenarbeit sein, die Sinatras lassen schon früher aufhorchen: 1967 veröffentlichen Frank (1915–1998) und Nancy (78) ihre gemeinsame Single «Somethin’ Stupid». Das eingängige Duett avanciert in den USA gleich zum Nummer-eins-Hit – ein musikalischer Erfolg, den bis heute kein Vater-Tochter-Duo toppen kann.

Kein Zufall, hat diese geschlechterspezifische Familienzusammenarbeit ihren Anfang in der Musik. Denn eine neuere, 2017 veröffentlichte Untersuchung der American Psychological Association bei über 50 Vätern von Kleinkindern belegt: Väter singen häufiger mit ihrem weiblichen Nachwuchs als mit ihrem männlichen.

Andrea Bocelli sang mangels Musikerin mit Sohn zusammen

Was sich in einem kleinen Anschauungsobjekt in der Theorie herauskristallisiert, erweist sich auch im Grossen und Ganzen in der Praxis als richtig: Seit der Jahrtausendwende verbreiten sich Gesangsduette nach dem Vorbild der Sinatras geradezu inflationär.

2003 produziert Rosanne Cash (63) mit ihrem Vater, der CountryLegende Johnny Cash (1932–2003), den Song «September When It Comes». Und ein Jahr später spielt der Schweizer Musiker Peter Reber (69) mit Tochter Nina (26), damals noch ein Teenager, ein ganzes Album ein – Weihnachtslieder unter dem Titel «Winterzeit».

Heutige Familien verwenden Instagram, um ihre Duette zu veröffentlichen. Dort sieht man Videos von Aerosmith-Röhre Steven Tyler (70) und Tochter Liv (41) – «Can’t Take My Eyes Off Of You» aus dem Jahr 2015. Von Billy Ray Cyrus (57) und Miley Cyrus (26) – «How’ve Ya Been» (2016). Und von Seal (56) mit Tochter Lou ­Sulola (9) beim Trällern des Stevie-Wonder-Songs «Superstition» (2017).

Unzählige Vater-Tochter-Beispiele, kaum eines für ein Vater-Sohn-Duett. Und findet sich doch eines, wie das letztjährige «Fall On Me» von Andrea Bocelli (60) mit Sohn Matteo Bocelli (19), dann erweist sich die Koproduktion im Nachhinein als Unfall. Produzent Bob Ezrin enthüllt nämlich gegenüber dem US-Musikfachmagazin «Billboard», dass eigentlich eine Musikerin an der Seite von Andrea Bocelli singen sollte. Aber die sprang ab. Und Tochter Virginia ist erst sechs Jahre alt.

Weshalb hat sich René Rindlisbacher für Tochter Laura und nicht für Sohn Nico (22) als Bühnenpartner entschieden? «Beide Kinder haben Humor, sowohl Laura als auch Nico», sagte Rindlisbacher kürzlich in einem Interview mit dem SonntagsBlick. «Doch Nico, der Rennfahrer, ist weniger extrovertiert.» Laura habe schon als Kind immer bestens unterhalten und eine grosse Präsenz gehabt, ohne die es auf einer Bühne nicht gehe. «Es ist auch unserem Umfeld früh aufgefallen, dass sie eine kleine Rampensau ist.»

Väter sehen ihre Töchter am liebsten glücklich

Das ist eine subjektive Einschätzung. Gibt es objektive Erklärungen, weshalb Väter so oft mit dem weiblichen Nachwuchs zusammenarbeiten? Die Forscher der American Psychological Associa tion wollten dem auf den Grund ­gehen und führten bei den Vätern zusätzliche Hirnscans durch – mit erstaunlichen Ergebnissen.

Die Wissenschaftler messen bei Vätern von Söhnen grosse Gehirnaktivitäten, wenn die Fotos sehen, auf denen ihr Kind einen neutralen Gesichtsausdruck hat. Väter von Töchtern zeigen demgegenüber die stärksten Reaktionen, wenn ihnen die Forscher ein Foto zeigen, auf dem der Nachwuchs glücklich wirkt. Und gemeinsames Singen macht glücklich.

Die nüchterne Erklärung der Studienbetreiber: Väter achten mehr auf die Gefühle ihrer kleinen Mädchen als auf die ihrer Söhne.
Aber nicht nur die Väter zeigen starke Neigungen für ihre Töchter, auch die Töchter fühlen sich zu den Vätern hingezogen – und das geht zuweilen über den Tod hinaus. So veröffentlichte Toni Cornell (14), die Tochter von Soundgarden-Sänger Chris Cornell (1964–2017), letztes Jahr das noch zu Lebzeiten von Daddy eingespielte Duett «Nothing Compares 2 U», ein Cover des Sinéad-O’Connor-Hits.

Neueste Technik macht nicht nur posthume Veröffentlichungen, sondern sogar posthume Aufnahmen möglich. Natalie Cole (69) nimmt 1991, über 25 Jahre nach dem Tod ihres Vaters Nat King Cole (1919–1965), dessen Hit «Unforgettable» als Duett auf und spielt es live auf der Bühne – der ­Vater als Videoeinspielung auf der Leinwand im Hintergrund.

Lisa Marie Presley (51) lässt gar über 30 Jahre nach dem Tod ihres Vaters Elvis (1935–1977) verstreichen, bis sie letztes Jahr «Where No One Standes Alone» einspielte. «Es war eine sehr kraftvolle und bewegende Erfahrung, mit meinem Vater zu singen», sagte Lisa Marie Presley danach. Wodurch wieder einmal bewiesen ist: Elvis lebt!

René und Laura ­Rindlisbacher: «Oh nein Papa!», 16. März bis 25. Mai

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