Ihre Färbung reicht von rotbraun, grau, gelblich bis fast schwarz oder weiss und ist perfekt ihrer unmittelbaren Umgebung angepasst: Selbst auf kurze Distanz ist die Blauflügelige Ödlandschrecke beinahe unsichtbar. Die Jungtiere passen ihren Panzer mit jeder Häutung ihrem Lebensraum an und verschmelzen optisch mit ihm. Die wärmeliebende Heuschrecke mag es karg und trocken. Ursprüngliche Magerwiesen und Auenlandschaften sind ihr zu Hause, heute müssen immer öfter auch Bahnareale, Kiesgruben und anderes Ödland als «Ersatzbiotope» für ihre verschwundenen Lebensräume herhalten. Meist sind dies vergängliche Habitate, der Mensch gestaltet die Landschaft laufend um.
Die Blauflügelige Ödlandschrecke ist als potenziell gefährdete Art zwar nicht akut vom Aussterben bedroht, gehört als Insekt aber zu der Tiergattung, die am stärksten vom Biodiversitätsverlust betroffen ist. Mit der Wahl zum Tier des Jahres richtet Pro Natura ihr Augenmerk auf einen unauffälligen Mitbewohner in unserem Land, aber auch auf die auffällige Veränderung unserer Landschaften in den letzten Jahrzehnten, die insbesondere die Insektenwelt stark dezimiert haben. So sind heute 60 Prozent aller Insekten und knapp 40 Prozent aller Heuschreckenarten in der Schweiz bedroht.
Leises Werben
Anders als bei vielen anderen Heuschreckenarten zirpen die Ödlandschrecken nicht, um Artgenossen zur Paarung zu finden, sondern lassen nur ein leises Schwirren hören. Die Männchen suchen ihre Umgebung aktiv nach einer Partnerin ab. Manchmal durchaus ungeschickt: es wurde öfters beobachtet, dass sich Männchen an kleinen Stücken Holz festklammerten, die sie für Weibchen hielten. Klappt es jedoch mit der Paarung, legt das Weibchen bis zu 120 Eiern in mehreren Paketen im Boden ab. Die Jungtiere, die im nächsten Frühling aus dem Boden kriechen, sind die überlebende Generation, denn mit den ersten Frosttagen sterben alle Alttiere.
Blaue Überraschung
Den grossen Auftritt hat die Blauflügelige Ödlandschrecke, wenn ihre Tarnung nicht mehr ausreicht. Nähert sich ein Vogel, eine Spinne oder ein Reptil zu stark, fliegt das rund zwei Zentimeter grosse Insekt auf, und seine leuchtend blauen Flügel zeichnen den Weg seiner Flugbahn. Es ist ein guter und schneller Flieger, meist legt es jedoch nur kurze Distanzen von etwa zehn Metern zurück. Die Zeichnung seiner Flügel ermöglicht auch die Unterscheidung zu seinem nahen Verwandten, der noch selteneren, blauflügeligen Sandschrecke. Deren Flügel sind blassblau, ohne den markanten, schwarzen Querstreifen.
Ödlandschrecken ernähren sich vorwiegend von Gräsern und krautigen Pflanzen, zwischendurch wird auch ein Stückchen Aas nicht verschmäht.