Jedes Kind kennt sie. Immer mehr essen sie: Die Brennnessel bahnt sich ihren Weg – nicht nur in vergessenen Ecken des Gartens, sondern auch in die Spitzengastronomie. Geschuldet ist das nicht zuletzt ihrem grössten Fan: Doris Abt (39), auch Brennnesselkönigin genannt.
Abts Reich ist ein altes Bauernhaus im zürcherischen Oetwil am See. Statt Blumen steht dort eine Nessel in der Vase, andere baumeln getrocknet von der Decke.
Die Liebe ist frisch. Noch vor drei Jahren wusste Abt nicht, was tun mit der Pflanze. Sie riss sie aus – Unkraut eben. Doch dann hörte sie Geschichten über die Nessel und begann sich zu informieren. Denn was sie hörte, war wunderlich. Die Brennnessel ist reich an Eisen und Protein – und sie schmeckt erst noch lecker.
Brennnesseln landeten früher oft auf dem Teller. In grossen Teilen Deutschlands soll es nach dem Zweiten Weltkrieg kaum noch Brennnesseln gegeben haben – alle aufgegessen.
Jahrzehnte später erlebt die Pflanze ein Revival. Diesmal nicht aus Not. «Die Brennnessel ist ein Superfood, das direkt vor der Haustüre wächst», schwärmt Abt. Ihre Mission ist es, die Nessel bekannter zu machen. Sie hat dafür den Verein Brennpunkt Brennnessel gegründet.
Brennnessel - Die kleine Diva
Denn natürlich gibt es da etwas, was viele abschreckt: die Wehrhaftigkeit der Brennnessel. Kleine Diva nennt Abt sie deshalb. Sie weiss, was vor dem Brennen schützt: ein Wallholz! Einige Male kräftig über die Blätter rollen und die feinen Gifthärchen sind futsch.
Ist dieser Kampf erst mal gewonnen, sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Pesto, Risotto, Spätzli, aber auch Süsses wie Soufflé kann man aus dem Kraut machen. Sogar Brennnesselbier gibt es.
Und wer hätte es gedacht: Die Nessel hilft auch in der Liebe. Aus vielen Gegenden ist dieser Brauch überliefert: An einem heissen Freitag vor Sonnenaufgang heimlich auf einen Nesselstrauch urinieren, dazu den Namen des oder der Begehrten sagen und die Pflanze mit Salz bestreuen. Die Nessel nach Sonnenuntergang ausgraben und diesen Spruch aufsagen: «Öl, Ammel, Ingrimm, so wie die Nessel hier brennt, so brenne auch ihr (oder sein) Herz nach mir.»
Mit Sicherheit wahr ist, dass die Brennnessel Schmetterlinge fliegen lässt: 40 Raupenarten ernähren sich von der Nessel. Was Raupen schmeckt, hilft Schafen. Bauer Urs Maier aus Uesslingen TG pflanzt seit vier Jahren Brennnesseln an, um sie seinen Tieren zu verfüttern. Er ist überzeugt von ihrer Heilkraft. «Die Brennnessel hält meine 800 Schafe gesund», sagt Maier. Und seine Bio-Brennnessel-Milch, die landet dann im Schafsmilchjoghurt der Grossverteiler.
- 60 unterschiedliche Nesselarten mit Brennhaaren gibt es auf der ganzen Welt.
- 23 Meter rohe Brennnesselblätter ass der Brite Simon Sleigh. Er hält damit seit 2002 den Weltrekord.
- 40 verschiedene Schmetterlingsraupen ernähren sich von der Brennnessel.
- 6-mal mehr Vitamin C enthält die Brennnessel als die Zitrone.
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- 6-mal mehr Vitamin C enthält die Brennnessel als die Zitrone.
Die Gourmets ziehen nach
Doch es geht auch ohne den Umweg übers Schaf: Auch Gourmets brennen neuerdings für die Nessel. Freitagnachmittag im Restaurant Opera in Zürich, ausgezeichnet mit 15 Gault-Millau-Punkten. Spitzenkoch David Krüger rührt eben im Topf mit Brennnesselcreme.
Für ihn, der mit über 200 Kräutern kocht, gehört die Brennnessel ganz selbstverständlich auf den Teller. «Das Heuaroma ist unverkennbar!» Die Brennnessel dürfe deshalb durchaus auch mal die Hauptrolle spielen in der Küche, sagt Krüger.
Doris Abt freuts. Sie ist überzeugt, dass die Brennnessel ein Riesenpotenzial hat, das noch lange nicht ausgeschöpft ist.
1. Brennnesselblätter waschen und mit dem Wallholz auswallen, damit sie nicht mehr brennen.
2. Öl in Pfanne geben und erhitzen.
3. Blättchen nacheinander hineinlegen.
4. Sobald sie nicht mehr zischen, sind sie fertig und können mit einer Gabel herausgeholt werden.
5. Geröstete Blättchen kurz auf das Küchenpapier legen, damit das überschüssige Öl aufgesaugt wird.
6. Mit Salz oder Gewürzen bestreuen.
1. Brennnesselblätter waschen und mit dem Wallholz auswallen, damit sie nicht mehr brennen.
2. Öl in Pfanne geben und erhitzen.
3. Blättchen nacheinander hineinlegen.
4. Sobald sie nicht mehr zischen, sind sie fertig und können mit einer Gabel herausgeholt werden.
5. Geröstete Blättchen kurz auf das Küchenpapier legen, damit das überschüssige Öl aufgesaugt wird.
6. Mit Salz oder Gewürzen bestreuen.
Wer noch mehr über dieses Kraut wissen möchte: In Winterthur ZH laufen noch bis Samstag die Brennnesselwochen. Und viele Restaurants haben wie das Opera in Zürich die Nessel auf der Karte.
Der weltweite Hype um bestimmte, ultragesunde Lebensmittel, die den Alterungsprozess aufhalten und vor freien Radikalen schützen sollen, ist auch in der Schweiz angekommen.
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