BLICK-Sexberaterin Caroline Fux geht der Stoff für ihre Kolumnen nie aus
«Sex ist das coolste Thema der Welt»

BLICK-Sexberaterin Caroline Fux hält Sex noch immer für das coolste Thema der Welt. Und ist überzeugt, dass man dabei viel fürs Leben im Allgemeinen lernt.
Publiziert: 12.10.2019 um 19:17 Uhr
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Seit 2012 beantwortet Psychologin Caroline Fux als BLICK-Sex-Beraterin die Fragen der Leserinnen und Leser.
Foto: www.mauricehaas.ch
Thomas Ley

BLICK: Caroline, kriegst du noch Briefe?
Caroline Fux: Physische Briefe? Nur selten. Manchmal schreibt jemand aus einem abgelegenen Weiler ohne Internetverbindung. Oder aus dem Strafvollzug.

Wie viele Zuschriften sind es heute noch?
Derzeit etwa zehn pro Woche. Also keine Unmengen. An manchen Tagen kommt gar nichts, dann wieder vieles. Es hängt auch davon ab, was publiziert wurde.

Und alle bekommen eine Antwort von dir?
Klar. Es werden einfach nicht alle publiziert. Nicht alles eignet sich. Manche Fragen sind zu komplex, zu kurz, zu explizit oder ähneln zu sehr einer Frage, die wir gerade thematisiert haben.

Was sind die häufigsten Fragen?
Letztlich alles, was man sich unter Sex und Liebe vorstellen oder auch nicht vorstellen kann. Fehlende Lust ist ein grosses Thema, auch Liebeskummer, Orgasmusstörungen, erektile Dysfunktion, Single-Sorgen oder schlicht die Angst, nicht normal zu sein.

Wo ziehst du die Grenze? Kannst du alle Fragen beantworten?
Die Beratung ist ja auch ein Zeichen des Hauses Ringier: Dass wir für unsere Leserinnen und Leser da sein wollen. Wenn jemand eine artfremde Frage hat, braucht er vielleicht einfach etwas mehr Geduld, weil die anderen Themen Vorrang haben. Und ich muss mich ja auch kompetent fühlen. Aber kürzlich konnte ich einem Mann helfen, der plötzlich beim Wandern unbändige Höhenangst bekam. Das mag auf den ersten Blick nichts mit Sex zu tun haben, aber die Körperreaktion, die Angst, der Teufelskreis – das packt man gleich an, wie wenn jemand in einer sexuellen oder sozialen Situation von heftigen Ängsten geplagt wird. Ich hatte Zeit, und er ist heute einen Schritt weiter. Habe ich einmal gar keine Zeit oder weiss etwas nicht, verweise ich Ratsuchende an eine andere Fachstelle oder -person.

Nach Marta Emmenegger und Eliane Schweitzer bist du erst die dritte BLICK-Sexberaterin. Wie kommt man zu so einem Job?
Wir hatten den BLICK zu Hause, ich wuchs mit der Zeitung auf. Und las natürlich auch die Sexberatung. In meinem Fall war das bereits Eliane – die ich persönlich nicht mehr kennenlernte. Aber ich kann mich genau erinnern, als ich die Nachricht von ihrem Tod hörte. Ich war damals an einem anderen Projekt mit einer Kollegin – der Sexratgeber «Guter Sex» beim Beo-bachter Verlag – und dachte nur: Hoffentlich nehmen die beim BLICK die richtige Person als Nachfolgerin. Wirklich wahr: Erst als ich den letzten Punkt hinter unser Projekt setzte, hatte ich plötzlich den Geistesblitz: Das könnte ich selber machen!

Wie war es, das Erbe von Marta und Eliane anzutreten?
Ich machte mir, ehrlich gesagt, nicht allzu viele Gedanken über die Abgrenzung. Ich fand die Arbeit der beiden Frauen wichtig und herausragend. Mir war aber klar, dass ich einfach ein anderer Typ Frau und Fachperson bin. Meine Arbeit würde so oder so anders sein. Marta ist unübertroffen. Eine Ikone. Eliane weichte nochmals unglaublich viele Tabus auf, setzte sich für eine leidenschaftliche, starke und autarke Sexualität ein. Ich bin wohl etwas milder und überlegter, aber gerade die Unterschiedlichkeit hat ja ihren Reiz.

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Great Britain zu Gast in den Schweizer Bergen. Bereits 1970 erfand die britische Boulevardzeitung «The Sun» das Seite-3-Girl.
Foto: BLICK

Du bekommst Anfragen heute per Mail, anonym. Was passiert, wenn jemand Kriminelles zur Sprache bringt? Ein Pädophiler – oder andererseits ein Opfer von Gewalt?
Zunächst muss ich betonen, dass ich ein Berufsgeheimnis habe. Wer sich an mich wendet, kann mit Vertraulichkeit rechnen. Wobei sie ihre Grenzen hat. Zudem bin ich keine Juristin, ich bin Psychologin. Das ist ein Unterschied etwa gegenüber Marta Emmenegger, die beim Heissen Draht auch ein juristisches Team zur Seite hatte.

Was tust du, wenn jemand schreibt: «Hilfe, ich habe sexuelle Lust auf Kinder!» oder «Hilfe, mein Mann verprügelt mich!»?
Dann helfe ich, so weit ich kann. Nicht mit erhobenem Zeigfinger, im Stil von «Verlass endlich deinen Mann!» oder «Du bist pervers, du Pädophiler!» Das würde nichts bringen. Könnte eine unter Gewalt leidende Frau ihren Mann verlassen, hätte sie es längst getan. Also muss ich sie in Kontakt bringen mit jemandem, der ihr vielleicht helfen kann. Und wenn ich einem Pädophilen sage, er sei ein böser Mensch, verliere ich ihn sofort. Meist geht es einfach darum, an eine spezialisierte Fachstelle zu verweisen.

Ist ein Pädophiler denn nicht böse?
In meinen Augen hat er vor allem Riesenpech. Geschlagen mit einem Bedürfnis, das er – und das ist klar! – unter keinen Umständen ausleben kann.

Wirst du als Frau, die öffentlich über Sex spricht, nicht dauernd angebaggert?
Es hat stark abgenommen.

Kannst du sagen warum?
Mir scheint, wir drei BLICK-Sexberaterinnen hatten und haben alle unsere eigene Methode. Marta betonte eine gewisse Strenge: Verheiratete Mutter, bodenständig, eine «Tantigkeit», die ihr womöglich die Flirter vom Leib hielt. Eliane war praktisch das Gegenteil: unverheiratet, ohne Kinder, schillernd aber auch rätselhaft. Sie hielt ihr Privatleben, sogar ihr Alter, für sich. Ich denke das imprägnierte sie vor den Casanovas. Und bei mir ist es wohl die betonte Sachlichkeit und Professionalität, sowohl in den Kolumnen als auch in den Mails.

Diese Sachlichkeit: Ist es nichts Besonderes mehr, über Sex zu reden?
Ja, womöglich. Wir reden heute sehr nüchtern über Sex. Und das ist gut so.

Machen wir gar wieder Rückschritte? Bringen politische Korrektheit oder #MeToo eine neue Prüderie?
Es ist nun einmal nicht einfach, sexuell kompetent aufzutreten. Der Satz «Du hast aber schöne Hosen an» kann unschuldig sein – oder anzüglich. Es ist ein Tanz, bei dem man sich ab und zu auf die Füsse tritt. Man muss diesen Tanz vielleicht wieder neu lernen.

Klingt nach Rückschritt.
Nein, alles in allem kommen wir weiter voran. Ich bin da sehr zuversichtlich.

Und wann hast du genug vom Thema Sex?
Gar nicht! Es ist das coolste Thema der Welt. Und ja, ich habe auch selber immer noch Sex! Was wir dabei lernen, können wir auch sonst brauchen – und umgekehrt. Es klingt pathetisch, aber Sex ist das Leben!

Fux über Sex

Caroline Fux (38) hat Psychologie, Psychopatho­logie und Linguistik studiert und arbeitet seit über 20 Jahren als Journalistin. Bis 2012 verfasste sie mit anderen Autoren drei Ratgeber für den Beobachter-Verlag. Im selben Jahr übernahm sie die Nachfolge als Sexberaterin bei BLICK, wo sie heute fast täglich eine Kolumne schreibt.

Sexberaterin Caroline Fux (38)

Caroline Fux (38) hat Psychologie, Psychopatho­logie und Linguistik studiert und arbeitet seit über 20 Jahren als Journalistin. Bis 2012 verfasste sie mit anderen Autoren drei Ratgeber für den Beobachter-Verlag. Im selben Jahr übernahm sie die Nachfolge als Sexberaterin bei BLICK, wo sie heute fast täglich eine Kolumne schreibt.

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