«Den Preis für den besten Comedian in jenem Jahr zu erhalten, in dem es keine Shows gibt? Okay, ich habe die Botschaft verstanden ...» Thomas Wiesel (31) brachte die Menge am Dienstagabend am Ufer des Genfersees zum Lachen. Der Mann aus Lausanne ist gerührt. Er hat von der Gesellschaft der Autoren gerade den Preis als Comedian des Jahres bekommen. «Diese Vereinigung heisst zwar Schweizerische Gesellschaft, aber es gibt so viele kulturelle Unterschiede, dass ich glaube, dass dies eher eine französischsprachige Sache ist», sagt Wiesel.
In der Tat: Der Waadtländer ist auf der anderen Seite der Saane ein Star, während sein Name in den deutschsprachigen Medien bislang nur ein Mal aufgetaucht ist. Und zwar im Zusammenhang mit der Rochebin-Affäre, benannt nach dem ehemaligen Starmoderator des RTS-Fernsehens, Darius Rochebin (54), der der sexuellen Belästigung beschuldigt wurde. Wiesel war der Einzige, der in der Zeitung «Le Temps» öffentlich über Rochebins falsche Accounts auf Facebook sprach.
Obwohl er im vergangenen Jahr also nicht auf der Bühne stand, war Wiesel nicht untätig. Und seine Auszeichnung ist mehr als verdient, denn er hat sich mit einem wöchentlichen Programm neu erfunden. Jeden Mittwoch machte der Waadtländer aus den BAG-Pressekonferenzen zum Coronavirus eine Live-Show. Im Laufe der Wochen bekam er Reaktionen von Tausenden von Menschen, die er durch das Absurde den Ernst der Lage vergessen liess. Sogar Bundesrat Alain Berset (49) gratulierte ihm.
Auch wenn er die Namen aller 624 EM-Spieler aufzählen kann, ist Wiesels Lieblingsgebiet die Politik. Seine Position: links, sehr links. 2020 unterstützte er öffentlich Klimaaktivisten in ihrem Streit mit der Credit Suisse. Er hat auch Partys zur Unterstützung von SOS Méditerranée und der Aquarius organisiert, dem Boot, das Migranten hilft. «Ich kann nicht zählen, wie oft mir gesagt wurde, ich solle lieber Witze machen als Politik. Aber ich will meinen Job nutzen, um meine Überzeugungen zu vermitteln», sagt der studierte Ökonom, dessen Grossvater der Cousin von Schriftsteller Elie Wiesel (1928–2016) ist, der 1986 den Friedensnobelpreis erhielt.