Keine Angst, Sie lesen hier nicht noch einen Text über das Strassburger Urteil zur Klage der Klimaseniorinnen. Man kommt ja nicht mehr um diesen Entscheid herum – was kein Wunder ist, zumal das mitunter anmassend wirkende Verdikt keinen kaltlässt, die Klimabewegung ebenso wenig wie die empörte Mehrheit, die eine Verletzung der Gewaltenteilung beklagt.
Kein Zweifel, dieser gerissene Marketing-Coup der gut geölten PR-Maschinerie von Greenpeace dringt tief in die Ganglien der Nation; und wie immer, wenn ein Erfolg erzielt worden ist, hat er über Nacht zahlreiche Väter und Mütter. So war auch in diesem Fall das politische Personal im Nu zur Stelle, um etwas vom Glanz der ergrauten Siegerinnen zu erhaschen: Dazu gehören natürlich die Parteispitze der Grünen – Präsidentin Lisa Mazzone frohlockte vor den Kameras einer eigens einberufenen Medienkonferenz. Auch die Sozialdemokraten wollten nicht hintanstehen: Co-Präsidentin Mattea Meyer schwärmte von einer «Ohrfeige für den Bundesrat». Die SP nimmt die Sache auch gleich zum Anlass, um für ihre Klimafonds-Initiative zu werben.
Und hier sind wir beim Problem: Das Menschenrechtsgericht überlässt der Schweiz zwar die Wahl der Mittel, mit denen sie ihre Umweltziele erreichen will – ziemlich sicher aber wird der Abstimmungskampf um die erwähnte Vorlage nicht ohne das Strassburger Urteil auf den Plakaten und in den Hinterköpfen ausgetragen werden.
Mehr noch – vielleicht geht künftig bei jeder Öko-Vorlage irgendein diffuses EGMR-Gespenst um. Das ist freilich ganz im Sinn der Klägerinnen, dennoch wird die überstaatliche Justiz auf diese Weise immer die Schweizer Innenpolitik beeinflussen – allen Widerreden zum Trotz. Und was passiert, wenn die Stimmbevölkerung die Klimafonds-Initiative dereinst ablehnt? Werden die sympathischen Rentnerinnen die Eidgenossenschaft dann wieder vor den Kadi zerren?
Kurzum: Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Strassburger Richterspruch hierzulande realpolitisch nichts bewirken wird. Das wäre immerhin ein vernünftiges Signal: Der Gang zum Richter sollte nicht die Politik ersetzen. Womit wir jetzt doch wieder beim Thema Klimaseniorinnen gelandet sind.