Jürg Grossen (GLP) und Damian Müller (FDP) über Klima und Verkehr
Braucht es statt der Benzin- die Mobilitäts-Steuer?

Wollen wir die Klimaziele erreichen, müssen wir handeln. Ständerat Damian Müller (FDP, LU) und Nationalrat Jürg Grossen (GLP, BE) sind zwar überzeugt: Wir sind mit dem neuen CO2-Gesetz auf gutem Weg. Aber reicht das?
Publiziert: 22.10.2020 um 22:58 Uhr
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Aktualisiert: 23.10.2020 um 08:12 Uhr
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Ständerat Damian Müller bringt das Mobility Pricing in die Diskussion: Alle Verkehrsteilnehmer müssten für effektiv genutzte Strecken zahlen – auch im ÖV.
Foto: DPA
In Kooperation mit Swiss Climate Challenge

Das Parlament hat das revidierte CO2-Gesetz verabschiedet. Sind Sie zufrieden mit den beschlossenen Massnahmen?
Damian Müller, Ständerat FDP, LU: Es war ein sehr intensiver Prozess und ich bin froh, dass beide Räte dem Gesetz so deutlich zugestimmt haben. Die Vorlage ist für mich bildlich gesprochen ein Schweizer Innovationshaus. Ein solides Fundament und das Dach ist vom Bundesrat mit Netto-Null definiert. Ein detaillierter Innenausbau der Stockwerke muss noch folgen. Erreicht haben wir aber erst den ersten von mindestens drei Schritten, wollen wir das längerfristige Ziel schaffen und bis 2050 bei den Treibhausgasemissionen eine «Netto-null-Bilanz» aufzuweisen. Das Gesetz bietet dafür eine sehr gute Grundlage.
Jürg Grossen, Nationalrat GLP, BE: Ja, dieses Gesetz ist ein wichtiger Schritt hin zur erneuerbar versorgten, CO2-neutralen Schweiz.

Wird sich die Mobilität durch die Klima-Massnahmen wie Abgaben auf Treibstoffe oder Flugtickets verändern?
Damian Müller:
Der Wandel bei den neuen Antriebstechnologien hat schon vor längerem begonnen. Mit dem CO2-Gesetz schaffen wir Rahmenbedingungen, um diesen Wandel gezielt voranzubringen. Es wird attraktiver, wenn man auf erneuerbare Energien und effiziente Fahrzeugmodelle setzt.
Jürg Grossen: Nicht unmittelbar, aber die Elektromobilität wird sich schnell durchsetzen und dank der Flugticketabgabe können erste Schritte hin zu erneuerbaren, synthetischen Treibstoffen gemacht werden.

Schweizer Autokäufer haben eine Vorliebe für SUV. Der Absatz nimmt trotz Klimadebatte zu. Braucht es staatliche Eingriffe, um effizientere Fahrzeuge zu fördern?
Damian Müller:
Bereits im geltenden Gesetz kennen wir die Vorgabe an die Autoimporteure, dass die Neuwagenflotte gewisse Durchschnittswerte bei den CO2-Emissionen einhalten muss – analog zur EU. Und das neue CO2-Gesetz sieht hier vor, diese Effizienzvorgaben auch künftig anzupassen. Damit werden wir in Zukunft also vermehrt sparsamere Neuwagen auf dem Markt haben. Wir sind also auf dem richtigen Weg.
Jürg Grossen: Vorerst braucht es keine weiteren staatlichen Eingriffe. In diesem Jahr haben bereits 20 Prozent der neu verkauften Autos einen Stecker, die Flottenziele sind streng, der Umstieg auf Elektroautos wird rasch erfolgen.

Mobilität messen und vergleichen

Auch die eigene Mobilität und deren Auswirkungen auf das Klima lassen sich tracken: Mit der Swiss Climate Challenge. Das Programm erfasst die Mobilitätsdaten und berechnet, wie hoch der damit verursachte CO₂-Austoss ist. Die Daten sind dabei pseudonymisiert und absolut sicher. 

Für die Swiss Climate Challenge ist ein separates Login notwendig. Den Zugang finden Sie im Menu der BLICK App unten rechts (siehe Bildergalerie unten). Dort können Sie sich unter dem Menüpunkt «Climate Challenge» registrieren und anmelden. 

Die Swiss Climate Challenge ist eine Initiative von Swisscom. Ringier und Bluenews sind Medienpartner.

Auch die eigene Mobilität und deren Auswirkungen auf das Klima lassen sich tracken: Mit der Swiss Climate Challenge. Das Programm erfasst die Mobilitätsdaten und berechnet, wie hoch der damit verursachte CO₂-Austoss ist. Die Daten sind dabei pseudonymisiert und absolut sicher. 

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Die Swiss Climate Challenge ist eine Initiative von Swisscom. Ringier und Bluenews sind Medienpartner.


Braucht es steuerliche Anreize, um die Leute zu umweltfreundlicher Mobilität zu bewegen?
Damian Müller: Es wäre sicher sinnvoll, wenn die Kantone eine koordinierte Besteuerung, von Elektro-Fahrzeugen und neuen Antriebstechnologien, umsetzen könnten. Da sich die Mineralölsteuern reduzieren, müssen wir uns bereits heute Gedanken machen, wie wir künftig genügend Finanzen für die Infrastruktur zur Verfügung haben. Mobility-Pricing ist ein spannender Ansatz.
Jürg Grossen: Die Abschaffung des Pendlerabzuges wäre sinnvoll und der vermehrte Einsatz von Homeoffice, Telearbeit und Videokonferenzen führt zu mehr Verkehrseffizienz, rund 30 Prozent der Pendlerfahrten liessen sich ohne Qualitätseinbusse vermeiden. Das haben wir ja in diesem Jahr geübt und es funktioniert zumindest für einen Teil der Arbeit in vielen Branchen hervorragend.

Schweiz prüft Mobility Pricing

Der Bundesrat hat im Dezember 2019 das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) beauftragt ein Konzept zur Sicherung der langfristigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur zu erarbeiten. Dies soll über das Mobility Pricing (Mobilitäts-Steuer) also eine leistungsabhängige Abgabe, gelöst werden. Verkehrsteilnehmer würden abhängig von Strecke, Verkehrsmittel und Tageszeit eine Abgabe zahlen. Die Zuschläge wären zu Spitzenzeiten morgens und abends höher. Insgesamt sollten – wegen Wegfall von Autobahnvignette und Mineralölsteuer – Verkehrsteilnehmer nicht höher belastet werden als bisher. Derzeit sucht der Bund Städte und Gemeinden, die Pilotversuche durchführen möchten. Ob das Mobility Pricing jemals umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

Keystone

Der Bundesrat hat im Dezember 2019 das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) beauftragt ein Konzept zur Sicherung der langfristigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur zu erarbeiten. Dies soll über das Mobility Pricing (Mobilitäts-Steuer) also eine leistungsabhängige Abgabe, gelöst werden. Verkehrsteilnehmer würden abhängig von Strecke, Verkehrsmittel und Tageszeit eine Abgabe zahlen. Die Zuschläge wären zu Spitzenzeiten morgens und abends höher. Insgesamt sollten – wegen Wegfall von Autobahnvignette und Mineralölsteuer – Verkehrsteilnehmer nicht höher belastet werden als bisher. Derzeit sucht der Bund Städte und Gemeinden, die Pilotversuche durchführen möchten. Ob das Mobility Pricing jemals umgesetzt wird, bleibt abzuwarten.

Das CO2-Gesetz beinhaltet im weitesten Sinn technische Massnahmen. Wie können Bürgerinnen und Bürger zu weiteren Schritten motiviert werden?
Damian Müller:
Das neue CO2-Gesetz beinhaltet tatsächlich zahlreiche technische Massnahmen, es schafft aber auch verstärkt Anreize – zum Beispiel für die Sanierung von Gebäuden und den Einsatz effizienter und emissionsarmer Technologien. Und es fördert Innovation. Ein wichtiger Punkt ist aber auch die Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit.
Jürg Grossen: Information ist das Wichtigste. Die klimaneutrale und mit eigenen, erneuerbaren Energien versorgte Schweiz ist ohne spürbare Komforteinbusse möglich.

Was kann eine Applikation wie die Swiss Climate Challenge auslösen?
Damian Müller:
Für mich zählt die Vierpunkte-Strategie: Informieren, die Menschen befähigen, nachhaltig zu entscheiden. Deregulieren, was wir vor 10 Jahren oder mehr reguliert haben, ist heute vielleicht gar nicht mehr nötig. Lenken, aber mit liberalen Ansätzen und erst viertens als Ultima Ratio verbieten. Die Applikation deckt den ersten Punkt hervorragend ab.
Jürg Grossen: Dass man sich bei jeder Fahrt kurz Gedanken macht, ob sie nötig und welches Verkehrsmittel das sinnvollste ist.

Nutzen Sie selbst die Swiss-Climate-Challenge-App?
Damian Müller:
Ja, selbstverständlich.
Jürg Grossen: Ich habe sie eine Zeitlang genutzt, ich bin aber ein Spezialfall und habe meine Mobilität seit Jahren komplett erneuerbar gestaltet und stark optimiert. Die App hat mir das bestätigt, seither habe ich sie nicht mehr genutzt.

Wie sieht Ihre persönliche Mobilität aus: Wie sind Sie unterwegs?
Damian Müller:
Ich bin begeisterter Audi eTron-Fahrer. Im Sommer fahre ich gerne mit dem E-Bike und erkunde die Landschaft. Aber keine Angst, mein 3-Rad Piaggio Mobil habe ich immer noch – und das macht weiterhin Spass. Schliesslich wird jeder Liter Most kompensiert.
Jürg Grossen: Möglichst zu Fuss oder mit dem Velo, ab und zu bei etwas weiteren Strecken oder wenn es pressiert lokal mit dem E-Bike. Oft mit dem Zug und wenn es zeitlich oder örtlich nicht passt oder ich etwas transportieren muss schon seit 10 Jahren mit dem Elektroauto, versorgt mit eigenem Strom vom Dach.

Jürg Grossen, GLP-Nationalrat, BE

Der Berner Politiker sitzt seit 2011 für die Grünliberale Partei im Nationalrat. Seit August 2017 ist er Präsident der GLP. Der 51-Jährige Elektroplaner ist seit 1994 Unternehmer. Grossen präsidiert den Interessenverband Swiss E-Mobility und ist im Vorstand des Wirtschaftsverbands Swisscleantech. Er ist verheiratet, Vater von drei Kindern und wohnt in Frutigen.

Keystone

Der Berner Politiker sitzt seit 2011 für die Grünliberale Partei im Nationalrat. Seit August 2017 ist er Präsident der GLP. Der 51-Jährige Elektroplaner ist seit 1994 Unternehmer. Grossen präsidiert den Interessenverband Swiss E-Mobility und ist im Vorstand des Wirtschaftsverbands Swisscleantech. Er ist verheiratet, Vater von drei Kindern und wohnt in Frutigen.

Damian Müller, FDP-Ständerat, LU

Im November 2015 wurde Damian Müller als jüngstes Mitglied in den Ständerat gewählt. Seither vertritt der FDP-Politiker den Kanton Luzern in der Kleinen Kammer. Der 35-Jährige PR-Fachmann arbeitet neben seinem Amt als Ständerat für das Stiftungsmanagement der SwissLife. Daneben ist er Vize-Präsident der Pro Senectute im Kanton Luzern, Präsident beim Forum Gesundheit Schweiz. Er ist ledig, mag Fussball und lebt in Hitzkirch.

Keystone

Im November 2015 wurde Damian Müller als jüngstes Mitglied in den Ständerat gewählt. Seither vertritt der FDP-Politiker den Kanton Luzern in der Kleinen Kammer. Der 35-Jährige PR-Fachmann arbeitet neben seinem Amt als Ständerat für das Stiftungsmanagement der SwissLife. Daneben ist er Vize-Präsident der Pro Senectute im Kanton Luzern, Präsident beim Forum Gesundheit Schweiz. Er ist ledig, mag Fussball und lebt in Hitzkirch.


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