Editorial über Blocher, Koller und die Jungen
Lob dem alten, weissen Mann

Dank den Senioren verfügt die Gesellschaft über eine unendlich wertvolle Ressource: Lebenserfahrung.
Publiziert: 27.08.2023 um 11:32 Uhr
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Aktualisiert: 30.08.2023 um 08:25 Uhr
«Methusalem-Bashing»: Reza Rafi, Chefredaktor SonntagsBlick.
Foto: Thomas Meier
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Gestern Samstag lancierte die SVP ihren Wahlkampf. Zu den Höhepunkten in der Swiss Life Arena zählte der Auftritt von Christoph Blocher nebst seiner Tochter Magdalena Martullo. Der 82-Jährige elektrisiert die Basis der grössten Partei des Landes wie eh und je, während einst gefeierte Nachwuchstalente in den hinteren Reihen verschwunden sind.

Gegensteuer gab gleichentags der ehemalige CVP-Bundesrat Arnold Koller, bald 90-jährig. In einem Interview mit CH Media forderte er eine neue EU-Abstimmung.

Am Dienstag zuvor hatte Tausendsassa Christian Jott Jenny mit dem Schwank «Trittligass» in der Zürcher Altstadt Premiere gefeiert. Heimlicher Star war der 88-jährige Jürg Randegger. Die Cabaret-Rotstift-Legende würdigte in frei gesprochenen Reimen die längst vergangenen Tage, als man noch Zeit füreinander hatte, nicht bloss einen «Slot». Geradezu jugendlich-dynamisch wirkten seine Bühnenkollegen, die 87-jährige Heidi Diggelmann und der 77-jährige Walter Andreas Müller, der in der Rolle des Sepp Blatter brillierte. Der 87-jährige Ex-Fifa-Präsident sass im Publikum und amüsierte sich prächtig.

Währenddessen macht auf der anderen Seite des Atlantiks der 77-jährige Ex-Präsident der USA mit seinem Polizeifoto Furore. Und die Welt wartet gebannt, ob Donald Trump im Wahlkampf des nächsten Jahres den 80-jährigen Amtsinhaber Joe Biden herausfordern wird.

Diese Eindrücke der vergangenen Woche machen mehr als deutlich: Die Senioren dominieren. Was keineswegs die zivilisatorische Katastrophe ist, wie uns im Kulturkampf gegen den «alten weissen Mann» weisgemacht wird.

Denn das postmoderne Methusalem-Bashing, dieser Feldzug gegen die Dorfältesten, lässt leider vergessen, dass die Platzhirsche eine unendlich wertvolle Ressource besitzen – Lebenserfahrung. Nie durfte die Gesellschaft auf Menschen mit einem breiteren Erfahrungsschatz zurückgreifen. Alexander der Grosse eroberte mit 26 ein Weltreich, Martin Luther trat mit 34 die Reformation los, Napoleon krönte sich mit 35 zum Kaiser. Im Vergleich mit den heutigen Alphatieren allesamt Jungspunde …

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