Ein Foto einer Frau oder eines Mannes wird auf dem Handydisplay angezeigt, mit einer Wischgeste entscheidet man, ob es gefällt oder nicht. Gibts einen Treffer, kann man die andere Person kontaktieren. So funktioniert die Dating-App Tinder. Und auf demselben Prinzip baut auch die neue Schweizer Kunst-App Wydr auf.
Hier sieht man statt Menschen Aufnahmen von Zeichnungen oder Gemälden. Mit einem Klick oder Wisch entscheidet der Nutzer, ob man das Kunstwerk mag oder nicht. Gefällt ein Bild, wird es in der persönlichen Galerie abgelegt. Und mit ein paar Klicks kann man es ganz unkompliziert sogar kaufen.
Bilder von 50 bis 781'000 Euro
«Wir haben Bilder für 50 Euro genauso im Angebot wie eines für 781'000 Euro», sagt Matthias Dörner (34), einer der zwei Gründer aus Zürich. Im Schnitt liegen die Preise bei etwa 500 Euro. Die Preise sind übrigens immer in Euro angegeben, weil die App international lanciert wird und auch die Künstler aus ganz Europa stammen.
«Wir hatten eigentlich damit gerechnet, dass vor allem junge Newcomer die App nutzen», sagt Dörner. Doch schon in der Lancierungs-Phase hat sich gezeigt, dass auch etablierte Künstler und sogar Galerien Werke raufladen. «Conor Mccreedy ist so ein Beispiel. Der Maler stellt in namhaften Galerien aus, interessiert sich aber trotzdem für unsere App.» Zum Start sind rund 300 Bilder verfügbar.
Nicht selbstverständlich ist das, weil Wydr eine offene Plattform ist. Hobbymaler können genauso mitmachen wie Profi-Künstler. «Wir wollen den Menschen den Zugang zu Kunst vereinfachen und möglichst viele dafür begeistern», sagt Dörner, der sich selber als «farbenblinder Ingenieur mit Hang zur Kunstwelt» bezeichnet. Darum gebe es möglichst wenig Hürden.
Einziger Filter ist das Community-Rating, das bei jedem Bild angezeigt wird. Dahinter steckt ein Algorithmus, der die Beliebtheit aufgrund der Klicks berechnet. «Es wird aber grundsätzlich jedem Nutzer jedes Bild einmal angezeigt», sagt Dörner. «Schliesslich liegt Kunst im Auge des Betrachters.»
Wenig Kitsch, viel Kunst
Im ersten kurzen Test überzeugt die Gratis-App für iPhone oder Android mit modernem, übersichtlichem Design. Nach einer Anmeldung kann man gleich loslegen und bekommt vielfältige Kunst zu sehen. Ein wenig Kitsch gibts auch, aber das Niveau ist erstaunlich hoch.
IMAGE-ERRORNeben der Grösse, dem Namen von Bild und Künstler und der Maltechnik, findet man auch den Preis in Euro. Der Versand ist übrigens inklusive, bei einem Kauf im Ausland muss man allerdings die übliche Mehrwertsteuer-Verrechnung am Zoll dazurechnen. Bezahlt wird ganz einfach mit Kreditkarte. Das Geld bleibt bei der Plattform, bis das Bild unversehrt am Ziel angelangt ist.
Bis Ende Jahr mehrere tausend Werke
Bis Ende Jahr wollen Dörner und sein Co-Gründer mehrere tausend Bilder online haben. Geld verdient Wydr übrigens erst beim Verkauf. Wer ein Werk einstellt und verkauft, muss 30 Prozent Kommission bezahlen, wie das auch bei einer Galerie üblich ist. In der Testphase wurden bereits zehn Bilder verkauft.
Die Plattform soll auch laufend ausgebaut werden. Ganz oben auf der Liste stehen Künstlerportraits, bislang muss man den Namen selber googlen, wenn man mehr wissen will.
Alle Infos zur Plattform und eine Auswahl von Bildern findet man auf www.wydr.co.