Editorial über die Nachfolge von Alain Berset
Ein Geberkanton muss in den Bundesrat

Will die SP ordnungspolitische Vernunft beweisen, sollte sie Daniel Jositsch aufs Ticket nehmen – oder jemanden aus Basel.
Publiziert: 10.09.2023 um 00:58 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2023 um 11:14 Uhr
Will unbedingt in den Bundesrat: Daniel Jositsch.
Foto: keystone-sda.ch
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Über Daniel Jositsch und seine Partei kursiert ein fieser Spruch. Demnach lassen sich die Schweizer Sozialdemokraten in zwei Lager teilen. Die einen mögen Jositsch nicht. Und die anderen hassen ihn.

Zwar wird dem Zürcher Ständerat hohe Kompetenz bescheinigt. Der Mann, der Bundesrat werden will, geniesst parteiübergreifend Respekt, auch seine ärgsten Feinde trauen ihm das Regieren zu. Doch weckt seine taktische Geschmeidigkeit Misstrauen. Im Frühjahr hielt er bei der Ständeratsdebatte über Waffen für die Ukraine eine Neutralitätsrede mit strengem Albisgütli-Stallgeruch. Er verfasst Gutachten für Milieu-Anwalt Valentin Landmann. Und während seine Genossen an Demos mitmarschieren, taucht er am «Weltwoche»-Fest auf. Was sein Wahlkomitee letzte Woche nicht von dem Aufruf abhielt, gemeinsam mit Jositsch «die SVP zu stoppen».

Das Theater um Drama-King Daniel verdrängt eine staatspolitische Tragödie: Trotz Föderalismus, Subsidiarität und Schuldenbremse droht Bundesbern zur Milchkuh der Nation zu werden. Lobbyisten drücken immer erfolgreicher Interessen von Wirtschaftszweigen, gesellschaftlichen Gruppen oder regionalen Projekten durch.

Derzeit sind im entscheidenden Organ, dem Bundesrat, nur Nehmerkantone vertreten, also jene Stände, die von der Umverteilung im nationalen Finanzausgleich profitieren – mit dem Zürcher Jositsch wäre endlich wieder ein Geberkanton dabei. Was aber, wenn ihm die Sozialdemokraten die Nomination erneut verweigern?

Auch Berner SP-Exponenten haben ihr Interesse für das Amt angemeldet. Doch sitzt mit Albert Rösti dieser Empfängerkanton bereits in der Landesregierung. Und Jon Pult? Der Nationalrat ist ein bekennender und praktizierender Bündner, trotz seiner 38 Jahre schon so etwas wie ein Alpen-Scholz. Seine Liz-Arbeit heisst «Deutung und Bedeutung der Rhätischen Bahn aus Sicht der Bündner Politik von 1880 bis 2008». Da stecken die «subvenziuns» bereits in der DNA.

Möchte die SP-Fraktion ordnungspolitische Vernunft beweisen, ginge das ganz mühelos: Dann würde, falls die Partei Jositsch verschmäht, ein Basler aufs Ticket gehören – oder eine Baslerin.

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