Reaktionen zum Brexit
«Wir haben unser Land wieder!»

Die Freude beim EU-Kritiker Nigel Farage ist gross. Er bezeichnet den Brexit euphorisch als «Independence Day» und «wagt zu träumen». Für seine Kritiker ein «Albtraum».
Publiziert: 24.06.2016 um 06:32 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 10:40 Uhr
Nigel Farage jubelt.
Foto: KEY

Der Brexit war das Kind von Premier David Cameron. Es war sein Versprechen, das Volk zum EU-Austritt befragen zu wollen. Die lautesten Befürworter des Austritts waren jedoch Nigel Farage von der Rechtsaussen-Partei Ukip sowie der ehemalige Bürgermeister von London, Boris Johnson.

Farage selbst verlor bei den letzten britischen Parlamentswahlen seinen Sitz, rund um seine laute Ukip-Partei wurde es daraufhin leise. Der Brexit war aber sein Sieg. «Wir kämpften gegen Multinationale Firmen, gegen die grosse Politik, gegen Lügen und nochmals Lügen und Korruption», sagt Farage in einer ersten Reaktion.

«Ich hoffe, dass unser Sieg das gescheiterte EU-Projekt zum Verschwinden bringt und uns ein Europa der souveränen Staaten schafft», so Farage. «Lasst uns den 23. Juni als den Unabhängigkeitstag in die Geschichtsbücher eintragen!»

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Schotten fordern Unabhängigkeit

Die Schotten haben mit klarer Mehrheit für den Verbleib in der EU gestimmt. Nach dem wahrscheinlichen Sieg der Brexit-Befürworter werden dort bereits erste Stimmen laut, die die Unabhängigkeit von Grossbritannien fordern.

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon sagte nach Auszählung der Wahlzettel in Schottland, das Ergebnis «zeige, dass das schottische Volk seine Zukunft als Teil der Europäischen Union sieht».

Erst 2014 war ein Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands gescheitert. Vor dem Referendum über den EU-Austritt Grossbritanniens hatte sie jedoch angekündigt, dass es zu einem weiteren Referendum kommen könnte, sollte Schottland gegen seinen Willen zu einem Austritt gezwungen werden. Der ehemalige schottische Regierungschef Alex Salmond sagte der BBC, er sei «ziemlich sicher», dass Sturgeon nun ein erneutes Referendum anstreben werde.

Das Pro-EU-Lager konnte alle schottischen Wahlkreisen für sich gewinnen. Rund 62 Prozent der Wähler stimmten für einen Verbleib in der Europäischen Union. 38 Prozent stimmten für einen Brexit. Umfragen hatten allerdings einen noch deutlicheren Sieg für die EU-Befürworter erwartet.

Potter-Autorin: Schottland will Unabhängigkeit

Die Harry-Potter-Autorin J. K. Rowling geht nach dem britischen Brexit-Referendum davon aus, dass Schottland eine Loslösung von der Londoner Zentalregierung will. «Schottland wird die Unabhängigkeit anstreben», twitterte sie.

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Premierminister David Camerons' Vermächtnis werde es sein, zwei Staaten-Bündnisse zu zerbrechen, sagte sie mit Blick auf die EU und das Vereinigte Königreich. «Beides hätte nicht sein müssen.»

Irland will Wiedervereinigung

Die irisch-nationalistische Partei Sinn Fein forderte eine Abstimmung über eine Wiedervereinigung Irlands. Ein solches Referendum zur Abschaffung der irischen Grenze sei ein «demokratischer Imperativ», sollte Nordirland für einen Verbleib in der Europäischen Union gestimmt haben, berichtete unter anderem der Sender Sky News am Freitagmorgen unter Berufung auf Parteiquellen.

«Die britische Regierung hat (...) jedes Mandat, die Interessen der Menschen in Nordirland zu repräsentieren, verloren», zitierte die «Irish Times» den Sinn-Fein-Vorsitzenden Declan Kearney.

Nordirland hat der BBC zufolge mit 55,7 Prozent für einen Verbleib in der EU gestimmt. Das Brexit-Lager schnitt damit aber stärker ab als erwartet.

Wilders: «Bye bye Brüssel»

Der Chef der rechtspopulistischen niederländischen Partei für die Freiheit, Geert Wilders, hat nach der britischen Volksabstimmung ein EU-Referendum auch in seinem Land gefordert. «Bye bye Brüssel», jubelte er angesichts des Vorsprungs für das Brexit-Lager in Grossbritannien am Freitag auf Twitter. «Und die Niederlande werden die Nächsten sein!»

«Die Niederländer haben auch das Recht auf ein Referendum», sagte Wilders. Seine Partei fordere «ein Referendum über den Nexit, einen niederländischen Austritt aus der EU.»

Am Donnerstag hatte Wilders im Fernsehsender Phoenix gesagt: «Man kann den Geist nicht mehr in die Flasche bekommen. Das Ende der EU hat schon begonnen, unabhängig davon, wie sich die Briten entscheiden.»

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Die Präsidentin des rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, hat nach dem Brexit-Entscheid ebenfalls ein EU-Referendum für Frankreich gefordert.

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Der französische Aussenminister Jean-Marc Ayrault hingegen sagte in einer ersten Reaktion, der Ausgang des Referendums sei «traurig für Grossbritannien». Europa werde weitermachen, aber es müsse reagieren, um das Vertrauen der Menschen wiederzugewinnen.

Ernüchterung in Deutschland

Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich enttäuscht über den Ausgang des Brexit-Referendums geäussert. «Die Nachrichten aus Grossbritannien sind wahrlich ernüchternd», sagte Steinmeier in Berlin.

«Es sieht nach einem traurigen Tag für Europa und für Grossbritannien aus.» Der SPD-Politiker wird zu einem EU-Ministertreffen in Luxemburg erwartet, bei dem über die Folgen des Referendums beraten werden soll.

Am Samstag kommen in Berlin die Aussenminister der sechs EU-Gründerstaaten (Deutschland, Frankreich, Italien und die Benelux-Länder) zusammen.

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Auch der Grünen-Abgeordnete Jürgen Trittin sprach von einem «bitteren Tag für Europa».

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Schäuble: Europa muss zusammenhalten

Europa muss nach dem «Brexit»-Votum der Briten für einen EU-Austritt nach Überzeugung vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble zusammenhalten. «Wir respektieren den Ausgang des britischen Referendums. Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht», sagte Schäuble in Berlin.

«Europa wird jetzt zusammenstehen. Gemeinsam müssen wir das Beste aus der Entscheidung unserer britischen Freunde machen», sagte Schäuble.

Nach den Worten Schäubles muss jetzt nach vorne geschaut und mit dieser Situation umgegangen werden. Dazu sei er auch in engem Kontakt mit seinen Amtskollegen der G7-Gruppe führender Industrienationen, sagte der Finanzminister weiter.

Das EU-Verfahren für einen Austritt aus der Europäischen Union sei eindeutig geregelt und werde angewendet werden. «Das schafft Verlässlichkeit.»

Schulz fürchtet keine Kettenreaktion

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz fürchtet nach dem Brexit keine weiteren Austritte aus der Europäischen Union. «Die Kettenreaktion wird es nicht geben», sagte Schulz am Freitag im «Morgenmagazin» des ZDF.

Zur Begründung verwies er unter anderem auf die negativen Reaktionen von Wirtschaft und Börse auf die Entscheidung der Briten für einen Austritt aus der EU.

«Ich glaube nicht, dass andere Länder dadurch ermutigt werden, diesen gefährlichen Weg zu gehen», sagte Schulz. Darüber habe er am frühen Morgen auch mit dem französischen Präsidenten François Hollande gesprochen, und er werde auch mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel darüber reden, wie eine solche Kettenreaktion vermieden werden könne.

Schulz rechnet nun mit dem raschen Beginn der Austrittsverhandlungen zwischen London und Brüssel. «Ich gehe davon aus, dass die Verhandlungen schnell über den Austritt beginnen werden», sagte der SPD-Politiker.

«Kein Stein bleibt auf dem anderen»

Österreichs Aussenminister Sebastian Kurz sieht nach dem Brexit grossen Veränderungsbedarf bei der EU. Wenn eines der grössten EU-Mitgliedsländer aus der EU austrete, könne «kein Stein auf dem anderen bleiben», sagte Kurz am Freitag im Ö1-Morgenjournal des ORF.

Es sei nötig, dass sich die EU schnell neu aufstelle, wenn sich ein solches Referendum nicht in einem anderen EU-Land wiederholen solle. Tempo und Ausmass dieser Veränderung müssten «enorm» sein. Die EU muss laut Kurz zentrale Probleme wie etwa das Thema Migration lösen. «Ein Dominoeffekt auf andere Länder ist nicht auszuschliessen», sagte Kurz.

Und die Schweiz?

In der Schweiz sind die Reaktionen wie zu erwarten gespalten. Während SP-Präsident Christian Levrat seine «Sorge» über den Brexit zum Ausdruck brachte, gratulierte SVP-Nationalrat Lukas Reimann seinen «Kollegen» zum Sieg.

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BDP-Nationalrat Bernhard Guhl blickt derweil bereits in die Zukunft:

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Der Schweizer Bundespräsident Johann Schneider-Ammann wird voraussichtlich um 10 Uhr eine kurze Erklärung abgeben.

Die meisten Promis enttäuscht

Auch zahlreiche Prominente Persönlichkeiten haben sich bereits zum Brexit geäussert. Hier eine Übersicht:

«Best of three?»

(«Dr. House»-Darsteller Hugh Laurie, 57, in Anspielung auf einen Modus bei Sportwettbewerben, bei dem der Sieger in drei Durchgängen ermittelt wird)

«Well millennials. We're really really fucked.»

(Sängerin Lily Allen, 31)

«Ich glaube, wir werden alle einen Kater haben und dann aufwachen mit einer verdammt grossen Sauerei, die wir aufräumen müssen. (...) Das war ein Votum gegen alle Politiker. Mit anderen Worten: Anarchie.»

(Ex-Formel-1-Weltmeister Damon Hill, 55)

«Die EU zu verlassen ist eine sehr traurige Entscheidung, die Grossbritanniens Wohlstand und Europas Stabilität enormen Schaden zufügen wird.»

(Unternehmer und «Virgin»-Gründer Richard Branson, 65)

«Egal, wie es ausgeht, Farage wird immer ein Arschloch bleiben.»

(Ex-Fussballer Gary Lineker. 55, in der Wahlnacht über den Chef der EU-feindlichen und rechtspopulistischen UKIP-Partei, Nigel Farage)

«Habe nicht erwartet, zu diesem Ergebnis aufzuwachen. #skeptisch»

(Englands Ex-Nationalspieler Michael Owen, 36)

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