Am 20. April jährt sich der Unfall der Bohrplattform «Deepwater Horizon» im Golf von Mexiko zum zehnten Mal. Er führte zu der bis dato grössten Ölkatastrophe aller Zeiten. In einer Tiefe von 1522 Metern unter Meer kam es im leckgeschlagenen Ölbohrloch zu einem so genannten Öl- und Gas-Blowout.
Fast 800 Millionen Liter Öl strömten über drei Monate lang ins Meer und verseuchten mehr als tausend Kilometer Küste und den Lebensraum von mehr als 8000 Arten. Der Ölteppich bedeckte 149'000 km² Meeresfläche. Auch wenn oberflächlich nichts mehr zu sehen ist, so sind die Auswirkungen immer noch messbar: In Pelikan-Eiern sind beispielsweise Spuren des freigesetzten Öls zu finden.
Jahrestag nutzen
Die Umweltorganisation Oceancare, die in Wädenswil ZH ihren Sitz hat, nimmt den Jahrestag der Deepwater-Horizon-Katastrophe zum Anlass, an die Gefahren der Ölerschliessung in tiefen Gewässern zu erinnern. Zudem wollen sie darauf hinweisen, dass heute in weit tieferen Regionen nach Ölvorkommen gesucht wird – auch in europäischen Gewässern wie im Mittelmeer.
Denn laut Oceancare beginnt die «ökologische Tragödie bereits bei der Suche nach Ölvorkommen mit sogenannten Schallkanonen», wie sie im Gespräch mit BLICK sagen. Der dabei eingesetzte Explosionsschall könne bei Meereslebewesen irreparable Schäden verursachen.
Verbot von Tiefseebohrungen nur kurz auf dem Tisch
Wurde damals von europäischen Politikern zunächst ein Moratorium für Tiefseebohrungen gefordert, verschwand diese Forderung schnell. Auch das temporäre Verbot für Tiefseebohrungen in den USA wurde bald wieder aufgehoben.
Längst wird weltweit wieder in Tiefen von mehr als 800 Metern Öl gefördert – beispielsweise vor Schottland, vor den Färöer-Inseln oder in australischen Gewässern, schreibt Oceancare.
Im Mittelmeer werde in zahlreichen Ländern und Regionen intensiv nach Öl gesucht. Diese Suche erfolge mittels Schallkanonen. «Der Schalldruck ist in einem Meter Abstand – vorsichtig geschätzt – mehr als 25 Millionen Mal so gross wie der eines Presslufthammers.»
So ziehe ein Explorationsschiff bis zu 48 Schallkanonen hinter sich her und alle 10 bis 15 Sekunden werde ein Explosionsschall gestartet. «Und dies über Wochen oder sogar Monate», schreibt die Umweltorganisation. Die Schallwellen dringen tief in den Meeresboden ein, das Echo ergibt ein Bild über die Beschaffenheit und somit mögliche Ölvorkommen.
Weniger Fische
Die intensive Beschallung habe nicht nur für die akustisch sensiblen Meeressäuger negative Auswirkungen, sondern für nahezu alle Meereslebewesen, inklusive kommerziell genutzte Fischarten und Plankton.
In einigen Regionen stellte man nach dem Einsatz von Schallkanonen ein Rückgang der Fischfangraten von 40 bis 80 Prozent fest.