Ausstellung
Berner Paul Klee Zentrum verbindet Wissenschaft und Kunst

Unter unseren Füssen geht es bisweilen hoch her: Das Berner Zentrum Paul Klee macht in seiner neuen Ausstellung hörbar, was sich im Boden so alles tut. Ein Projekt, das Umweltwissenschaften und Kunst vereint.
Publiziert: 17.10.2018 um 16:57 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2018 um 17:05 Uhr
Blick auf Paul Klees Werk «Der Torso und die Seinen (bei Vollmond)». Neben Tieren und Menschen in Klees Werk spielen auch die Tierchen unter unseren Füssen eine Rolle in den neuen Ausstellungen. Sie sind vor allem zu hören.
Foto: KEYSTONE/ANTHONY ANEX

Aus reiner Neugier steckte der Klangkünstler, Forscher und Komponist Marcus Maeder auf einer Alpwiese im Wallis vor zwei Jahren Sensoren in den Boden, um zu hören, ob es dort überhaupt etwas zu hören gab.

Und Maeder staunte, was ihm zu Ohren kam: «Die Vielfalt der Klangwelt unter dem Boden ist gewaltig», sagte er am Mittwoch im Berner Zentrum Paul Klee.

Unterdessen ist ein inter- und transdisziplinäres Forschungs- und Kunstprojekt entstanden, in dem die Akustik von Bodenökosystemen untersucht wird. Über 20 Bodenflächen in der Schweiz wurden bisher untersucht, vom Bio-Acker über Alpweiden, Wiesen, Waldböden bis hin zu intensiv genutzten Agrarflächen.

Und eines ist klar: Möglichst laut sollte es zu und her gehen, denn nur gesunde Böden sind geschwätzig. Nicht gesunde Böden dagegen sind viel stiller, weil die Biodiversität im Untergrund nicht so gross ist. Dies lässt sich hören und mittels Frequenzanalyse auch sichtbar machen.

«Sounding Soil» (Klingender Boden) nennt sich das Projekt, in dessen Rahmen Aufnahme- und Messmethoden entwickelt werden, um die akustische Aktivität und die Zusammensetzung der Lebewesen im Boden wissenschaftlich zu untersuchen. Klangkünstler Maeder lässt die breite Öffentlichkeit an der Geräuschkulisse unter unseren Füssen teilhaben und verarbeitet die Töne zu einer Klanginstallation.

Vor dem Zentrum Paul Klee in Bern hat Maeder einen Container aufgebaut und dessen Dach bepflanzt. Die Geräusche aus diesem Stück Wiese werden in Töne umgewandelt und erzeugen so eine ganz eigene «Musik», die sich im Laufe des Tages wandelt. «Am Morgen herrschen tiefere Klänge vor, da ist es feucht und schattig. Wenn die Sonne im Tagesverlauf die Erde erwärmt, werden auch die Klänge heller.»

Im Container lassen sich auf einem Bildschirm die Aufnahmen verschiedener Schweizer Böden abrufen. In einem biologisch bebauten Boden im Emmental rattert, klappert, rumpelt, trippelt, schabt, mampft, grunzt, fiept und zirpt es. Dort tummeln sich Tausendfüssler, Käfer, Regenwürmer, Springschwänze, Spinnen und vieles mehr.

Still ist es hingegen unter einem Zuckerrübenfeld im Mittelland, wo Monokultur und Bodenverdichtung dem bunten Leben unter Tag den Garaus gemacht hat.

Böden sind komplexe Ökosysteme, die empfindlich auf Störungen reagieren. Gesunden Böden komme grosse Bedeutung zu, da sie Wasser aufnehmen und Kohlenstoff speichern können, betonte Sabine Lerch von der Stiftung Biovision. Zusammen mit weiteren Partnern wie der Zürcher Hochschule der Künste oder der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft ist sie am Projekt beteiligt.

Ab Frühling 2019 können Interessierte mit einem Leih-Gerät selber Bodengeräusche aufnehmen. Diese Aufnahmen werden in die Kunstinstallation und in eine klingende Landkarte der Schweizer Böden integriert.

Dass sich Kultur und Agrikultur bisweilen nahe kommen, beweist das Zentrum Paul Klee gleich selber exemplarisch. Zur Institution gehört nämlich auch eine grössere Landwirtschaftsfläche. Das ZPK dürfte damit wohl weit herum die einzige Kunstinstitution sein, die sich selbst versorgen könnte. Das Land wird von einem Pächterpaar bewirtschaftet, wie Museumsdirektorin Nina Zimmer ausführte.

Auch der Künstler Paul Klee, dessen Werk die Institution verpflichtet ist, hatte einen vielfältigen Bezug zur Natur und insbesondere auch zur Tierwelt. So ist von Klee überliefert, dass er ein grosser Katzenfreund war.

In seinem Oeuvre hat Klee das Verhältnis zwischen Mensch und Tier oft thematisiert. Als präziser Beobachter entdeckte er im Menschen oft das Tier und in den Tieren allzu Menschliches. Doch Klee machte nicht bei der heimischen Fauna Halt. Aufgrund seiner Naturstudien kreierte er auch eine ganze Reihe eigener Tiere, wie das Doppelschwanz-Dreiohr oder den friedlichen, tollpatschigen Urchs.

Die Ausstellung «Paul Klee. Tierisches» und parallel dazu «Sounding Soil» dauert bis Mitte März 2019.

www.soundingsoil.ch / www.zpk.org

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