Für Sie degustiert: Tenuta di Biserno
Die Wildsau unter den Weinen

Es ist der Lieblingswein von FC-Basel-Coach Heiko Vogel. Das Gut gehört einem Antinori-Grafen. Es liegt gleich neben Ornellaia-Reben. Die Tenuta di Biserno hat einen hohen Glamour-Faktor. Deren Weine auch!
Publiziert: 05.10.2012 um 14:53 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2018 um 00:52 Uhr
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Marchese Lodovico Antinori und Blick-Redaktor Alain Kunz im Luzerner La Cucina: Ein spassiger Abend.
Foto: Urs Karli
Von Alain Kunz

Man gibt ihm die 69 Jahre nicht. Marchese Lodovico Antinori wirkt beschwingt-frisch. Vor allem, wenn er mit Frauen charmiert. Oder über seine Weine spricht. Erst recht, wenn das in Luzern geschieht, wo der Graf jedes Jahr zu Gast ist. Diesmal im Luzerner Edel-Italiener La Cucina des umtriebigen Gastronomen Urs Karli

Der Graf selbst ist eine Legende im italienischen Weinbau. Er war es, der Ornellaia ins Leben rief. Jenes Gut, das mit dem gleichnamigen Wein und dem Lagen-Merlot Masseto Kultstatus im Stiefel erlangte. Später verkaufte Antinori das Gut. „Aus Gründen, über die ich nicht mehr sprechen mag. Da gibt es zu viele negative Erinnerungen.“

Doch lange konnte und wollte er nicht ohne die Region Bolgheri sein. Jenen Zipfel Land südlich von Livorno, der mit einem einzigartigen Mikroklima gesegnet ist, dass die dortigen Weine den grossen Bordeaux mittlerweile Konkurrenz machen können. In Bellaria, knapp ausserhalb der Bolgheri-DOC-Zone, zwischen Reben von Ornellaia und dem Städtchen Bibbona, fand er einzigartige Parzellen, die er 1997 einem Ingenieur abkaufte. 2001 wurden die ersten Reben gepflanzt. 2004 gabs den ersten Pino, den Wein, den Basels Trainer Heiko Vogel, der aus dem deutschen Winzerdorf Bad Dürkheim stammt, am liebsten trinkt. Das verriet er vor einem Jahr der „NZZ am Sonntag.“ Schon 2004 habe man festgestellt: „Das Potenzial ist unglaublich! Diese Lage ist so gut wie jene für den Masseto“, sagt der Marchese in jugendlichem Überschwang. 2006 wurde dann der erste Gutswein abgefüllt, der Biserno.

Ein europäischer Neuseeländer

Doch Lodovico ist ein ebenso grosser Verehrer von Weissweinen. Das hatte er bei Ornellaia unter Beweis gestellt, als er mit dem Poggio alle Gazze einen ganz tollen Sauvignon  herausbrachte. „Leider rissen die Mondavis die Reben später aus“, bedauert der Marchese. Derweil auf Ornellaia ein erneutes Umdenken stattfand und heuer erstmals wieder ein Poggio auf den Markt gebracht wurde, fand Antinori auf Biserno keine geeignete Lage für Weisswein. „Also kaufte ich ein Gut in Neuseeland, dem Sauvignon-Blanc-Land schlechthin.“ Der Ram’s Hill, das Spitzenprodukt, von dem es nur 4000 Flaschen gibt, wird in Barriques veredelt. „Damit er ein bisschen europäischer wird, wie in der Loire“, so Signore Antinori.

Keine Schema-x-Degustation

Szenenwechsel. Wir sind nun nicht mehr in Luzern, sondern vor Ort. Der Marchese lässt sich entschuldigen. Die Führung durch das Gut übernimmt Direttore Vittorio Mazzetti. Die Begeisterung des Marchese ist ganz offensichtlich auf sein Kader übergesprungen. Auch Vittorio erzählt voller Leidenschaft die Stories des jungen Guts. Wie Bordeaux-Star-Önologe Michel Rolland regelmässig zum Rechten schaut. Wie die Nordlage der Hänge den Biserno-Weinen zu höherer Finesse verhilft. Wie der angrenzende Wald für Frische in den Gewächsen sorgt. Wie sich Cabernet Franc immer mehr zur Mehrheitstraube in den beiden grossen Weinen mauserte. Und wie es das Credo sei, Weine als perfekte Essensbegleiter zu komponieren. „Anstatt die Leute mit einer Schema-x-Degustation zu langweilen, stellen wir unsere Weine lieber in diesem Kontext vor: zum Essen.“

Der Weinkeller fehlt noch

Wenig überraschend ist das Essen feudal auf dem feudalen Antinori-Gut. Einfache, ländliche, toskanische Küche, ein bisschen aufgepeppt. Aber vor allem - und das ist im Weinbau nicht anders: Den Unterschied machen die Produkte aus. Nur mit der besten Basis lässt sich ein Staat machen.

Okay. Wir nehmen das dankbar so entgegen. Schnell merken wir aber auch: Es fehlt ein Weinkeller, der Antinoris Repräsentations-Ansprüchen genügen würde. „Wenn das mal fertig ist“, sagt Vittorio, zeigt auf das Modell eines Kellers und schmunzelt, „werden wir mit unseren Produkten bei 98 oder 99 Parker-Punkten angelangt.“ Die typisch italienische Art, den unmöglichen Behördenwahnsinn im Bauwesen ins Lächerliche zu ziehen. Immerhin zeichnet sich Morgenröte am Horizont ab: „In ein bis zwei Jahren soll Baubeginn sein. Fünf Jahre später, so hoffen wir, soll die Cantina stehen“, denkt Vittorio.

Dann wird er ernst – und mahnt an: „Und die kredenzten Weine werden allesamt ausgetrunken.“ Die Aufgabe ist herkulanisch. Sechs Flaschen. Vier Personen. Man rechne…

DIE WEISSEN NEUSEELÄNDER VON BISERNO

Mount Nelson Sauvignon Blanc 2011 (Foto)

Tolle Nase, exotische Früchte, Zitrus, stark mineralisch, würzig-herb, sehr trocken, im Abgang etwas bitter. Schöne Fülle. Antinori nennt ihn „meinen Sushi-Wein.“ 

Score: 16,5/20 (2010: 15,5, CHF 19.--, www.bindellaweine.ch)

 

Ram’s Hill 2010

Wunderbare, tiefe Nase. Frucht, Ananas, Tiefe, dezente Mineralität, Feuerstein, Asche, Röstaromen, gute Frische und Länge.

Score: 16/20 (CHF 37.50, www.bindellaweine.ch)

Mount Nelson Sauvignon Blanc 2011 (Foto)

Tolle Nase, exotische Früchte, Zitrus, stark mineralisch, würzig-herb, sehr trocken, im Abgang etwas bitter. Schöne Fülle. Antinori nennt ihn „meinen Sushi-Wein.“ 

Score: 16,5/20 (2010: 15,5, CHF 19.--, www.bindellaweine.ch)

 

Ram’s Hill 2010

Wunderbare, tiefe Nase. Frucht, Ananas, Tiefe, dezente Mineralität, Feuerstein, Asche, Röstaromen, gute Frische und Länge.

Score: 16/20 (CHF 37.50, www.bindellaweine.ch)

DIE ROTEN VON BISERNO

Insoglio del Cinghiale 2010 (Bild)

Der Basiswein von Biserno – der mit der Wildsau auf dem Etikett, dessen Trauben aus Campo di Sasso in Bibbona stammen – überzeugt durch eine mineralische Nase, abgebranntes Holz, Rustikalität, wirkt leicht vegetal, Peperoni, ist dunkel-teerig und hat eine gute Länge.

Score: 16,5/20 (2009: 16,5/20, 2008: 16,5/20, 2007: 16/20, CHF 25.--, www.bindellaweine.ch)

 

Coronato, Tenuta dei Pianali DOC Bolgheri 2008

Dezente Nase, öffnet sich mit der Zeit, leicht alkoholisch, schöner Körper, etwas marmeladig, viel Power, mastig, frisch, gute Länge.

Score: 17/20 (CHF 34.--, www.bauraulacvins.ch)

 

Il Pino di Biserno 2008

Komplexe Nase, schwarze Beeren, Kirschen, leicht grasig, kräftig, würzig, süss, gute Länge. Ein Hammerwein, dem etwas die Finesse abgeht – Nordhang hin oder her. Mazzettis Urteil: „Ein Feuerwerk!“ Antinori sagt: „Mein Alltagswein.“

Score: 17,5/20 (2007: 17/20, CHF 55.--, www.bindellaweine.ch)

 

Biserno 2008

Ausladende Nase, leichte Toastnoten, unglaubliche Power, kirschig, geschmeidig, rund, finessenreich, gute Länge. Ein Kraftprotz mit Eleganz! Score: 18,5/20 (2007: 17/20, CHF 140.--, www.bindellaweine.ch)

Alain Kunz

Insoglio del Cinghiale 2010 (Bild)

Der Basiswein von Biserno – der mit der Wildsau auf dem Etikett, dessen Trauben aus Campo di Sasso in Bibbona stammen – überzeugt durch eine mineralische Nase, abgebranntes Holz, Rustikalität, wirkt leicht vegetal, Peperoni, ist dunkel-teerig und hat eine gute Länge.

Score: 16,5/20 (2009: 16,5/20, 2008: 16,5/20, 2007: 16/20, CHF 25.--, www.bindellaweine.ch)

 

Coronato, Tenuta dei Pianali DOC Bolgheri 2008

Dezente Nase, öffnet sich mit der Zeit, leicht alkoholisch, schöner Körper, etwas marmeladig, viel Power, mastig, frisch, gute Länge.

Score: 17/20 (CHF 34.--, www.bauraulacvins.ch)

 

Il Pino di Biserno 2008

Komplexe Nase, schwarze Beeren, Kirschen, leicht grasig, kräftig, würzig, süss, gute Länge. Ein Hammerwein, dem etwas die Finesse abgeht – Nordhang hin oder her. Mazzettis Urteil: „Ein Feuerwerk!“ Antinori sagt: „Mein Alltagswein.“

Score: 17,5/20 (2007: 17/20, CHF 55.--, www.bindellaweine.ch)

 

Biserno 2008

Ausladende Nase, leichte Toastnoten, unglaubliche Power, kirschig, geschmeidig, rund, finessenreich, gute Länge. Ein Kraftprotz mit Eleganz! Score: 18,5/20 (2007: 17/20, CHF 140.--, www.bindellaweine.ch)

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