Zeit für eine Wiederentdeckung
Alpen-Nebbiolo aus dem Veltlin

Wer an Nebbiolo denkt, hat das Piemont im Sinn. Doch die Sorte ist auch im Veltlin tief verwurzelt. Sie heisst dort Chiavennasca und wächst in steilen Rebterrassen.
Publiziert: 05.04.2025 um 14:21 Uhr
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Aktualisiert: 05.04.2025 um 19:08 Uhr
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Alpiner Rebbau im Veltlin in der Nähe von Bianzone.
Foto: Getty Images
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Alpiner Rebbau im Veltlin in der Nähe von Bianzone.
Foto: Getty Images

Darum gehts

  • Im Veltlin ist Nebbiolo die wichtigste Rebe
  • Die kleinen Parzellen im Tal sind mit Trockenmauern befestigt und schwer zu bearbeiten
  • Junge Winzer haben die Region für sich entdeckt und keltern elegante Rotweine die perfekt zu Bresaola und Pizzoccheri passen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ursula GeigerRedaktorin Wein

Die Schweiz und das Veltlin verbindet viel. Das Tal südlich der Alpen gehörte einst zu Graubünden. Der Handel zwischen den beiden Bergregionen war rege. Säumer transportierten über die Alpenpässe Käse und Vieh in den Süden und kamen mit Wein zurück.

Anfangs der 1980er wurden fünf Millionen Liter Wein aus dem Veltlin die Schweiz importiert. Das Gros der Menge gelangte als Offenwein in die Schweiz und wurde dort abgefüllt. Wer in dieser Zeit auf Schweizer Pisten und Skihütten unterwegs war, stärkte sich mit einem Zweier (0,2 Liter) «Flüssige Sonne» von der Weinkellerei Zanolari.

Geschrumpfte Rebfläche

Zwischen 1900 und jetzt ist die Rebfläche im Veltlin von 6000 auf rund 850 Hektar zurückgegangen. Die Beliebtheit der Weine aus dem Piemont, der Toskana und Sizilien haben die Nachfrage nach dem ehemals kantigen Roten aus der Lombardei sinken lassen.

Man kann sagen: Das Veltlin hat sich gesund geschrumpft. Obwohl die Region heute zu den top Qualitätsweinregionen Italiens gehört, ist sie für viele Weinfreunde Terra incognita, ein weisser Fleck auf der Wein-Landkarte.

Heroischer Weinbau

Im 50 Kilometer lange Weintal wird flächendeckend Rosso di Valtellina produziert. Darin eingebettet liegt die Valtellina Superiore DOCG der auch fünf Subzonen angehören, die auf dem Etikett vermerkt sind: Grumello, Sassella, Inferno, Maroggia und Valgella.

Im Veltlin wird heroischer Weinbau betrieben: Die steilen Hänge sind terrassiert und mit Trockenmauern befestigt. Alle Mauern aneinandergereiht ergeben eine Länge von 2500 Kilometer. Darum ist die Region seit 2018 auch UNESCO-Welterbe.

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Marco tut, was er für richtig hält

Wer hier Reben pflegt, braucht Idealismus und viel Ausdauer. Und genau das haben die jungen, gut ausgebildeten Önologen, die aus dem Tal südlich der Rätischen Alpen gerade einen Hotspot für elegante Rotweine aus Nebbiolo mit feiner Frucht und kühler Frische machen.

Einer davon ist Marco Ferrari (39). Marco stammt aus Brescia IT. Er ist keinen önologischen Familientraditionen verpflichtet und hat darum, wie er selbst sagt, die Freiheit, das zu tun, was er für richtig hält. Marco spürt Parzellen mit alten Reben auf, pachtet sie und hat mittlerweile einen Betrieb mit zwei Hektar Rebfläche. Zu seinen Flaggschiff-Weinen gehören die Gewächse aus den Subzonen Sassella und Inferno. Letzterer duftet nach reifer Himbeere, Kirschen und ein bisschen nach gerösteten Marroni. Säure und Tannin sind in Balance und je länger der Wein im Glas atmen kann, desto besser schmeckt er.

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