Heidi, Bio, Demeter, Pro Montagna und Co.
Das bedeuten die Milch-Labels wirklich

Am 23. September stimmen wir über strengere Richtlinien bei Lebensmitteln ab. Bei der Milch gibt es heute schon ein Wirrwarr von Labels. Wir erklären Ihnen, was sie bedeuten.
Publiziert: 11.09.2018 um 21:17 Uhr
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Aktualisiert: 07.11.2018 um 11:08 Uhr
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Aus der Region. Für die Region. Tierhaltung: konventionell. Besonderes: Milch stammt zu 100% aus der Region. Als Region gilt die Migros-Genossenschaft, die meist mehrere Kantone umfasst. (1.50 FR. / Migros)
Foto: zVg
Helen Weiss

Weidende Hornkühe, majes­tätisches Bergpanorama und idyllische Alpweiden: In den Kühlregalen buhlen zahl­reiche Milchlabels mit urtümlichen Illus­trationen um die Aufmerksamkeit der Konsumentinnen und Konsumenten. Rund 3,5 Millionen Tonnen Milch – ein Kilogramm Milch entspricht ungefähr einem Liter – werden in der Schweiz jährlich konsumiert. Zum Kauf locken über ein Dutzend Milchmarken.

«Bei dieser Vielfalt ist es für die Konsumenten schwierig, den Unterschied zu erkennen», weiss Eva Hirsiger, Projektleiterin Standards und Labels bei Praktischer Umweltschutz (Pusch). Die Organisation ermöglicht deshalb mit labelinfo.ch etwas Durchblick im Label-Salat. Trotzdem: Im Supermarkt fehlt den meisten wohl schlichtweg die Zeit, sich vor dem Kühlregal über die spezifischen Anforderungen zu infor­mieren.

Dabei gibt es zum Teil grosse Unter­schiede. «Die meisten Labels haben punkto Nachhaltigkeit durchaus einen Mehrwert», so Hirsiger. Labels würden denn auch Pionierarbeit leisten, sagt die Fachfrau. «Die Standards werden herauf­gesetzt, sobald sich ein Label ­etabliert.» Bei der Milch sei dies ­besonders deutlich zu beobachten: «Coop und Migros haben kürzlich strengere Produktionsvorgaben angekündigt, die sich wohl schon bald als generelle Anforderung durchsetzen werden.»

Mehr Geld für Milchbauern

Dabei reagieren die beiden Grossverteiler nicht nur auf den Konsumentenwunsch nach artgerechter Nutztierhaltung, sondern gleichzeitig auch auf die Forderungen nach einem fairen Milchpreis.
Laut Schätzungen der Fachzeitung «Schweizer Bauer» erhalten Landwirte von beiden Detailhändlern ­jeweils 68 Rappen pro Kilogramm Milch. Werden höhere Anforde­rungen punkto Tierwohl wie RAUS ­(regelmässiger Auslauf im Freien) oder BTS (besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme) erfüllt, erhalten die Produzenten von Coop ab August neu 4 bis 6 Rappen mehr pro Kilo Milch.

Die Migros-Molkerei Elsa wird ab 2019 ebenfalls das ganze Sor­timent auf ein neues Nachhaltigkeitsprogramm umstellen. Im Gegen­satz zu Coop soll die Milch der Migros im Laden aber gleich teuer bleiben. Unbekannt ist, wie hoch der Aufschlag für die teilnehmenden Bauern wird.

Alle Abstimmungen auf einen Blick

Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.

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Faire Preise für Produzenten

Einen ähnlichen Fokus hat das neue Label «SwissFamilyMilk» der Züger Frischkäse AG in Oberbüren SG: Mit einem Bonussystem werden Mehrleistungen wie regionale Produktion oder Tierwohl gezielt gefördert. «Wir schaffen damit ein Anreizsystem, statt Verbote aufzustellen», betont Geschäftsführer Christof Züger. «So möchten wir unsere Milchproduzenten dabei unterstützen, besser zu werden, und entlöhnen diese Bemühungen entsprechend.» Produkte mit dem Gütesiegel «SwissFamilyMilk» sind ab kommendem Herbst im Detailhandel erhältlich.

«Mit der Lancierung unserer Initiative ‹Fair› haben wir massgeblich zur nationalen Diskussion über
die Milchpreise beigetragen», ist Amanda Ebeling, Projektleiterin der gleichnamigen Organisation, überzeugt. Auch dieses Label, das Anfang Jahr von einer Gruppe ­Bäuerinnen und Bauern initiiert wurde, fordert einen höheren Produzentenpreis: 75 Rappen sollen Milchproduzenten pro Kilo Milch erhalten. Ebeling: «Viele Konsumenten sind bereit, mehr für die Milch zu zahlen.»

Neu ist «faire Milch» eigentlich nicht: Seit Ende letzten Jahres ­verkauft Volg in einigen Filialen «Faire Milch», und das Gütesiegel garantiert den Bauern 80 Rappen pro Liter. Noch fehlt allerdings ein Label, das sowohl für Nutztierschutz und Regionalität als auch für faire Entlöhnung der Landwirte steht. 

* regelmässiger Auslauf im Freien: Das RAUS-Programm gewährleistet, dass die Tiere im Sommer 26 Tage Weidegang pro Monat erhalten. Im Winter sind es 13 Tage pro Monat oder alternativ Zugang zu einem Laufhof während des ganzen Jahres.

** besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme: BTS-Tierhaltungen erfüllen höhere Anforderungen als die geltende Tierschutzverordnung.

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