Nächste Ostmilliarde wird fällig
Warum verzichtet die SVP aufs Referendum?

Eine gesalzene Rechnung wartet auf die Schweiz, wenn die drei umstrittensten EU-Dossiers bereinigt sein.
Publiziert: 08.12.2016 um 07:07 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 21:28 Uhr
Hat keinen Zeit für ein Referendum gegen die Ostmilliarde: Nationalrat und SVP-Parteipraesident Albert Rösti
Foto: PETER SCHNEIDER

Es war ein hart umkämpfter Abstimmungskampf: 2006 stimmte das Stimmvolk äusserst knapp für die sogenannte «Ostmilliarde» – die Kohäsionszahlung zur Unterstützung der EU-Oststaaten. Die SVP hatte damals das Referendum dagegen eingereicht.

Jetzt verdichten sich laut «Tages Anzeiger» die Hinweise, dass der Bundesrat bald eine neue Zahlung beschliesst. So steht es in den Jahreszielen 2016. Das Problem: Noch ist das Geschäft offiziell blockiert. Zuerst müssen die drei drängendsten EU-Dossiers – die Umsetzung des Zuwanderungartikels, die direokt daran geknüpfte Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien sowie die Teilnahme der Schweiz am EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 als dessen Folge – bereinigt sein. 

Bisher kein Referendum der SVP

Doch anders als vor acht Jahren wird das Volk sich diesmal nicht zu der Unterstützungszahlung äussern können – bislang hat keine Organisation eine Unterschriftensammlung lanciert. Sechs Wochen hätte der rechte Flügel noch Zeit dafür, was erfahrungsgemäss nicht ausreicht, um die für ein Referendum benötigten 50'000 Unterschriften zusammen zu kriegen.

Darob wundert man sich unter der Bundeshauskuppel: Warum lässt die europakritische SVP die Gelegenheit zum Urnengang ungenutzt? Erfolgschancen hätte ein Referendum allemal, angesichts ihrer knappen Niederlage 2008, der europakritischen Stimmung und nicht zuletzt der lauen Umsetzung ihrer Masseneinwanderungsinitiative.

Aber warum verzichtet die SVP ausgerechnet jetzt auf ein Referendum? Sie habe schlicht keine Zeit dafür, so Präsident Albert Rösti. «Wir müssen unsere Kräfte konzentrieren. Mit einer möglichen Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit und dem Abstimmungskampf zur Selbstbestimmungsinitiative sind wir europapolitisch schon sehr stark eingespannt.»

Gestern gab die Partei bekannt, auf ein Referendum gegen das derzeit heisseste Dossier in Bern, die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, zu verzichten. Stattdessen droht sie mit der Initiative zur Kündigung der Personenfreizügigkeit – das Schweizer Stimmvolk wird wohl nächstes Jahr erneut europapolitisch Farbe bekennen müssen.

Ohne Ostmilliarde kein bilateraler Weg

Derweil wird das Geschäft um die Ostmilliarde ohne Widerstand ausgearbeitet. Wie gross diese ausfallen wird, wolle der Bund laut «Tages Anzeiger» nicht bekannt geben, er dürfte aber leicht höher ausfallen als bisher. 

Die Kohäsionszahlung wird als «Markteintrittsprämie» im Rahmen der Bilateralen verstanden. «Für die EU ist unser Beitrag keine Verhandlungsmasse, sondern fester Bestandteil der bilateralen Vertragsbeziehungen», betont Ex-Botschafter Tim Guldimann (SP/ ZH). Will die Schweiz den bilaterale Weg, müsse sie sich weiterhin die Ostmilliarde bezahlen. Einen Zwischenweg gebe es nicht. (vfc)

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