Ein hoher Proteingehalt, reich an Spurenelementen, fett- und kalorienarm: Algen gelten als Superfood. Kaum einem anderen Lebensmittel werden so viele gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben wie dem Meergemüse. Dies, obwohl der genaue Nährstoffgehalt nur schwer bestimmbar ist und stark variieren kann. Das Interesse am vermeintlichen Wunderkraut wächst trotzdem – und die Algen werden auch hierzulande als Lebensmittel immer beliebter.
Algen wachsen nicht nur in Japan
Über 80’000 verschiedene Algenarten sind bekannt, gut 50 davon kann man essen. In Japan, China und Korea sind sie schon seit über 2000 Jahren ein Grundnahrungsmittel. Mehr als neun Millionen Tonnen Algen werden in Asien pro Jahr konsumiert. Aber auch vor den Küsten von Irland, Schottland, Wales und Nordwestfrankreich wachsen Algen – und werden auch dort gegessen. Als Lebensmittel sind vor allem die Grün-, Braun- und Rotalgen von Bedeutung. Bei uns kauft man Algen und Algenpräparate in Asia-Läden, Reformhäusern oder über das Internet.
Lange Transportwege
Nicht nur aufgrund ihres Nährstoffgehalts werden Algen als «Nahrungsmittel der Zukunft» gehandelt: Das Meergemüse ist anspruchslos, wächst schnell nach und verbraucht keine Landressourcen. Vom Standpunkt der Nachhaltigkeit aus ist Algen-Essen trotzdem nicht ideal, da die meisten Algen aus Asien importiert werden. Die langen Transportwege sind aber nicht das einzige Problem. Algen nehmen alle Stoffe des Meerwassers in sich auf – im schlimmsten Fall auch Schadstoffe und Schwermetalle. Ausserdem enthalten die Algen sehr viel Jod. Für Europäer, die plötzlich viele Algen essen, kann eine Überdosis schädlich sein.
Algen sind zudem teuer. Getrocknete Algen sind zwar günstiger als frische, kosten aber immer noch mehr als einheimisches Gemüse. Heimische Gewächse wie Grünkohl, Spinat, Mangold, Broccoli und Petersilie bieten ein ähnliches Nährstoffspektrum. Zwar sind sie weniger reich an Mineralstoffen und B-Vitaminen, enthalten aber mehr Ballaststoffe – und sind weniger stark verunreinigt. Wer sich trotzdem an den Trendfood wagen möchte, sollte beim Kauf auf Bio-Qualität achten. Sicherer sind auch europäische Algen, beispielsweise aus Spanien oder Frankreich.
Einige der beliebtesten und vielseitigsten Algenarten sind:
Nori ist ein Oberbegriff für rund 30 verschiedene Rot- und Grünalgen. Da sie im Süsswasser wachsen, ist ihr Aroma meist milder und süsslicher als dasjenige der Salzwasseralgen.
Zur Herstellung des Nori werden die Algen zunächst zerkleinert, zu hauchdünnen Blättern gepresst und anschliessend getrocknet oder geröstet.
In der asiatischen Küche findet Nori Verwendung als Hülle für Sushi oder zerkrümelt als Würzmittel für Nudeln, Reis oder Salate. Die Algen wachsen aber auch in Irland und Wales, wo man sie «laver» nennt. Mit Hafer gemischt und frittiert wird das sogenannte «Laver Bread» zubereitet, das man traditionellerweise mit Eiern zum Frühstück isst.
Kombu, auch Kelp genannt, zählt zu den Braunalgen und hat grosse, dunkle Blätter. Die Alge wächst auf der ganzen Welt, bevorzugt in klaren, kalten Gewässern. Die braunen Streifen schmecken leicht nach Fisch und haben eine weiche, zähe Konsistenz. Je nachdem ob sie aus Asien oder Europa stammen, sind die Algen süsslich-mild oder kräftig im Geschmack.
In der japanischen Küche dient Kombu als Basis für Dashi-Brühe, in der Bretagne wird die Alge als Beilage zu Schweinefilet – «mignon de porc» – serviert. Durch den hohen Anteil an natürlichem Glutamin wirkt Kombu wie ein natürlicher Geschmacksverstärker. Deshalb wird Kombu gerne auch zu Pulver zerrieben und als Gewürz verwendet.
Wakame, eine Braunalge, ist neben Nori eine der wichtigsten japanischen Speisealgen. Die federförmigen Blätter können bis zu einem Meter lang werden und es sind sogar einige Teile der Wurzel essbar. Wakame schmeckt angenehm nach Meer und hat eine eher knackige Konsistenz. Beliebt ist Wakame als Einlage in der japanischen Misosuppe oder als Salat mit Gurken und Sesam. Wie Kombu kann auch Wakame zerrieben und zum Würzen verwendet werden. Beim Kochen von Hülsenfrüchten sorgen ausserdem ein paar Wakame-Algen im Topf für eine bessere Verdaulichkeit und kürzere Kochzeit.
Die Dulse ist eine Rotalge und gedeiht in den kalten Küstengewässern des Atlantiks und Pazifiks. Die etwa 20 cm langen Blätter sind leicht transparent und wachsen in rötlichen Büscheln. Im Gegensatz zu vielen anderen Algen ist die Dulse auch bei uns frisch erhältlich. Frisch schmeckt sie mild und würzig, getrocknet eher salzig. In der isländischen, nordamerikanischen und mediterranen Küche wird die Dulse ähnlich wie Spinat als Gemüse verwendet und passt zu Fischgerichten oder als Salat mit Gurken, Karotten und Kräutern. Getrocknet eignet sich Dulse als Ersatz für Kautabak.
Eine beliebte Grünalge ist der sogenannte Meersalat. Die Alge ist weltweit verbreitet und wächst nicht nur in Osasien, sondern auch im Mittelmeer sowie der Nord- und Ostsee. Der Meersalat wird auch in der Landwirtschaft als Futterergänzung für Vieh oder Düngemittel verwendet. Die knackigen, etwa handtellergrossen Blätter schmecken frisch-gemüsig, und erinnern äusserlich an Spinat. Sie wird gerne roh als Salat gegessen. Zermahlen im Brot dient sie als Feuchthaltemittel. Auch pikantes asiatisches Gebäck, Teigwaren und Würzmischungen werden oft mit Meersalat verfeinert.
Neben den grossen Speisealgen gibt es die sogenannten Mikroalgen: Diese sind mikroskopisch klein und können nicht als «Gemüse» zubereitet werden. Mikroalgen wie Chlorella oder Spirulina werden als Tabletten oder Pulver als Eisen-, Omega-3- oder B12-Präparate verkauft. Sie enthalten alle essenziellen Aminosäuren und haben einen Proteingehalt von bis zu 70 Prozent, weshalb sie als Nahrungsergänzungsmittel vor allem bei Vegetariern und Veganern beliebt sind.