Editorial zum Extremismus-Skandal in der SVP
Ein Nein zu den Jungparteien

Die Nachwuchstruppen der Parteien nerven. Ihr pubertärer Politstil nützt in erster Linie der Profilierung ehrgeiziger Karrieristen.
Publiziert: 07.04.2024 um 00:19 Uhr
Reza Rafi, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Philippe Rossier
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Einer der grössten Irrtümer in der Musikgeschichte ist vielleicht Herbert Grönemeyers Song «Kinder an die Macht». Für einen Realitätscheck muss man den Kids bloss einen Abend lang die Küche überlassen: Das Resultat spricht Bände. Wie sollen sie da einen Staat regieren? Auch all die Kriege und Konflikte dieser Welt sind kein Argument – die gibt es nicht, weil Erwachsene am Drücker sind, sondern weil sie sich nicht wie Erwachsene benehmen.

Jung sein hat manche Vorteile, ist aber noch kein Programm. Schweizer Parteien müssen regelmässig ausbügeln, was die unerfahrenen Heisssporne ihrer Nachwuchsabteilungen im Sturm und Drang so alles anrichten. Die Juso verlangen immer mal wieder den Rückzug der SP aus dem Bundesrat. 2015 hatten sie die nicht weniger geniale Idee, gegen einen sozialdemokratischen Regierungsrat Strafanzeige einzureichen, worauf Mario Fehr der Partei den Rücken kehrte.

Die Jungfreisinnigen wiederum halten mit ihren libertären Abenteuern verlässlich potenzielle FDP-Wähler auf Distanz. Die AHV-Debatte haben sie mit einer Vorlage zur Erhöhung des Rentenalters auf 66 aufgewirbelt – ihr Schelmenstück gegen den Zeitgeist scheiterte kläglich an der Urne.

Wer aber den Vogel abschiesst, ist die Junge SVP, deren neuer Präsident sich einst mit Burka und Bombenattrappe auf den Bundesplatz stellte. SonntagsBlick deckte vergangene Woche auf, dass sich die Strategiechefin dieser Truppe kürzlich mit einem österreichischen Rechtsextremen traf. Das ist nicht verboten, aber mässig hilfreich, wenn man die Probleme der Schweizer Bevölkerung lösen will. Der Schaden war angerichtet. Die SVP hatte die Wahl zwischen drei schlechten Optionen: öffentliches Schweigen, Abkanzeln oder Herunterreden. SVP-Patron Christoph Blocher entschied sich für Letzteres.

Dass Junioren unter dem Schutz ihrer etablierten Mutterparteien Ausserparlamentarische Opposition spielen dürfen, verursacht vor allem Ärger und nützt einzig der Profilierung der aufstrebenden Youngsters. Dabei sind steile Politkarrieren auch ohne den Weg via Jungpartei möglich. Das belegen prominente Beispiele von Jacqueline Badran bis Magdalena Martullo-Blocher.

«Gebt den Kindern das Kommando», singt Grönemeyer. Bitte nicht!

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