Balthus in der Fondation Beyeler in Riehen
Die umstrittenste Ausstellung der Schweiz

Das Bild «Thérèse rêvant» löste im November 2017 in New York eine Diskussion über künstlerische Freiheit aus. Nun ist das Werk Teil der Retrospektive des in Rossinière VD verstorbenen Malers Balthus (1908–2001) in der Fondation Beyeler in Riehen BS.
Publiziert: 01.09.2018 um 20:19 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:46 Uhr
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Szenenbild bei der Vorbesichtigung der Retrospektive in der Fondation Beyeler in Riehen BS. Beim Werk von Balthus handelt es sich um «Nu à la chaise» aus dem Jahr 1957.
Foto: Stefan Bohrer
Jean-Claude Galli

Das Interesse war riesig bei der Vorstellung der Balthus-Retrospektive gestern in der Fondation Beyeler in Riehen BS. Denn es hängt tatsächlich, das ominöse Bild, das diese Werkschau so umstritten macht. «Thérèse rêvant» heisst es, Balthus (†92) hat es 1938 gemalt. Es zeigt ein in Träumen versunkenes Mädchen, den Rock zurückgeschlagen, sodass die weisse Unterwäsche sichtbar ist. Daneben schleckt eine Katze Milch aus einem Tellerchen.

Die Frage, die Kritiker umtreibt: Lenkt der Maler den Blick absichtlich zwischen die Beine des Mädchens oder passiert das nicht automatisch im Kopf des Betrachters? Das Bild muss weg, forderten Unterschreiber einer Online-Petition im November 2017 vom Metropolitan Museum of Modern Art. Das Museum blieb standhaft.

Die spätere Ehefrau leicht bekleidet als Modell

Nun ist es Teil der Balthus-Schau in der Fondation Beyeler, und deren Direktor Sam Keller (52) ist sich der Brisanz bewusst. «Jeder soll sich buchstäblich ein eigenes Bild machen können», sagt er und appelliert an die «künstlerische Freiheit und das Recht auf freie Meinungsäusserung».

Neben Keller sitzt der Ehrengast der Eröffnung, Künstlerwitwe Setsuko Klossowska de Rola (75). Balthus lernte sie 1962 anlässlich eines französischen Staatsbesuches in Japan kennen. Sie wurde seine Geliebte und Muse, 1967 heirateten sie. «La chambre turque» von 1965/66 zeigt sie leicht bekleidet als sein Modell.

Eine Kommentarwand für die Besucher

Auch Setsuko betont, angesprochen auf die New-York-Kontroverse, die Gedankenfreiheit als «höchstes Gut.

Jeder darf seine Meinung haben und auch äussern. Wichtig sind Diskussion und Dialog». Dem trägt die Fondation Beyeler Rechnung. Kunstvermittler stehen den Besuchern bei Bedarf als Gesprächspartner zur Verfügung. Eine Kommentarwand bietet die Möglichkeit zur persönlichen Stellungnahme, dazu kommt ein umfangreiches Rahmenprogramm zur Kunstfreiheit.

Rilke gab ihm seinen Namen

Erster Förderer des 1908 geborenen Balthasar Kłossowski ist Rainer Maria Rilke (†51), Liebhaber seiner Mutter, der ihm den Namen Balthus gibt. Schon die erste Einzelausstellung löst 1934 in Paris wegen der freizügigen Werke einen Skandal aus. 1977 lässt sich Balthus mit seiner zweiten Ehefrau Setsuko Ideta im Grand Chalet in Rossinière VD nieder, wo er 2001 stirbt. Zu seinen Freunden und Bewunderern gehörten David Bowie, Bono von U2 und Wim Wenders.    

Balthus, im Jahr 2000 in Chateau d'Oex VD aufgenommen. 1977 liess sich der Maler im Waadtland nieder, wo er 2001 auch starb.
Keystone / BEATRIX STAMPFLI

Erster Förderer des 1908 geborenen Balthasar Kłossowski ist Rainer Maria Rilke (†51), Liebhaber seiner Mutter, der ihm den Namen Balthus gibt. Schon die erste Einzelausstellung löst 1934 in Paris wegen der freizügigen Werke einen Skandal aus. 1977 lässt sich Balthus mit seiner zweiten Ehefrau Setsuko Ideta im Grand Chalet in Rossinière VD nieder, wo er 2001 stirbt. Zu seinen Freunden und Bewunderern gehörten David Bowie, Bono von U2 und Wim Wenders.    

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