Der im September in der Türkei festgenommene österreichische Journalist und Student Max Zirngast hat an Heiligabend das Gefängnis in Ankara verlassen. Der 29-Jährige wurde nach Angaben des österreichischen Aussenministeriums bis zur Ausstellung eines Dokuments, das ihm die Ausreise aus der Türkei verbietet, zu einer Polizeistation gebracht. Am Dienstag soll er freikommen.
Die Entlassung Zirngasts am späten Montagabend erfolgte unter Auflagen. Neben dem Ausreiseverbot müsse sich der Journalist vermutlich auch regelmässig bei der Polizei melden, sagte ein Sprecher des österreichischen Aussenministeriums. Unklar bleibt, ob auch Hausarrest über Zirngast verhängt wird.
Zirngast drohen bis zu zehn Jahre Haft
Ein Anwalt des Österreichers hatte am Montagnachmittag mitgeteilt, Zirngast müsse sich wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vor Gericht verantworten. Der Prozess beginnt demnach am 11. April 2019. Das türkische Gericht akzeptierte seinen Anwälten zufolge am Montag die Anklageschrift, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Laut früheren Angaben drohen bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft.
Zirngast war im September in der Türkei festgenommen worden. Der 1989 geborene Österreicher studiert seit 2015 Politikwissenschaft an der Technischen Universität des Nahen Ostens in Ankara und schreibt für verschiedene Medien in der Türkei und im Ausland, darunter das deutschsprachige linksradikale Magazin «re:volt». Dabei setzte er sich kritisch mit dem Verhältnis der Türkei zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK auseinander und verfasste regierungskritische Texte.
Zirngast beleidigte in Artikel Erdogan
In einem vergangenen Monat in der «Washington Post» erschienenen Artikel schrieb Zirngast, dass die Behörden ihn wegen Büchern befragt hätten, die sie in seiner Wohnung gefunden hatten, sowie zu einem von ihm verfassten Artikel im linksgerichteten US-Magazin «Jacobin», in dem er Präsident Recep Tayyip Erdogan beleidigt haben soll.
Österreichische Politiker forderten wiederholt die Freilassung von Zirngast. Anfang Dezember bezeichnete der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz das Vorgehen Ankaras in diesem Fall sowie in anderen derartigen Fällen für «inakzeptabel». «Wir erwarten uns ein rechtsstaatliches Vorgehen und das wäre meiner Meinung nach die sofortige Freilassung», sagte Kurz.
Die Beziehungen zwischen der Türkei und einigen europäischen Staaten sind seit dem gescheiterten Putscherversuch gegen Präsident Erdogan 2016 angespannt. Türkische Behörden haben seitdem rund 160'000 Menschen festgenommen, darunter viele Journalisten, und fast genau so viele Beamte entlassen. (SDA)