Dahingleiten wie einst die Pharaonen
Schweizerin baut Traumschiff auf dem Nil

Statt ihr Erbe sicher anzulegen, hat Katharina Németh ein Millionen-Schiff auf dem Nil gebaut. Dann kam die Pandemie. Erst jetzt kann die Baslerin mit ihrer Dahabeya so richtig loslegen.
Publiziert: 13.11.2022 um 19:41 Uhr
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Aktualisiert: 12.12.2022 um 13:46 Uhr
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Sie hat die längste Dahabeya auf dem Nil: Die Baslerin Katharina Németh.
Foto: Nicole Tölle
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Die Sehnsucht nach dem Orient schlummerte schon früh in Katharina Németh (56). Als Zwanzigjährige sang sie in der Band Touch El Arab und landete mit dem Song «Muhammar» 1988 in den Top Ten der Schweizer Hitparade. Der Blick bezeichnete die jungen Baselbieter damals als «die verrückteste Band der Schweiz». Németh lacht: «Aus dem Traum vom Rockstar wurde allerdings nichts.» Stattdessen studierte sie Psychologie, etwas «verrückt und unkonventionell» sei ihr Leben auch so verlaufen. Immer wieder zog es sie nach Ägypten, zuerst als Tauchlehrerin, dann der Liebe wegen, heute ist sie Besitzerin der längsten Dahabeya auf dem Nil, ein traditionelles Segelschiff für luxuriöse Kreuzfahrten zwischen Luxor und Assuan.

Komfortable über die Wasserader Afrikas an 4000 Jahre alter Geschichte vorbei: Kreuzfahrt auf der Dahabeya.

Sehnsucht nach Ägypten

Zum ersten Mal reiste Németh 1999 für Tauchferien auf den Sinai ans Rote Meer und verliebte sich in Land und Menschen. Das spürt sie bis heute, jedes Mal, wenn sie aus dem Flieger steigt: «Schon in der ersten Stunde auf ägyptischem Boden lache ich mehr als in der Schweiz in einer ganzen Woche.» Anstatt sich die Sorgen ihrer Patienten anzuhören, taucht Németh als Tauchlehrerin in die Stille ab, nicht nur in Ägypten, auch in Südostasien. Ein halbes Jahr lang arbeitet sie auf einem Tauchschiff in Mikronesien. Dann zieht es sie doch wieder in das Land der Pharaonen, sie verliebt sich und heiratet. Die Ehe scheitert, die Liebe zum Land bleibt. Sie lernt Arabisch, kauft sich eine Wohnung in Hurghada im Beduinenquartier und pendelt von Allschwil BL hin und her. «Einmal, als ich zurückgekommen bin, waren Schafe bei mir einquartiert, und das im vierten Stock.» Denn so herzlich die Menschen dort auch seien, die Medaille hat eine Kehrseite: «Es gibt viele Schlitzohren. Zuverlässige Freunde zu finden, das ist nicht einfach.»

Für Pharaonen, Könige und Touristen

In Mohamed Youssef (50) hat sie einen Geschäftspartner gefunden, dem sie voll vertraut. «Er kommt aus einer angesehenen Familie von Sheiks, lernte in England Englisch und lebte und arbeitete mehrere Jahre in Europa», so Németh. Schon als 15-Jähriger sparte er auf seine eigene Feluke und segelte mit Touristen von Luxor nach Assuan.

Sein grosser Traum war es, eines Tages Besitzer seiner eigenen Dahabeya zu sein. Die schlanken Boote mit flachem Boden und zwei Segeln wurden zuerst für Pharaonen, dann für ägyptische Berühmtheiten und die königliche Familie gebaut, die gerne zur Erholung auf dem Nil unterwegs waren. Auch bei Europäern waren die Segelreisen bereits im 19. Jahrhundert beliebt. Für Németh gibt es bis heute keine schönere Art, als auf der Wasserader Afrikas das alte Ägypten zu entdecken: «Man gleitet in absoluter Stille an 4000 Jahre alter Geschichte vorbei», sagt sie. Der Vorteil einer Dahabeya: Sie stoppt an Plätzen, an denen die grösseren Kreuzfahrtdampfer nicht ankern können.

Das flache Segelschiff kann fast überall ankern – besonders dort, wo grössere Dampfschiffe nicht hinkommen.

Bad und Bett für Schweizer

Heute gewinnt Slow Travel, also das entschleunigte Reisen, wieder an Beliebtheit. Auf dem Nil sind etwa 160 Dahabeyas in verschiedensten Klassen unterwegs. Konkurrenz gibt es also genug, aber laut Katharina fehlt meist der Standard, auf den besonders das Schweizer Publikum Wert legt. «Das fängt beim Badezimmer und den Betten an», so Katharina. «Qualität, Design, Hygiene und Service müssen stimmen.» Als sie sich 2018 entscheidet, gemeinsam mit Mohamed eine eigene Dahabeya zu bauen, hat sie hohe Ziele: «Ich wollte das schönste und beste Schiff auf dem Nil.» Während sich Mohamed um die Bewilligung für den Bau und alles Technische kümmerte, ging Katharina ganz in der Gestaltung auf. «Ich habe die Pläne der Räume im Innern des Schiffes gezeichnet und sämtliche Möbel in den Kabinen und auf dem Sonnendeck entworfen.» Von der Pergola bis zur Bar, vom Kissen bis zum Vorhangstoff – alles ist von ihr gestaltet.

Suite mit allem Komfort und eigenem kleinen Balkon – bei der Einrichtung wurde nicht gespart.

Nur das Beste ist gut genug

Gespart hat sie bei der Einrichtung der «Queeny of the Nile» nicht: Über 1 Million Franken hat der Bau des Boutique-Schiffes gekostet. Ob es das schönste ist, liegt im Auge des Betrachters: Mit 56 Metern Länge ist es aber die längste Dahabeya auf dem Nil. Leisten konnte sich die Baslerin das Traumschiff dank einer Erbschaft. «Mein Banker hat damals den Kopf geschüttelt, die sicherste Investition sei das nicht gerade.» Aber sie wollte etwas Eigenes erschaffen. Etwas, wovon sie ein Einkommen hat und bei dem sie selber viel reisen kann, statt in ihrer Praxis zu sitzen. Aber kaum ging der stolze Kahn im Herbst 2019 auf Jungfernfahrt, kam die Pandemie. Katharina: «Zuerst dachte ich, das war der grösste Fehler meines Lebens, jetzt habe ich das Geld vom Papa verblödet.»

Das Badezimmer wie daheim - Standard für Schweizer Reisende.
Foto: Zvg

Inzwischen ist die Reiselust wieder gestiegen, und zu den beliebten Destinationen gehört laut verschiedenen Veranstaltern auch Ägypten. Denn es gibt viele Pauschalangebote und Flüge, die Anreise ist kurz und die Formalitäten unkompliziert. Und wenn schon eine Kreuzfahrt, dann seit Corona doch lieber auf kleinen Schiffen mit viel Komfort: Die Queeny hat zehn weiträumige Kabinen mit Panoramafenstern plus zwei Suiten mit eigenem kleinem Balkon. Auf dem Deck gibt es Sonnenliegen, eine Bar und Lounge mit viel Platz, 15 Angestellte kümmern sich um das Wohl der Gäste. Katharina blickt zuversichtlich in die Saison und hat schon neue Ideen im Kopf: «Eine zweite Dahabeya. Oder eine Yacht für Taucher im Roten Meer. Aber zuerst muss die Queeny etwas Dampf machen.»

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