Nein, ein GPS braucht man nicht unbedingt. Es reicht, wenn man Suvereto findet und weiss, dass Petra da irgendwo in der Nähe liegt. Denn schon aus einigen Kilometern Distanz ist die Kellerei auszumachen. Verwechslung ausgeschlossen. Petra ist einzigartig.
Den Mittelpunkt und Blickfang bilden genau 141 Stufen. Stairway to Heaven. Die Treppe in den Himmel. Man beginnt zu philosophieren. Über Himmel und Erde. Das Mysterium des Alls. Und ein 141-Stufen-Training. Es ist über 30 Grad warm bei unserem Besuch. Da lassen wir die Himmelsleiter links liegen. Auch wenn sie in der Mitte des symmetrisch angelegten Kellereigebäudes liegt.
Petra, das ist der steingewordene Traum des Bauunternehmers Vittorio Moretti, der vorfabrizierte Elemente produziert, die – wie Puzzleteile zusammengefügt – Einkaufszentren oder Weinkellereien ergeben. Von letzteren hat Moretti über 100 gebaut.
Der Star ist die Kellerei
Der Signore kommt aus Erbusco in der Franciacorta, wo er 1976 das Gut Bellavista gründete. Die nach der méthode champenoise gekelterten Schaumweine haben mittlerweile ein Standing als mit die besten in Italien. Es folgten Weissweine. Fehlten noch die Roten. Doch die wollte Moretti in einer Rotwein-Region machen. Fündig wurde er 1997 in der Maremma, im Val die Cornia nahe Suvereto. Keine Gegend mit der Strahlkraft des nahegelegenen Bolgheri. Aber absolut tauglich, grosse Weine hervorzubringen.
Heute produzieren die Morettis – Tochter Francesca führt das Gut - auf Petra 400'000 Flaschen. Mit den Welttrauben Cabernet Sauvignon und Merlot, aber auch Sangiovese, um den mediterranen Touch zu bewahren. Doch seien wir ehrlich: Der ganz grosse Star ist da nicht die Flasche. Sondern die Kellerei.
Der Anspruch des Magnaten war nicht unbescheiden: Das neue Gut sollte sich dem Himmel annähern. Mario Botta kannte der Unternehmer schon vorher. Weil er dessen Art bewunderte, fragte er den Tessiner an, ob er Lust habe, ein Weingut zu konzipieren. Botta hatte.
Mit der Landschaft verschmolzen
«Reben zu kultivieren bedeutet, eine Perspektive zu haben, die weit in die Zukunft ragt, in ferne Jahrzehnte», sagt Botta zum Projekt. «Das musste ich berücksichtigen. Ungenauigkeit wird da nicht verziehen.» Sprich: Solch ein Bauwerk sollte mit der Landschaft verschmelzen. Botta ist dies trotz der Opulenz gelungen.
Der Tessiner war für die Hülle zuständig. Die Morettis für das Innenleben. Ein Tunnel führt uns zur sogenannten Klagemauer. Dort sieht man, welches Gestein die Gegend hervorbringt, wie das Terrain unterhalb der Rebstöcke aussieht. Der Besucher wird zum Ursprung allen Weins und der meisten Kellereien geführt. Zum Gestein. Lateinisch: Petra!
Ebenso wichtig für die Morettis ist der ökologische Faktor. So wird das Regenwasser gefiltert und in einen eigenen See geleitet, wo es für den Notfall gesammelt wird. Für Dürreperioden. Darüber steht eine Photovoltaik-Anlage. Der so erzeugte Strom versorgt das ganze Weingut!
Und der erzeugte Wein? Das Flaggschiff des Hauses, das schlicht Petra heisst, verkauft sich wunderbar. Gut betuchte Schweizer zahlen die 61 Franken für den besten Wein des Botta-Guts gerne, der 2007 mit drei Gläsern des Gambero Rosso geadelt wurde. «Schwieriger zu verkaufen, sind die Basisweine wie der Zingari», sagt der junge Önologe Paolo Trappolini, der seine Studien in Pisa gemacht hat. Erstaunlich, ist doch der Ebo, auch dies ein Basiswein, Jahr für Jahr ein ehrliches, spassmachendes, süffiges Trinkvergnügen.
Wir nicht allzu langer Zeit haben wir Ihnen an dieser Stelle die neue Schweizer Traubensorte Divico vorgestellt, eine Kreuzung zwischen Gamaret und Bronner, benannt nach einem Anführer der alten Helvetier, der die Römer 107 v.Ch. in der Schlacht bei Agen schlug. Ihr Vorteil: Sie ist extrem schädlings- und fäulnisresistent. Doch wie schmeckt ein Divico-Wein? Dies Frage können wir jetzt beantworten, dank der Domaine de Chambleau, dem Weingut des charismatischen Louis-Philippe Burgat, der mit dem Pur Sang einen der schönsten Pinot Noir der Schweiz keltert.
Burgat: „Seit ich vor 25 Jahren die Önologen-Schulbank in Changins drückt, hatte ich die Vision eines Weins, der nicht behandelt werden muss und keinen Schwefel braucht. Gegärter Traubensaft pur. Diese Vision ist nun wahr geworden.“ Das Resultat hat er „L’Audacieux“ getauft, der Wagemutige, der Kühne. Unbescheiden fügt Burgat hinzu: „Das ist der natürlichste Wein der Welt!“ Fragen nach Alterungspotenzial können noch nicht beantwortet werden. Aber jene nach der Qualität. Hier die Antwort:
L’Audacieux 2012, Caves de Chambleau, Colombier NE
Recht grün in der Nase, riecht erstaunlicherweise trotz der totalen Schwefelabstinenz leicht nach Schwefel, kräuterig und hart, biologisch-künstlich anmutend, wenig Frucht; im Gaumen erstaunliche Kraft, Tannine, erdig, voluminös und süss, gleichzeitig medizinal. Als Essensbegleiter gut geeignet. Für sich alleine hält sich der Spass in Grenzen. Score: 15,5/20 (CHF 35.--. Der erste Jahrgang ist allerdings bereits ausverkauft. www.chambleau.ch)
Wir nicht allzu langer Zeit haben wir Ihnen an dieser Stelle die neue Schweizer Traubensorte Divico vorgestellt, eine Kreuzung zwischen Gamaret und Bronner, benannt nach einem Anführer der alten Helvetier, der die Römer 107 v.Ch. in der Schlacht bei Agen schlug. Ihr Vorteil: Sie ist extrem schädlings- und fäulnisresistent. Doch wie schmeckt ein Divico-Wein? Dies Frage können wir jetzt beantworten, dank der Domaine de Chambleau, dem Weingut des charismatischen Louis-Philippe Burgat, der mit dem Pur Sang einen der schönsten Pinot Noir der Schweiz keltert.
Burgat: „Seit ich vor 25 Jahren die Önologen-Schulbank in Changins drückt, hatte ich die Vision eines Weins, der nicht behandelt werden muss und keinen Schwefel braucht. Gegärter Traubensaft pur. Diese Vision ist nun wahr geworden.“ Das Resultat hat er „L’Audacieux“ getauft, der Wagemutige, der Kühne. Unbescheiden fügt Burgat hinzu: „Das ist der natürlichste Wein der Welt!“ Fragen nach Alterungspotenzial können noch nicht beantwortet werden. Aber jene nach der Qualität. Hier die Antwort:
L’Audacieux 2012, Caves de Chambleau, Colombier NE
Recht grün in der Nase, riecht erstaunlicherweise trotz der totalen Schwefelabstinenz leicht nach Schwefel, kräuterig und hart, biologisch-künstlich anmutend, wenig Frucht; im Gaumen erstaunliche Kraft, Tannine, erdig, voluminös und süss, gleichzeitig medizinal. Als Essensbegleiter gut geeignet. Für sich alleine hält sich der Spass in Grenzen. Score: 15,5/20 (CHF 35.--. Der erste Jahrgang ist allerdings bereits ausverkauft. www.chambleau.ch)
Frescobaldi – ein Name, der für jahrhunderte-alte Tradition im italienischen Weinbau und –handel steht. Seit dem 13. Jahrhundert gehören die Marchesi die Frescobaldi zu den bedeutendsten toskanischen Handelsfamilien. Schon im 14. Jahrhundert verzückten die Tropfen der Weinmacher des florentinisches Adelsgeschlechts viele europäische Höfe. Heute produziert das Imperium fast 10 Millionen Flaschen, besitzt neun Weingüter und hat 300 Mitarbeiter. Die Kernkompetenz liegt indes unverändert in den klassischen Toskanern, also Weinen aus Sangiovese-Trauben. Mövenpick hat eine Eigenabfüllung zum Wein des Jahres gemacht. Eine gelungene Wahl. Noch besser sind zwei Klassiker des Guts: Der Brunello Castelgiocondo und der Mormoreto. Letzterer ist allerdings ein vollständig Sangiovese-freier Bordeaux Blend des Castello di Nipozzano. Und was ist das neuste Kind des Frescobaldi-Imperiums wert, der Vecchie Viti? Die Notizen zu den einzelnen Weinen:
Sentieri die Frescobaldi 2011 (50% Sangiovese, dazu Merlot, Cabernet Sauvignon und Petit Verdot; Wein des Jahres 2014 von Mövenpick)
Schöne Nase, rote Kirschen, würzig, macht Lust auf den ersten Schluck, wo wieder Fruchtaromen dominieren, wird dann etwas herb sowie wild-rustikal, schöner Fluss, rechte Tannine, tolles Finish. Score: 16,5/20 (CHF 18.50)
Brunello di Montalcino 2009, Castelgiocondo (100% Sangiovese, Foto)
Ausladende Nase, Kirschen, Waldnoten, Harz, Tertiäraromen, vor allem nasses Holz, im Gaumen würzig, leichtlebig-fruchtig, geröstete Chriesikerne, extreme Frische, stützende Säure, wunderbare Textur, gegen Ende auch tolle Süsse, recht lang. Score: 18/20 (CHF 58.—für Jahrgang 2007)
Nipozzano Vecchie Viti 2011, Collezione Privata, Chianti Rufina Riserva (90% Sangiovese)
Fruchtig-kirschige Nase, ausladend, Zedernholz, im Gaumen rund, aggressive Säure, führt zu Adstringenz, wirkt etwas beliebig, immerhin frisch, mittleres Finish. Score: 15,5/20 (CHF 32.--)
Mormoreto 2010, Castello di Nipozzano (Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Petit Verdot)
Wunderschön parfümierte Nase, Chriesi, leichte Vanille- und Zedernholznoten, im Gaumen stoffig und doch äusserst elegant, präsente Tannine, Superlänge! Score: 18/20 (CHF 68.--)
(Alle Weine erhältlich unter www.moevenpick-wein.com)
Frescobaldi – ein Name, der für jahrhunderte-alte Tradition im italienischen Weinbau und –handel steht. Seit dem 13. Jahrhundert gehören die Marchesi die Frescobaldi zu den bedeutendsten toskanischen Handelsfamilien. Schon im 14. Jahrhundert verzückten die Tropfen der Weinmacher des florentinisches Adelsgeschlechts viele europäische Höfe. Heute produziert das Imperium fast 10 Millionen Flaschen, besitzt neun Weingüter und hat 300 Mitarbeiter. Die Kernkompetenz liegt indes unverändert in den klassischen Toskanern, also Weinen aus Sangiovese-Trauben. Mövenpick hat eine Eigenabfüllung zum Wein des Jahres gemacht. Eine gelungene Wahl. Noch besser sind zwei Klassiker des Guts: Der Brunello Castelgiocondo und der Mormoreto. Letzterer ist allerdings ein vollständig Sangiovese-freier Bordeaux Blend des Castello di Nipozzano. Und was ist das neuste Kind des Frescobaldi-Imperiums wert, der Vecchie Viti? Die Notizen zu den einzelnen Weinen:
Sentieri die Frescobaldi 2011 (50% Sangiovese, dazu Merlot, Cabernet Sauvignon und Petit Verdot; Wein des Jahres 2014 von Mövenpick)
Schöne Nase, rote Kirschen, würzig, macht Lust auf den ersten Schluck, wo wieder Fruchtaromen dominieren, wird dann etwas herb sowie wild-rustikal, schöner Fluss, rechte Tannine, tolles Finish. Score: 16,5/20 (CHF 18.50)
Brunello di Montalcino 2009, Castelgiocondo (100% Sangiovese, Foto)
Ausladende Nase, Kirschen, Waldnoten, Harz, Tertiäraromen, vor allem nasses Holz, im Gaumen würzig, leichtlebig-fruchtig, geröstete Chriesikerne, extreme Frische, stützende Säure, wunderbare Textur, gegen Ende auch tolle Süsse, recht lang. Score: 18/20 (CHF 58.—für Jahrgang 2007)
Nipozzano Vecchie Viti 2011, Collezione Privata, Chianti Rufina Riserva (90% Sangiovese)
Fruchtig-kirschige Nase, ausladend, Zedernholz, im Gaumen rund, aggressive Säure, führt zu Adstringenz, wirkt etwas beliebig, immerhin frisch, mittleres Finish. Score: 15,5/20 (CHF 32.--)
Mormoreto 2010, Castello di Nipozzano (Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc, Petit Verdot)
Wunderschön parfümierte Nase, Chriesi, leichte Vanille- und Zedernholznoten, im Gaumen stoffig und doch äusserst elegant, präsente Tannine, Superlänge! Score: 18/20 (CHF 68.--)
(Alle Weine erhältlich unter www.moevenpick-wein.com)
Es hat durchaus das Zeug zum Standardwerk, das nigelnagelneue Büchlein von Gerd Rindchen und Gotthard Scholz, das sich der Kombination von Food und Wein widmet. Es gibt gute Tipps, es räumt mit vielen Vorurteilen radikal auf, die beiden wichtigsten der sieben Goldenen Regeln des Buches sind ebenso leicht verständlich und gescheit wie der Aufbau des Werks. Sie lauten: Trink zum Esen, was Dir schmeckt. Und: Ein schlechter Wein passt nicht zu gutem Essen. Die zweite Regel könnte man durchaus verallgemeinern und reduzieren auf: Ein schlechter Wein geht gar nie! Auch positiv: Das Büchlein versucht eine Antwort zu geben auf die Frage aller Fragen in der Küche: Welchen Wein reicht man zu Salat?
Und auch den Kochfreak lässt das Autorenduo nicht links liegen und liefert gleich 20 Rezepte-Klassiker aus Küchen verschiedenster Couleur mit passenden Weintipps. Dennoch habe ich einige Dinge vermisst, die ich Ihnen gewissermassen als kleinen Bonusteil zum Buch weitergebe:
- Der Chasselas wurde als klassischer Käsebegleiter komplett übergangen. Wie geht das, wenn einer der Autoren „Gotthard“ heisst? Gar nicht! Also: Ein gereifter Chasselas, ein zehnjähriger top Waadtländer oder Fendant, ist zu einem kräftigen Hartkäse ein Gedicht.
- Nach wie vor der beste Rotwein zu Käse ist ein Piemonteser Ruché aus der gleichnamigen Traube. Auch wenn sich die Produzenten der besten Ruché mit Hand und Fuss dagegen wehren, ihr Gewächs auf eine Käsewein zu reduzieren. Es passt halt wirklich perfekt. Basta. Wunderbare Ruchés produziert ein Pärchen aus der Deutschschweiz, die Binggelis: www.terrafelice.ch.
- Vergessen wurde auch der Sauvignon als perfekter Spargelbegleiter. In Terlan, der italienischen Spargelhochburg im Südtirol, füllt die dortige Genossenschaftskellerei jedenfalls Jahr für Jahr einen Spargelwein ab, der vorzüglich zu den weissen Stangen passt. Ganz sicher ebenso gut wie Riesling.
(Crashkurs Essen & Wein. 160 Seiten. Klappenbroschur. Ca. 100 Fotos und Illustrationen. ISBN 978-3-8338-3766-1. CHF 27.90. www.buch.ch)
Es hat durchaus das Zeug zum Standardwerk, das nigelnagelneue Büchlein von Gerd Rindchen und Gotthard Scholz, das sich der Kombination von Food und Wein widmet. Es gibt gute Tipps, es räumt mit vielen Vorurteilen radikal auf, die beiden wichtigsten der sieben Goldenen Regeln des Buches sind ebenso leicht verständlich und gescheit wie der Aufbau des Werks. Sie lauten: Trink zum Esen, was Dir schmeckt. Und: Ein schlechter Wein passt nicht zu gutem Essen. Die zweite Regel könnte man durchaus verallgemeinern und reduzieren auf: Ein schlechter Wein geht gar nie! Auch positiv: Das Büchlein versucht eine Antwort zu geben auf die Frage aller Fragen in der Küche: Welchen Wein reicht man zu Salat?
Und auch den Kochfreak lässt das Autorenduo nicht links liegen und liefert gleich 20 Rezepte-Klassiker aus Küchen verschiedenster Couleur mit passenden Weintipps. Dennoch habe ich einige Dinge vermisst, die ich Ihnen gewissermassen als kleinen Bonusteil zum Buch weitergebe:
- Der Chasselas wurde als klassischer Käsebegleiter komplett übergangen. Wie geht das, wenn einer der Autoren „Gotthard“ heisst? Gar nicht! Also: Ein gereifter Chasselas, ein zehnjähriger top Waadtländer oder Fendant, ist zu einem kräftigen Hartkäse ein Gedicht.
- Nach wie vor der beste Rotwein zu Käse ist ein Piemonteser Ruché aus der gleichnamigen Traube. Auch wenn sich die Produzenten der besten Ruché mit Hand und Fuss dagegen wehren, ihr Gewächs auf eine Käsewein zu reduzieren. Es passt halt wirklich perfekt. Basta. Wunderbare Ruchés produziert ein Pärchen aus der Deutschschweiz, die Binggelis: www.terrafelice.ch.
- Vergessen wurde auch der Sauvignon als perfekter Spargelbegleiter. In Terlan, der italienischen Spargelhochburg im Südtirol, füllt die dortige Genossenschaftskellerei jedenfalls Jahr für Jahr einen Spargelwein ab, der vorzüglich zu den weissen Stangen passt. Ganz sicher ebenso gut wie Riesling.
(Crashkurs Essen & Wein. 160 Seiten. Klappenbroschur. Ca. 100 Fotos und Illustrationen. ISBN 978-3-8338-3766-1. CHF 27.90. www.buch.ch)