In der ersten Phase von No Poo fettet Haar stark
«Haarewaschen ohne Shampoo ist eine Geduldssache»

Viele schwören darauf: Die Haare ohne Shampoo zu waschen, soll für eine strahlende Mähne sorgen. Eklig oder wirklich gesund? Life-Redaktorin Vanessa Büchel hat die Methode eine Woche lang getestet.
Publiziert: 19.02.2020 um 08:46 Uhr
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Aktualisiert: 21.07.2020 um 19:40 Uhr
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Life-Redaktorin Vanessa Büchel testet eine Woche lang die No-Poo-Methode.
Foto: zvg
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Vanessa BüchelRedaktorin Lifestyle

Als ich meinen Freundinnen von meinem Vorhaben erzähle, eine Woche lang meine Haare ohne Shampoo und Conditioner zu waschen, ernte ich irritierte Blicke. «Ist das nicht eklig?», fragen sie mich. Das war auch mein erster Gedanke, als ich mir überlegte, die Haarwaschmethode No Poo zu testen.

Meinen Entschluss fasste ich, weil im Internet so viele darauf schwören. Darunter auch Stars wie Gwyneth Paltrow oder Adele. Es sei gesünder, und die Haare würden glänzender, voller und stärker werden.

Was ist No Poo genau?

No Poo ist die Abkürzung für «No Shampoo». Wer mindestens sechs Wochen auf Shampoo und andere Haarprodukte verzichtet, bei dem soll sich Talgproduktion auf der Kopfhaut normalisieren, und die Haare sollen anschliessend besser fallen und gesünder aussehen.

Manche No-Poo-Fans verzichten ganz auf Pflegeprodukte und waschen die Haare nur mit Wasser. Andere setzen chemiefreie Shampoo-Alternativen wie Natron oder Roggenmehl als Shampoo und Apfelessig als Spülung ein.

So wie Angie von «hellopippa». Sie wäscht bereits seit über drei Jahren ihre Haare mit Roggenmehl. In einem ihrer Posts schreibt sie über den Erfolg: «Meine Haare waren immer total fein und dünn, ohne Volumen, ohne Halt. Bei mir hat das wirklich total geholfen. Meine Haare sind seitdem viel, viel dichter, haben mehr Struktur und wachsen viel gesünder und schöner.»

Talgproduktion nimmt erst nach einigen Wochen ab

Obwohl man vielerorts liest, dass sich die Vorteile erst nach ein paar Wochen zeigen, entscheide ich, No Poo erst mal nur für eine Woche zu testen und dann zu entscheiden, ob ich weitermachen möchte. Da ich dem Ganzen anfangs noch etwas skeptisch gegenüberstehe und mir nicht sicher bin, ob ich es überhaupt durchhalten werde, möchte ich mich an eine etwas kürzere Testphase wagen.

Laut den Anhängern der Methode zeigen sich die positiven Ergebnisse nicht schon nach ein paar Tagen. Erst nach einigen Wochen lässt die Talgproduktion nach und die Haare gewöhnen sich an die neue Pflege. In der ersten Phase zeigen sie sich besonders fettig. Dann sollte man mit einer Bürste das Fett in die Längen bürsten, so wird ein fettiger Ansatz vermindert.

Eine Frage der Geduld

Und tatsächlich: Meine Haare sind ab dem dritten Tag strähnig. Ich fühle mich unwohl und ungeduscht, obwohl ich meine Haare mit Wasser gewaschen habe. Im Laufe des Tages bürste ich das Fett immer wieder nach unten. Der Ansatz bleibt dennoch fettig.

Tamara Nedic (30), Creative Director des Coiffeursalons Valentino, erklärt, warum das Haar anfangs so reagiert: «Unsere Kopfhaut ist sich, was das Haarewaschen anbelangt, Shampoo gewöhnt.» Weil wir von klein auf immer mit Produkten unseren Schopf waschen würden, brauche die Kopfhaut einfach Zeit, um sich an eine plötzliche Minimalpflege zu gewöhnen. «Wir werden seit unserer Kindheit geprägt von der Vorstellung, dass unsere Haare Pflegeprodukte brauchen. Darum ist die Umgewöhnung kein Leichtes.»

Die Umgewöhnung kann laut der Expertin einige Wochen dauern. «Mindestens vier bis sechs Wochen sollte man schon durchhalten. Es ist eine extreme Geduldssache. Die Methode an sich ist nichts Schlechtes, die Frage ist einfach, ob man die Geduld aufbringt, so lange mit fettigen Haaren rumzulaufen.»

Wie man seine Haare ohne Shampoo richtig wäscht

Mich beschäftigt gleich von Anfang an besonders eine Frage: Wie wasche ich meine Haare überhaupt ohne Shampoo? Nedic hilft mir weiter. «Es gibt auf jeden Fall eine Technik, die sich bei No Poo empfiehlt. Wenn man die Haare nur oberflächlich wäscht, dann bildet sich unten an der Kopfhaut mehr und mehr Fett. Talg setzt sich an.» Für die richtige Methode ist es laut der Coiffeuse wichtig, einen Teil der Haare nach dem anderen und nicht gleich alle Haare auf einmal zu waschen. Dafür müsse man mit der Brause nah an die unterschiedlichen Ebenen ran. «Fett ist ja nicht wasserlöslich. Darum ist das Ganze eine echte Prozedur und sehr zeitaufwendig.»

Keine wissenschaftlichen Belege

Dass der Pflegetrend gewöhnungsbedürftig ist, fällt mir sofort auf. Doch No-Poo-Fans sind überzeugt, dass die herkömmlichen Shampoos und Spülungen der Kopfhaut und den Haaren eigentlich mehr schaden als nützen. Denn, so glauben sie, der natürliche Talgfilm wird wegen der Produkte ausgewaschen und die Haare fetten dadurch umso schneller nach. Die Haare gewöhnen sich daran, und die Abstände zwischen dem Haarewaschen werden immer kürzer. Wissenschaftlich gibt es dazu keine Belege.

Viele Dermatologen halten es aber für übertrieben, ganz auf Shampoo zu verzichten oder die Haare kaum mehr zu waschen. Dagegen ist eine vernünftige Dosierung von geeignetem Shampoo empfehlenswert. So sagt der deutsche Dermatologe Elmar Ehring der «Welt»: «Dass sich durch Nichtwaschen die Fettproduktion verändert, halte ich für nicht möglich.»

Auch Nedic hat nichts gegen den Gebrauch von Shampoo einzuwenden, wenn es die richtigen Produkte sind. Die Coiffeuse rät, die Haare nicht täglich zu waschen: «Alle drei Tage seine Haare zu waschen, sollte reichen.»

Der Umwelt etwas Gutes tun

Viele der No-Poo-Verfechter verzichten aus ökologischen Gründen auf Shampoo, damit keine schädlichen Stoffe wie Silikone oder Parabene übers Abwasser ins Grundwasser gelangen.

Ein Punkt, der mich durchaus überzeugt. Auch das schnellere Zurechtmachen am Morgen fange ich an zu geniessen. Doch meine Geduld wird zu sehr auf die Probe gestellt: Trotz dieser Vorteile entscheide mich am Ende der Woche dafür, No Poo nicht länger zu verfolgen. Meine Haare triefen vor Fett, und ich fühle mich nicht wohl in meiner Haut.

Die Meinungen meiner Bürogspänli gehen auseinander. Manche glauben, eine Veränderung wahrzunehmen, während andere finden, dass meine Haare nicht anders aussehen. «Sie sehen ein wenig schwerer aus als sonst», findet Life-Redaktorin Anne Grimshaw (23). Meine Arbeitskollegin Barbara Ehrensperger (44) versichert mir dagegen: «Ich hätte kein Unterschied bemerkt.»

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