Über einen möglichen EU-Beitritt der Ukraine
Von der Leyens gefährliches Denkmal

Die Idee einer EU-Erweiterung bis an den Kaukasus mag dem Frieden dienen – ist aber hochriskant.
Publiziert: 23.06.2024 um 09:11 Uhr
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Aktualisiert: 23.06.2024 um 10:30 Uhr
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Ursula von der Leyen spielt mit dem Feuer.
Foto: DUKAS

Am Donnerstag traf es ein Spital und ein Schulhaus. Die Russen hatten in einem Dorf nahe der Stadt Charkiw eine Drei-Tonnen-Bombe abgeworfen. Opferzahl unbekannt.

Angesichts der regelmässig verübten Kriegsverbrechen durch Moskau, die hier mittlerweile kaum mehr als eine Meldung wert sind, steht ausser Frage, dass die Ukraine unsere volle Solidarität verdient. 

Bloss: Gibt es womöglich auch eine gut gemeinte, doch umso schädlichere Solidarität? Wolodimir Selenski hatte diese Woche gleich zweimal Grund zum Feiern. Seine Nationalmannschaft gewann das Gruppenspiel an der Fussball-EM gegen die Slowakei mit 2:1. Vor allem aber konnte der Präsident vermelden, dass die Europäische Union schon kommende Woche Beitrittsgespräche mit Kiew beginnen werde. So sehr man Putins Hauptfeind diesen Triumph gönnen mag, so gross sind die Fragezeichen: Ist sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen der Risiken bewusst, wenn sich die Union dereinst bis in den Kaukasus erstreckt? Wenn ein Flächenstaat mit 38 Millionen Einwohnern und einem gravierenden Korruptionsproblem, der bis an den Osten des Schwarzen Meers reicht, zum Gebilde gehören wird?

Die EU-Spitze scheint zu vergessen – oder zu verdrängen? – dass man eigentlich gerade mit genügend Binnenproblemen zu kämpfen hat: stotternde Wirtschaft, sinkender Rückhalt bei der Bevölkerung, vertiefte politische Gräben, ein ungelöstes Asylwesen, ein Erstarken der EU-Gegner. Um diese Probleme der EU zu meistern, ist die territoriale Ausweitung die schlechteste aller Massnahmen, die Risiken einer «Imperialen Überdehnung» sind bereits heute enorm.

Gut möglich, dass es Ursula von der Leyen ganz redlich um die europäische Sicherheit geht. Man wird allerdings den Verdacht nicht los, dass sie sich mit solch waghalsigen Erweiterungsplänen ein eigenes Denkmal schaffen will. Und deshalb auf ein ungesundes Tempo drückt, wie schon ihre Vorgänger bei der Schaffung der Eurozone oder der Osterweiterung.

Die negativen Auswirkungen einer solchen Übung werden jeweils den nächsten Generationen überlassen.

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