Vor zehn Jahren schockiert Luis W.* (31) mit einer Bluttat die ganze Schweiz: Die Coiffeuse-Lernende Francesca P.* (†16) wartet um 22.15 Uhr an der Haltestelle Hönggerberg in Zürich auf den Bus, als W. aus 80 Metern Distanz mit seinem Armee-Sturmgewehr einen gezielten Schuss auf die junge Frau abfeuert. Sein Opfer hat keine Chance und verstirbt noch an Ort und Stelle.
«Ich kann es nicht erklären»
Brutal: Der Rekrut kannte die junge Frau nicht, hat sie offenbar zufällig als Ziel ausgewählt. Als er vor Gericht gefragt wird, weshalb er überhaupt eine scharfe Patrone aus dem Militär mit nach Hause genommen hat, antwortet Luis W. plump: «Sie war als Andenken gedacht.»
Und weshalb drückte er ab? «Ich kann es nicht erklären. Aber ich bereue es», sagt der Schütze an seinem Prozess. Später wird der Schweizer mit chilenischen Wurzeln für den Mord zu 17 Jahren Haft verurteilt – und zu einer Therapie verknurrt.
Frau in Basel nachgestellt
Wie die «Basler Zeitung» unmittelbar vor dem zehnten Jahrestag publik macht, ist Luis W. mittlerweile rund um die Stadt Basel unterwegs. Vor einem Monat soll der vormalige Sicherheitsangestellte ohne Berufsausbildung im Basler Vorort Binnigen BL einer Frau, der die Zeitung den Namen Marianne gibt, nachgestellt haben.
«Er konnte sich mit mir nicht verabreden, wie wir wollten. Da gestand er mir, dass er im Gefängnis sei und Rücksicht auf den Freigang nehmen müsse», sagt sie dem Blatt. Als Haftgrund gab W. aber anscheinend nicht den Mord an Francesca, sondern eine Schlägerei in einer Disco an. Die beiden lernten sich in einer Aktivitätengruppe kennen, welche die Frau leitete.
«Ich mache ja gar nichts!»
Doch je länger die Bekanntschaft dauert, desto absurder wird sie. Letztlich beginnt Luis W. der Baslerin nachzustellen – auch morgens in aller Frühe. Die Frau spielt der Zeitung eines der Gespräche mit dem wirren Schützen zu. Er warte morgens um Viertel vor vier bloss auf den Zug, gibt Luis W. an. Und ergänzt: «Ich mache ja nichts!»
Die bedrängte Frau meldet den Vorfall der Polizei. Doch diese bleibt tatenlos. Begründung: Luis W. habe nichts Strafbares getan, weshalb es auch keine Handhabe gäbe, gegen ihn vorzugehen.
Luis W. wurde zu therapeutischer Massnahme verurteilt
Doch weshalb ist W., der 17 Jahre Haft fasste, schon nach nicht einmal zehn Jahren wieder auf freiem Fuss? Dies hat, wie Rebecca de Silva, Sprecherin des Amtes für Justizvollzugs des Kantons Zürich, gegenüber der «Basler Zeitung» angibt, einen klaren Grund. In der Praxis dauere eine therapeutische Massnahme, zu welcher der Schütze verurteilt wurde, fünf Jahre.
Nach Bedarf und Ermessen könne diese jedoch verlängert werden. «Im Einzelfall kann dies dazu führen, dass eine Person, die einen Mord begangen hat, nach zehn Jahren wieder entlassen wird»
*Namen der Redaktion bekannt