Frankreich-Experte Nino Galetti (44) über das Wahlresultat
«Die EU kann heute aufatmen»

Der Frankreich-Experte und Leiter des Pariser Auslandbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung, Nino Galetti, zeigt sich erleichtert über das Resultat der Frankreich-Wahl. Mit Macron ziehe ein Optimist in den Élysée-Palast.
Publiziert: 07.05.2017 um 20:41 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 23:01 Uhr
Adrian Meyer

Herr Galetti, waren Sie heute nervös?
Nein. Die Umfragen in den letzten zwei Wochen zeigten klar, die Mehrheit der Franzosen ist für Macron.

Macron holt laut ersten Hochrechnungen 65,5 Prozent der Stimmen. Was bedeutet sein Sieg?
Das ist ein sehr schöner Sieg für die Demokratie in Frankreich. Hätte er weniger als 60 Prozent der Stimmen erhalten, wäre das ein schlechtes Zeichen für Macron gewesen. Aber nun hat er ein tolles Ergebnis. 

Nino Galetti, Politologe und Leiter des Auslandsbüros Frankreich derKonrad-Adenauer-Stiftung.
Foto: zvg

Wohin wird Macron sein Land führen?
Macron war einer von bloss zwei Präsidentschaftskandidaten die pro-europäisch sind. Er wird darum europäische Initiativen ergreifen und eine Politik führen, die sich zur EU, zu Europa bekennt. Die EU kann heute aufatmen. Le Pen hätte das Land aus der Union geführt.

In den Umfragen lag Macron fast immer über 60 Prozent. Nun hat er sogar noch besser abgeschnitten. Hält damit die Republikanische Front gegen Le Pen?
Die «Front  républicain» steht zwar noch. Aber im Vergleich zu 2002, als Marine Le Pens Vater Jean-Marie bloss 18 Prozent der Stimmen erhielt, ist sie gebröckelt. Vor 15 Jahren war der Schock gross, als Le Pen die Stichwahl erreichte. Nun haben aber weder der Linke Kandidat Jean-Luc Mélenchon noch die Bischöfe des Landes sich klar gegen Le Pen ausgesprochen. Das war enttäuschend. 

Knapp 40 Prozent für Le Pen, das wäre bis vor kurzem undenkbar gewesen.
Das ist erschreckend. Aber der Front National hat bei den letzten Europa-Wahlen und Regionalwahlen bereits starke Ergebnisse eingefahren. Er war am steigen, das war abzusehen. Der FN hat sich entteufelt, er ist unter Marine Le Pen jünger, moderater geworden und weniger extrem.

Der französische Soziologe Didier Eribon sagte, wer Macron wählt, wählt Le Pen – er meinte damit, man habe einen Sieg Le Pens nur um fünf Jahre verschoben. Sind sie optimistischer?
Ja das bin ich. Aber Macrons Präsidentschaft muss ein Erfolg werden. Das Land kann sich keinen dritten Präsidenten nach Sarkozy und Hollande leisten, der enttäuscht. Wenn er enttäuscht, hat Le Pen 2022 viele Chancen, gewählt zu werden.

Kann mit ihm, dem Unverbrauchten, ein Neustart gelingen?
Frankreich geht es viel besser, als viele Leute glauben. Das Land braucht trotzdem Reformen. Vor allem muss sich die Stimmung im Land verbessern. Einer, der so jung und dynamisch auftritt wie Macron hat das Zeug dazu.

Er hat kaum politische Erfahrung.
Er ist ein Seiteneinsteiger und erst seit fünf Jahren in der Politik. Er wird frischen Wind reinbringen. Seine Ideen zur Wirtschaft und Sozialpolitik sind deutlich, er wird Arbeitsplatzreformen bringen. Zudem hat er klare Vorstellungen zur EU und zur Zusammenarbeit mit Deutschland. Diese Ideen wird er nutzen. 

Im Juni wählt Frankreich ein neues Parlament. Macron hat keine traditionelle Partei im Rücken. Was muss er tun, damit seine Regierung nicht blockiert wird?
Das ist die grosse Frage, für die es keine klare Antwort gibt. Seine Bewegung «En Marche!» wird überall antreten, das hat Macron gesagt. Es ist unklar, ob sie aber eine Mehrheit hinbekommt im Parlament. Wenn ja, kann er alleine regieren Wenn nicht, muss er mit den Konservativen Républicains eine Koalition bilden.

Tritt Le Pen in fünf Jahren erneut an?
Beim Front National wird nun sicher diskutiert, ob Le Pens Weg der richtige war. Ich glaube, sie ist innerhalb der Partei stark genug.

Sind Sie über den Wahlausgang erleichtert?
Ja, klar. Mit Macron wurde ein junger, dynamischer, symphatischer Präsident gewählt. Er geht konstruktiv an die Dinge an. Er ist ein Optimist. Heute war ein guter Tag.

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Der Favorit hat sich durchgesetzt, und Brüssel atmet auf: Emmanuel Macron zieht als neuer Präsident in den Élysée-Palast.
Foto: IAN LANGSDON
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