Die kleine Gemeinde Saint-Julien im französischen Weinanbaugebiet Bordeaux ist bekannt für elegante und klassische Rotweine. Mitten darin eingebettet ist das Château Ducru-Beaucaillou, dessen Geschichte mehrere Hundert Jahre zurückreicht. Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Weingut von deutschen Truppen besetzt und erlitt erhebliche Schäden. In den Jahren danach wurde es von verschiedenen Eigentümern verwaltet, bevor es 1988 von der Familie Borie erworben wurde, die das Weingut bis heute führt und teilweise sogar darauf lebt.
Die dicht bestockten Rebberge von Château Ducru-Beaucaillou sind vorwiegend mit den dunklen Rebsorten Cabernet Sauvignon und Merlot bepflanzt und seit dem Jahr 2018 offiziell biologisch zertifiziert. Eine strenge Auslese und konservative Weinbaumethoden lassen hier einen Wein entstehen, der es mit den ganz grossen Namen in Bordeaux aufnehmen kann. Es erstaunt daher nicht, dass die Weine von Château Ducru-Beaucaillou seit dem Jahr 1855 das noble Prädikat Deuxième Grand Cru Classé tragen.
So wertvoll ist eine Flasche Château Ducru-Beaucaillou 1955
Blick-Leser Jörg Hürlimann hat Glück, denn der Jahrgang 1955 gilt im Bordeaux grundsätzlich als grosses Jahr und hat zahlreiche Traumweine hervorgebracht, die, sofern gut gelagert, auch heute noch wunderbaren Trinkgenuss bieten können. Insgesamt waren die Weine von den rechtsseitigen Gebieten des Beckens der Gironde oder des Flusses Dordogne, wie Saint-Emilion oder Pomerol, den Weinen vom linken Ufer, zu dem auch die Gemeinde Saint-Julien gehört, überlegen.
Das Öffnen einer fast 70-jährigen Flasche Wein birgt immer ein gewisses Restrisiko. Die Chance ist leider relativ gross, dass die Flasche von Jörg Hürlimann den Zenit bereits vor Jahren überschritten hat. In diesem Fall dürfte der Wein vor allem oxidative Noten von getrockneten Feigen sowie tertiäre Aromen wie Leder, Pilz oder Erde verströmen. Perfekt erhaltene Flaschen bergen aber das Potenzial für Weingenuss auf höchstem Niveau und bringen zusätzlich eine frische Minze-Note, samtige Tannine und viel Schmelz mit sich. Auf dem Weltmarkt kosten gut erhaltene 0,75-Liter-Flaschen aktuell zwischen 500 und 800 Franken.