Norwegens Parlament hat trotz Protesten von Umweltschützern Teile des norwegischen Meeresbodens für den Tiefseebergbau freigegeben. Das Storting in Oslo nahm am 10. Januar den Vorschlag der Mitte-links-Regierung mit 80 Ja-Stimmen an, ein Gebiet von der Grösse Grossbritanniens in und nahe der Arktis nach Schwermetallen abzusuchen, die gefördert werden sollen. 20 Abgeordnete stimmten gegen den Plan. Wissenschaftlerinnen warnen wegen ungewisser Auswirkungen auf die Umwelt vor dem Vorhaben.
Jagd nach «blauem Gold»
Das skandinavische Land – der grösste Öl- und Gasproduzent Westeuropas und drittreichste Nation – wird mit dem Entscheid wohl bald zum ersten Land, das dem Meeresboden Bodenschätze wie Kobalt entreisst. Das «blaue Gold» wird benötigt, um fast alle wiederaufladbaren Batterien zu fertigen. Kobalt wird aktuell hauptsächlich und auch mit Kinderarbeit in Minen im Kongo abgebaut.
Die norwegische Regierung hatte sich im Dezember mit der Opposition auf die teilweise Freigabe des norwegischen Meeresbodens für den Tiefseebergbau geeinigt. Um die grüne Transformation in Form von Brennstoffzellen, Solarzellen, Elektroautos und Smartphones anzuführen, brauche es diese Bodenschätze, sagte die sozialdemokratische Abgeordnete Marianne Sivertsen Naess damals.
Metalle für die Batterien
Vorbildfunktion für andere Länder
Vor der Parlamentsabstimmung protestierten Umweltschützer mit Bannern, auf denen etwa «Stoppt Tiefseebergbau» stand. Es werde ein «sehr neues, empfindliches und riesiges Gebiet» geöffnet, das von Wissenschaftlern nicht ausreichend erforscht sei, sagte Tjeldflaat Helle von der Umweltschutzorganisation Greenpeace Norwegen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. «Es ist eine Schande, weil Norwegen riskiert, einen Präzedenzfall zu schaffen», dem andere Länder folgen könnten, sagte Frode Pleym von Greenpeace.
Sorge um CO2-Speicherung und Wale
Umweltorganisationen und Wissenschaftler warnen davor, dass der Tiefseebergbau Ökosysteme beschädigen könnte.
Greenpeace Schweiz beschreibt die Förderung von Kobaltkrusten so: «Maschinen fräsen die oberste Schicht des Meeresbodens und zerstören alles, was auf dem Meeresboden lebt, unwiderruflich.» Weitere Bedenken betreffen die Fähigkeit des Ozeans, CO2 aufzunehmen. Ausserdem wird befürchtet, dass der Baulärm den Walen schadet.
Schweiz für Moratorium in international aufgeteilten Meeresabschnitten
Norwegen hat in seinen eigenen Hoheitsgewässern die Macht, die Regeln für den Tiefseebergbau selber zu machen.
Bei geteilten Meeresabschnitten sieht die Lage anders aus: Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und der Schweizer Bundesrat fordern für internationale Meeresteile ein Moratorium für den Tiefseebergbau. Die Verhandlungen des Rats der Internationalen Meeresbehörde (ISA) über ein solches Moratorium laufen noch bis 2025.