Ein Pieps ist die letzte Hoffnung. Das Notsignal, das Suchhelikopter gestern Abend sporadisch empfangen konnten, soll zur F/A-18 führen, die am späteren Nachmittag in der Region Meiringen BE abgestürzt ist. Oder gar zum vermissten Piloten. Die Angehörigen, und mit ihnen die ganze Luftwaffe, hoffen und bangen.
Solche Notsignale – ähnlich wie die von einem Lawinensuchgerät – senden bei einem Absturz sowohl der Pilotenanzug, der Schleudersitz als auch die Maschine aus.
Für eine Bergung aus der Luft war gestern Abend das Wetter zu schlecht. Zwei Helikopter der Rettungsflugwacht und ein Super Puma der Luftwaffe mussten ihren Einsatz abbrechen. Zu Fuss machten sich deshalb zwei Suchteams mit Gebirgsspezialisten auf den Weg Richtung Sustenpass, in ein Gebiet, das die Retter dank des Notsignals recht gut eingrenzen konnten.
Bis heute Morgen fanden sie allerdings weder Wrack noch Pilot. «Die vermutete Unfallstelle ist nur schwer zugänglich», liess die Armee verlauten. Ob der Unglückspilot noch lebt, konnte Luftwaffenkommandant Aldo Schellenberg (57) an der gestrigen Medienkonferenz nicht sagen: «Wir hoffen und beten dafür!»
«Alle Kraft liegt darauf, den Piloten zu suchen und heimzubringen.»
Die Familie werde von psychologisch geschulten Care-Teams der Armee betreut. Zu einer möglichen Unfallursache konnte Schellenberg nichts sagen. «Alle Kraft liegt darauf, den Piloten zu suchen und heimzubringen.»
Als die beiden F/A-18-Jets drei Stunden zuvor um 16.01 Uhr zu ihrem Trainingsflug starten, ist in Meiringen die Welt noch in Ordnung. Dort sind die letzten Vorbereitungen für den grossen Empfang des neuen Schwingerkönigs Matthias Glarner (30) im Gang. Oben, auf 1000 Metern, hängt eine dicke Wolkenschicht.
Die Obergrenze der Wolken liegt bei rund 9000 Metern. «Das ist eine normale Wetterlage für einen Jetflug», sagt Luftwaffenkommandant Schellenberg gut drei Stunden später an der Medienkonferenz. Ein Instrumentenflug durch die Wolkenschicht – laut Schellenberg Routine. Doch Routine sind die nächsten Minuten für keinen der beiden Piloten. 15 Sekunden nach dem Staffel-Leader steigt die zweite F/A-18-Maschine – ein Einsitzer – in den grauen Himmel.
Ein erster Funkkontakt mit dem Boden ist noch erfolgreich. Der Pilot habe geantwortet, sagt Schellenberg. Doch dann bricht der Kontakt plötzlich ab. Ein zweiter Routinekontakt von der Zentrale am Boden bleibt erfolglos.
Nur vier Minuten nach dem Start ist der Jet im Sustengebiet vermisst. Als der Staffelkollege den Kontaktverlust mitbekommt, beginnt er sofort, über dem Gebiet zu kreisen. Er versucht, Notsignale zu empfangen. Über eine Stunde bleibt er in der Luft. Er kehrt erst nach Meiringen zurück, als ihm das Flugbenzin ausgeht. Das Unglück geschah während eines Trainingsflugs.
Die beiden F/A-18 sollten gegen einen F5-Tiger den Luftkampf üben.
Vier Flugzeuge innert drei Jahren verloren
Die aktuelle Fall ruft Erinnerungen an den Absturz eines F/A-18 in der Nähe des Militärflugplatzes Alpnach wach. Im Oktober 2013 zerschellte die Maschine am Lopper. Später ergaben Ermittlungen: Pilotenfehler. Damals starben zwei Menschen. Der Pilot und ein mitfliegender deutscher Militärarzt.
Glimpflicher lief ein F/A-18-Absturz im Oktober 2015 ab. Damals stürzte ein Schweizer Kampfjet im französischen Departement Doubs ab, rund 35 Kilometer von der Landesgrenze entfernt. Der Pilot konnte sich damals mit dem Schleudersitz retten, verletzte sich aber dabei.
Den letzten Absturz musste die Schweizer Luftwaffe im Juni 2016 verzeichnen. Bei einer Flugshow in den Niederlanden kollidierten zwei Tiger-Jets in der Luft - einer Stürzte ab. Auch hier konnte sich der Pilot per Schleudersitz retten - und landetet in einem Gewächshaus.
Kommandant Schellenberg ist nicht beunruhigt. «Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen den Unfällen.»
Und über die gesamte Nutzungsdauer seien drei abgestürzte F/A-18 keine überdurchschnittliche Ausfallquote. Der Verlust der Maschine sei schmerzhaft, und das ungewisse Schicksal des Piloten bewege ihn sehr – aber der Luftpolizeidienst sei mit den verbleibenden dreissig Jets sichergestellt. Die Durchhaltefähigkeit für besondere Situationen habe allerdings nochmals abgenommen. Bis 12 Uhr werden heute keine F/A-18-Jets starten. Meiringen ist derzeit der einzige Flugplatz für deren Betrieb.
Die Schweizer Armee hat im Jahr 1997 bei Hersteller Boeing 34 F/A-18 bestellt. Im Januar 2016 waren noch 31 Maschinen im Einsatz. Darunter sind fünf F/A-18 D (Doppelsitzer) sowie 26 C (Einsitzer).