Arbeiten im Rentenalter
«Wir wollen weiterarbeiten»

Marlen und Gottlieb Brunner (beide 81) führen einen Modellbahn-Laden in Arbon TG. Sie schliessen ihr Geschäft jeden Tag gerne auf und sind nur zwei von vielen Rentner, die weiterarbeiten.
Publiziert: 16.02.2017 um 23:47 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 13:56 Uhr
Marlen und Gottlieb Brunner (beide 81) führen einen Modellbahn-Laden in Arbon TG. Sie schliessen ihr Geschäft jeden Tag gerne auf.
Foto: Toini Lindroos
Marlene Kovacs

Seit 40 Jahren verkaufen Marlen und Gottlieb Brunner (beide 81) in ihrem Modellbahn-Lädeli in Arbon TG nun schon Eisenbahnen und Modellautos. Ihr Geschäft eröffneten sie 1976. «Ich habe mein ganzes Leben gearbeitet. Was sollte ich denn sonst machen», sagt Gottlieb Brunner zu seiner Motivation. Das Geschäft war anfänglich als Nebenerwerb gedacht.

«Wir sind unseren Kunden was schuldig»

Einst steckte Brunner seine gesamte Pensionskasse in den Laden. «Ich arbeitete aber vorerst noch als Bauleiter und Liegenschaftsverwalter weiter», sagt Brunner. Mit 62 Jahren wurde die Doppelbelastung zu gross: «Ich hängte meinen Beruf an den Nagel und konzentrierte mich auf unser Lädeli.» Trotz Rentenalter dachte das Ehepaar nie ans Aufhören. «Wir sind eines der wenigen Geschäfte, die solche Liebhaberstücke noch direkt verkaufen und sind auch unseren Kunden etwas schuldig.»

Mit seinen 81 Jahren arbeitet Brunner weiter 100 Prozent. «In diesem Laden steckt unser ganzes Herzblut. Aber natürlich merke ich auch manchmal, dass ich älter werde», sagt er. Seine Frau Marlen ergänzt: «Auch unsere Töchter sagen manchmal, dass es doch schon genug sei.» Sie hilft noch stundenweise im gemeinsamen Laden aus. Trotzdem wollen beide weitermachen. «Wir würden es vermissen. Es hält uns jung. Wenn wir nicht mehr arbeiten könnten, würde ein Loch entstehen», sagt die Rentnerin und umarmt ihren Mann.

«Ich muss weiter arbeiten»

Taxifahrerin Jacqueline Maresch (73) kommt ohne Nachtschichten mit ihrer Rente nicht über die Runden.
Foto: Mirko Ries

An den Ruhestand mag Jacqueline Maresch (73) aus Zürich nicht denken. Seit 53 Jahren fährt sie Taxi und kutschiert jedes Wochenende nachts ihre Fahrgäste durch die Stadt. 1963 machte sie ihren Führerschein, ein Jahr später meisterte sie die Taxi-Prüfung. «Seitdem fuhr ich mit nur einer kurzen Unterbrechung Taxi», erzählt die 73-Jährige. «In den ersten Jahren arbeitete ich für die Firma meines Vaters. Dann machte sie sich selbständig. Heute sagt sie: «Ohne meine Arbeit könnte ich nicht überleben! Ich muss weiter arbeite.»

Die knapp 1800 Franken Rente im Monat reichen ihr einfach nicht. «Manchmal muss ich wirklich das Geld zählen und überlegen, ob ich meine Enkel zum Essen einladen kann. Ich lebe sehr bescheiden», sagt Maresch.

Ersatzleistungen beim Amt will sie dennoch nicht beantragen: «Da arbeite ich lieber!» Denn: «Ich mag, was ich tue, und finde meinen Beruf immer noch spannend. Man lernt so viele verschiedene Menschen kennen.» Reich wird sie aber nicht: «Aber mit der Rente ist das Leben nicht zu Ende.»

«Ich möchte mehr arbeiten»

Willi Jaus (79) empfand seine Pensionierung einst als Kränkung. Er arbeite gerne und oft. Bis heute.
Foto: Toini Lindroos

Willi Jaus (79) aus Buttikon SZ kriegt von Arbeit nicht genug: «Zwei bis drei Tage pro Woche sind mir einfach zu wenig. Doch mit 79 noch Vollzeit zu arbeiten, ist fast unmöglich.» Derzeit ist der Rentner der Pressechef des Fussballvereins Freienbach. Ausserdem schreibt er Artikel für die Branchenzeitung «Multimedia Revue». «Ich suche aber noch nach weiteren Jobs. Warum sollte man in meinem Alter nicht mehr arbeiten dürfen», fragt er. «Ein fixes Rentenalter ist Blödsinn. Jeder sollte doch selbst entscheiden können, wann es genug ist.»

Jaus hat ein bewegtes Leben hinter sich: Nach Kaufmannslehre und Bankpraktikum macht er auf dem zweiten Bildungsweg das Lehrerdiplom. Er startet mit 21 Jahren bei der Firma Rediffusion, arbeitet sich zum CEO hoch. Mit 51 Jahren ist er Chef von 1000 Mitarbeitern. Aber die Firma wird verkauft als Jaus 59 Jahre alt ist.

Doch er hat Glück und Kontakte. Denn nur kurze Zeit später wird er Verkaufsdirektor der Firma EP Electronic Partner. Bis zum 70. Geburtstag arbeitet er dort Vollzeit, dann machte er den jüngeren Kollegen Platz.

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