Der Schweizer Ingenieur Maurice Koechlin entwarf nicht nur die tragende Unterkonstruktion der Freiheitsstatue, sondern 1884 auch einen Turm aus Eisen. Sein Patron Gustave Bönickhausen zeigte kein Interesse, doch als Paris Ingenieure einlud, Projekte für die Weltausstellung 1889 einzureichen, wurde Koechlins Skizze leicht abgeändert und gewann die Ausschreibung.
Deutsche Namen waren nach dem verlorenen Deutsch-Französischen Krieg von 1871 so beliebt wie ranzige Butter. Bönickhausen setzte deshalb vor Gericht eine Namensänderung durch, um die Akzeptanz für das «Stahlgerippe von Paris» zu erhöhen. Er hiess nun Gustave Eiffel. Vergebens. Namhafte Persönlichkeiten verspotteten dieses «unfertige Skelett von frappierender Hässlichkeit». Eiffel blieb eisern und nannte den «Turm zu Babel» Eiffelturm.
Bloss nichts verkleiden
Seine Vorfahren, eine Dynastie von Tapezierern, hatten es sich zur Aufgabe gemacht, Wände zu verkleiden. Er hingegen wollte genau das Gegenteil, damit das Eisengerippe seiner revolutionären Brücken-Konstruktionen für alle Welt sichtbar war.
Das «Spinnengewebe aus Eisen» wurde errichtet und sollte nach der Weltausstellung verschrottet werden. Eiffel leistete Widerstand und argumentierte, man könne den Turm später für physikalische Experimente nutzen. Der mittlerweile weltberühmte «Eisenmagier» setzte sich erneut durch.
Fehlkonstruktion in Münchenstein
Gigantisch war auch sein Ego. Bereits in jungen Jahren führte er Tagebuch und sprach von sich in der dritten Person. In seinen Aufzeichnungen findet sich kein einziger Hinweis auf eine Freundschaft. Alles hat er dem Erfolg untergeordnet. Selbst für seine sterbende Ehefrau hatte er keine Zeit. Der Brückenbau in Porto hatte Priorität.
Im Sommer 1891 stürzte im schweizerischen Münchenstein eine seiner Eisenbahnbrücken zusammen und brachte 73 Passagieren den Tod, 171 Menschen wurden verletzt. Ein Gutachten des Polytechnikums Zürich ergab, dass Eiffels Brücke aus Kostengründen mangelhaft konstruiert worden war.
Die anschliessende Verwicklung in einen Bestechungsskandal endete vor Gericht. Der Gedemütigte übergab seine Gesellschaft Eiffel & Cie. an Maurice Koechlin und zog sich zurück. Geblieben ist die «traurigste Strassenlaterne von Paris».
Claude Cueni (62) ist Schriftsteller und lebt in Basel. Kürzlich ist sein neuer Roman «Der Mann, der Glück brachte» erschienen. Cueni schreibt jeden zweiten Freitag im BLICK.