Der Fall Ramadan: Ex-NDB-Chef Regli schlägt Alarm
«Dem Nachrichtendienst sind die Hände gebunden!»

Auch wenn die französischen Behörden den Genfer Imam Hani Ramadan wegen «schwerer Bedrohung» ausweisen, kann der Schweizer Nachrichtendienst den Islamisten nicht einmal genau überwachen. Eine Gesetzeslücke, die man schliessen müsse, fordert Peter Regli.
Publiziert: 11.04.2017 um 23:47 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:48 Uhr
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«Die jetzige Situation in der Schweiz birgt ein grosses Sicherheitsrisiko für unsere Öffentlichkeit in sich», sagt ehemalige Direktor des Schweizer Nachrichtendienstes.
Foto: zVg
Cinzia Venafro und Guido Felder

Die Franzosen haben ihn verbannt – die Schweizer lassen ihn gewähren: Der umstrittene Imam und Islamist Hani Ramadan (57) wurde aus Frankreich ausgewiesen, weil er «eine schwere Bedrohung für die öffentliche Ordnung auf französischem Boden» darstellt. (BLICK von gestern)

In der Schweiz aber darf der Genfer Imam mit Schweizer Bürgerrecht unbehelligt so viel predigen, wie er will. Jetzt schlägt Peter Regli (72), der ehemalige Direktor des Nachrichtendienstes (NDB), Alarm: «Wir können Ramadan nicht nachweisen, ob er zu Gewalt aufruft und normale Muslime radikalisiert, wenn wir ihn nicht überwachen dürfen», sagt der Ex-Geheindienstler.

Seinem Nachfolger Markus Seiler seien aber «zum heutigen Zeitpunkt die Hände gebunden.» Obwohl Frankreich Ramadan als Gefährdung für die öffentliche Sicherheit einstuft, «müssen unsere Nachrichtendienste dies vorerst ignorieren, weil der politische Auftrag zur Überwachung fehlt», so Regli.

Man kennt Ramadan «selbstverständlich»

Seilers Sprecherin Isabelle Graber bestätigt das. Sie räumt zwar ein, dass man beim NDB Hani Ramadan «selbstverständlich kenne». Zudem sei «diese Person in den letzten Jahren auch schon mehrmals medial aufgefallen». Herausfinden, was Ramadan genau treibt hinter den Mauern des islamischen Zentrums oder am Telefon mit Gleichgesinnsten, darf der Geheimdienst aber nicht.

Konkret: Steinigung als Strafe für Ehebrecher zu fordern wie Hani Ramadan, ist kein Straftatsbestand und bietet keine rechtliche Grundlage für eine Überwachung. Und selbst wenn am 1. September das im September 2016 vom Volk angenommene verschärfte Nachrichtendienst-Gesetz in Kraft tritt, darf der NDB den Prediger von Genf allein wegen seiner extremen Ansichten nicht auf den Radar nehmen.

Dessen sei sich Hani Ramadan bewusst, glaubt Peter Regli, und er werde sich hüten, dort seine wahren Absichten zu offenbaren, wo der Schweizer Geheimdienst Zugang habe. Leute wie Ramadan sprächen mit gespaltener Zunge: «Uns gegenüber fallen Worte wie Dialog und Vertrauen, untereinander aber wird auch Hass geschürt und zu Gewalt gegen Andersgläubige aufgerufen», sagt Regli. «In den Moscheen in Genf werden möglicherweise auch radikale Ideen gepredigt, aber niemand ausserhalb bekommt etwas mit davon.»

Ein grosses Sicherheitsrisiko

Regli warnt: «Die jetzige Situation in der Schweiz birgt ein grosses Sicherheitsrisiko für unsere Öffentlichkeit.» Die Schweiz wäge sich in falscher Sicherheit. «Es muss wohl zuerst ein Anschlag erfolgen – wie bei Charlie Hebdo, im Bataclan, in Berlin oder in Stockholm – damit die Politik aufwacht und die real existierende Gefahr des radikalen Islams in der Schweiz erkennt.» 

Er appelliert «an unsere Politiker, namentlich SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel», einen entsprechenden Vorstoss einzureichen, «mit dem Auftrag an den Bundesrat, Leute wie Ramadan näher zu überwachen». Schliesslich habe Büchel, Präsident der Aussenpolitischen Kommission, gestern im BLICK politischen Druck angekündigt.

Aber Regli wendet sich auch an die «400'000 muslimischen Mitbürger im Land: Helfen Sie unseren Behörden, die wenigen radikalen Elemente in Ihren Reihen ausfindig zu machen!» Denn Geschwister, Eltern und Freunde bekämen ja mit, wenn ein Familienmitglied mit Dschihad-Gedankengut in Berührung komme.

«Leider denkt eine alleinerziehende türkische oder albanische Mutter nicht sofort an die Polizei, wenn ihr 15-jähriger Macho zuhause den IS verherrlicht.» Doch genau sie müsse «über ihren Schatten springen und den Sohn melden. Wir müssen alle gemeinsam solche jungen Leute auffangen, bevor sie Opfer der Rattenfänger werden und zu Tätern mutieren».

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