Über uns Zürich, unter uns der Himmel – strahlend blau. Wenige Meter über unseren Köpfen, also unter uns, fliegt eine weitere Pilatus PC-7 der Schweizer Luftwaffe. Vor mir sitzt Hauptmann Andreas «Nuk» Kuhn. Er steuert unsere Maschine mit 360 km/h im Rückenflug. Wir dürfen am Training des Formationskunstflugverbandes der Schweizer Luftwaffe teilnehmen, des «PC-7 Team». Das Manöver heisst «Mirror», auf Deutsch: Spiegel. Die beiden Maschinen bewegen sich wie gegenseitig gespiegelt durch die Luft. Ich hänge in einem Fünf-Punkt-Gurt, spüre, wie mir das Blut in den Kopf schiesst. Dreissig Sekunden lang. Dann stösst «Nuk» den Flieger etwas nach oben, dreht – vor mir die Kasernenwiese, ein leichtes Übelkeitsgefühl steigt mir auf – und endlich sind wir wieder in der normalen Flugposition. Dann das ganze noch einmal.
Visitenkarte der Schweizer Armee
Das Team in den rot-weissen Trainingsflugzeugen ist zusammen mit der Patrouille Suisse die Visitenkarte der Schweizer Armee. Als Botschafter der Schweizer Luftwaffe präsentiert das PC-7 Team die Dynamik, die Eleganz und die Präzision des Formationskunstflugs, kurz: militärische Fliegerei in kompakter und für den Zuschauer nachvollziehbarer Form: « Wir wollen unseren Mitbürgern zeigen, dass sie Vertrauen in Armee und Luftwaffe haben können, dass wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln seriös und zielgerichtet umgehen», so Kommandant Hoffmann.
Jetzt sitze ich mit ihm im Cockpit. Seriös und entschlossen rasen wir im Sturzflug mit 500 km/h auf den Murgsee in den Glarner Alpen zu: «Achtung, es gibt 4 G Belastung!», ruft Hoffmann über Helmfunk. Ich sehe den verschneiten Bergsee immer schneller auf mich zu kommen. Dann zieht Hoffmann die Pilatus wieder hoch. Das Blut sackt in die Beine ab, vierfache Schwerkraft presst uns in die Sitze. Trotz Sauerstoffmaske fällt mir der Atem schwer.
«Die Piloten sammeln im Einsatz mit dem Team wertvolle Erfahrungen, welche sie als Staffelpiloten oder Fluglehrer wieder weitergeben können», erzählt Hoffmann. Die Kunstflieger sind Berufsmilitärpiloten der Armee, als Einsatzpiloten auf der F/A-18 oder als Fluglehrer. «Wir müssen fliegen, um den notwendigen Trainingsstand aufrechterhalten zu können. Im Einsatz mit dem PC-7 Team können wir Manöver nahe am Boden und bei jedem Wetter trainieren,» so der Kommandant.
«Bambini, Flying Diamond libero picco»
Szenenwechsel: Hoch über den Alpen gibt Leader Hauptmann Martin «DJ» Vetter über Funk das Kommando: «Bambini, Flying Diamond libero picco». In Sekunden ist die Formation «Flying Diamond» perfekt, meine Maschine zuhinterst in der Mitte. Der Abstand von Tragfläche zu Tragfläche beträgt nur 3 Meter, bei einer Geschwindigkeit von über 300 km/h. Rechts zischt das Matterhorn vorüber, Minuten später sind wir bereits über Grindelwald, vor dem Panorama von Eiger, Mönch und Jungfrau. Atemberaubend.
Zurück in der Militärbasis Dübendorf. Die Beine wieder auf dem Boden, bin ich immer noch überwältigt. Die Knie wackeln. Der Magen will jetzt alles andere als Mittagessen. Und ich will am liebsten wieder einsteigen und weiter fliegen, fliegen, fliegen.
Bewerben kann man sich nicht, man wird gewählt
PC-7 sind Trainingsflugzeuge, auf denen Pilotenschüler ausgebildet werden, bevor sie über die PC-21 auf Kampfjets umsteigen. Ab 1982 in Stans NW bei den Pilatus Flugzeugwerken gebaut, sind bei der Armee noch 28 Flugzeuge dieses Typs im Einsatz, jeweils neun Maschinen für den Formationsflug mit den PC-7 Team. Das 14-köpfige Team setzt sich aus Piloten, zwei Speakern und dem Kommandanten und zusammen. Bewerben kann man sich nicht. Kandidaten werden einstimmig vom Team gewählt. Kommandant Hoffmann: «Wie bei einem Luftpolizeieinsatz muss jeder im richtigen Moment eine absolut fehlerfreie Leistung erbringen. Das Spezielle im PC-7 Team ist aber, dass wir uns in enger Formation blind aufeinander verlassen können müssen, dazu ist grösstes Vertrauen notwendig. Deswegen ist es so wichtig, dass die Chemie absolut stimmt.»